Toxikologie für alle. Helmut Greim

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Toxikologie für alle - Helmut Greim

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und Vorgänger des heutigen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), bereits im Jahre 2002 mit, dass nur bei 1,5% der untersuchten Proben die Höchstmengen überschritten waren. Damit bieten unsere Nahrungsmittel hinsichtlich schädlicher Stoffe ein Höchstmaß an Sicherheit, und es stellt sich die Frage, ob man sich durch die Bevorzugung von Produkten z. B. aus dem alternativen Landbau tatsächlich gesünder ernährt.

      Aus der Vorgehensweise bei der Festlegung von Grenzwerten und ihrer Überwachung ergeben sich mehrere Konsequenzen. Die als duldbare tägliche Aufnahme errechnete Menge einer Substanz wird auf die den üblichen Verzehrsgewohnheiten der Bevölkerung entsprechenden Nahrungsmittel und ihre üblicherweise täglich aufgenommene Menge verteilt. Daraus ergibt sich, dass die Überschreitung des Grenzwertes einer Substanz in einem Nahrungsmittel bei geringer Konzentration in den übrigen kein gesundheitliches Problem darstellt. Dagegen kann bei sehr einseitiger Ernährung eine Überschreitung in dem bevorzugten Nahrungsmittel durchaus zu einer Überschreitung der duldbaren täglichen Aufnahmemenge führen. Es ist also wenig sinnvoll, sich einseitig zu ernähren, sondern man sollte sich an den üblichen Verzehrsgewohnheiten der Bevölkerung orientieren.

      Die Untersuchungsämter sind gehalten, die Einhaltung der festgesetzten Grenzwerte zu überprüfen. Allerdings werden Substanzen, die nicht geregelt sind, nur dann überprüft, wenn sich aufgrund von Zufallsbefