Beleuchtung in Innenräumen - Human Centric Integrative Lighting. Tran Quoc Khanh
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2.1 Das menschliche Sehsystem: visuelle und nicht visuelle Signalverarbeitung
Um die grundlegenden Konzepte des Human Centric Lighting zu verstehen, soll zunächst der Aufbau und die Funktionsweise des menschlichen Auges einschließlich der Netzhaut (des „biologischen Bildaufnahmegeräts“) verstanden werden. Die Abb. 2.1 veranschaulicht den Aufbau des menschlichen Auges.
Wie aus Abb. 2.1 ersichtlich ist, ist das menschliche Auge ein Ellipsoid mit einer durchschnittlichen Länge von etwa 26 mm und einem Durchmesser von etwa 24 mm. Das Auge wird mithilfe von Augenmuskeln in alle Richtungen gedreht. Die äußere Schicht wird als Lederhaut bezeichnet. Die Lederhaut setzt sich vorne als durchsichtige Hornhaut fort. Die Aderhaut versorgt die Netzhaut mit Sauerstoff und Nahrung. Die Netzhaut ist die fotorezeptive Schicht des Auges, die sowohl die Fotorezeptoren als auch diejenigen Zellen enthält, die die Signale der Fotorezeptoren durch neuronale Verbindungen vorverarbeiten (Ganglienzellen, amakrine und bipolare Zellen, Horizontalzellen, s. Abb. 2.2).
Der Glaskörper ist für die Erhaltung der ellipsoiden Form des Auges verantwortlich. Er besteht aus einer Suspension von Wasser (98%) und Hyaluronsäure (2%). Das optische System des menschlichen Auges ist ein komplexes, leicht dezentriertes Linsensystem, das ein invertiertes und verkleinertes Bild der Umgebung auf die Netzhaut projiziert. Die Hornhaut, die Vorderkammer und die Regenbogenhaut bilden den vorderen Teil dieses optischen Systems, dann folgen die Hinterkammer und die bikonvexe Augenlinse. Die Linse wird von den Zonulafasern gehalten.
Abb. 2.1 Aufbau des menschlichen Auges. O (optic disk): blinder Fleck – der Punkt, an dem der Sehnerv (optic nerve) das Auge durchquert und die vorverarbeiteten neuronalen Signale der Netzhaut (retina) in Richtung der Sehrinde (visual cortex) weiterleitet. Lens: Augenlinse; vitreous body: Glaskörper; sclera: Lederhaut; choroidea: Aderhaut; cornea: Hornhaut; iris: Regenbogenhaut; pupil: Pupille; ciliary body: Ziliarkörper; anterior chamber: vordere Augenkammer; posterior chamber: hintere Augenkammer; zonule fibers: Zonulafasern. Reproduziert mit Genehmigung von Wiley-VCH [1].
Abb. 2.2 Schematische Darstellung der retinalen Schaltkreise beim Menschen. Verbindungen der Fotorezeptoren (engl. cones: Zapfen, rods: Stäbchen) über die Zapfenbipolarzellen (ON CBC), Amakrinzellen (AII) und Stäbchenbipolarzellen (RBC), ipRGC: intrinsisch lichtempfindliche retinale Ganglienzelle mit dem Pigment Melanopsin. Reproduziert aus [2] mit Genehmigung von Trends in Neurosciences.
Durch Anspannen der Ziliarmuskeln kann die Brennweite der Linse verändert werden. Der Sehwinkel schneidet die Netzhaut an der Fovea centralis, dem Ort des schärfsten Sehens. Zu den wichtigsten optischen Parametern der Bestandteile des Augenmediums gehören die Brechungsindizes (die typischerweise zwischen 1,33 und 1,43 liegen) und die spektralen Transmissionsfaktoren. Alle Parameter variieren bei verschiedenen Personen erheblich und unterliegen mit zunehmendem Alter deutlichen Veränderungen. Insbesondere die Akkommodation, die Sehschärfe und die Pupillenreaktionen sind mit zunehmendem Alter beeinträchtigt. Die spektrale Transmission der Augenmedien nimmt mit dem Alter deutlich ab, insbesondere für kurze Wellenlängen (ausführliche Angaben gibt es dazu in Abschn. 12.6.1).
Abb. 2.3 Stäbchendichte (durchgezogene Kurve) und Zapfendichte (Punkte) in Abhängigkeit von der Netzhautposition (Abszisse: in Grad) gezeichnet nach Oesterbergs Daten [3]. O: Blinder Fleck; Inset-Diagramm: Zapfenmosaik der stäbchenfreien inneren Fovea mit einer Ausdehnung von ca. 1,25°, d. h. ca. 350 μm. Rote Punkte: langwellenlängenempfindliche Zapfen (L-Zapfen). Grüne Punkte: mittelwellenlängenempfindliche Zapfen (M-Zapfen). Blaue Punkte: kurzwellenlängenempfindliche Zapfen (S-Zapfen). Quelle: Reproduziert mit Genehmigung von Wiley-VCH [1], außer dem Inset-Diagramm. Quelle des Inset-Diagramms: Abb. 1.1 aus Sharpe, L.T., Stockman, A., Jägle, H., Nathans, J. (1999). Opsin genes, cone photopigments, color vision and colorblindness, S. 3–51 in [4]. Reproduziert mit Genehmigung von Cambridge University Press.
Nachdem die Lichtstrahlen die Netzhaut erreicht haben, durchlaufen sie die Netzhautschichten und in der zentralen Netzhaut auch die sog. Macula lutea (eine gelbe Pigmentschicht, die die zentrale Netzhaut schützt), bevor sie die Fotorezeptoren erreichen, die auf der Rückseite der Netzhaut liegen. Der blinde Fleck ist die Stelle (in den Abb. 2.1 und 2.3 mit O bezeichnet), an der der Sehnerv durch das Auge verläuft. Die Netzhaut ist an der Stelle O blind, da die Dichte der Stäbchen und Zapfen dort gleich null ist.
Die Netzhaut (eine Schicht mit einer Dicke von durchschnittlich 250 μm) ist Teil des optischen Systems des Auges und mit ihrer Fotorezeptorstruktur auch Teil des visuellen Gehirns. Die Netzhaut enthält eine komplexe Zellschicht mit zwei Typen von Fotorezeptoren, Stäbchen und Zapfen. Sowohl die Stäbchen- als auch die Zapfenrezeptoren sind über ein komplexes Netzwerk aus den oben erwähnten vorverarbeitenden Zellen mit den Nervenfasern des Sehnervs verbunden, das aus den Rezeptorsignalen weitere neuronale Signale berechnet. Die Netzhaut enthält etwa 6,5 Millionen Zapfen und 110–125 Millionen Stäbchen, während die Anzahl der Nervenfasern etwa eine Million beträgt. Die Dichte der Stäbchen und Zapfen ist unterschiedlich und hängt von der Position auf der Netzhaut ab (s. Abb. 2.3).
Es existiert auch ein dritter Typ lichtempfindlicher Zellen, die sog. ipRGC (engl. intrinsic photosensitive retinal ganglion cell, d.h. eine intrinsisch lichtempfindliche retinale Ganglienzelle, die das Pigment Melanopsin enthält), die für die Regulierung des zirkadianen Rhythmus verantwortlich ist (s. Abschn. 2.3). Die Abb. 10.3 illustriert die Verteilung der ipRGCs auf der Netzhaut. Gemäß der Darstellung in Abb. 2.2, die die heutigen Kenntnisse der Neurophysiologie widerspiegelt, werden die Signale der Zapfen und Stäbchen auch nicht nur zu den „normalen“ Ganglienzellen, sondern auch zu den fotoempfindlichen Ganglienzellen ipRGCs übertragen. Die Signale der ipRGCs wiederum fließen sowohl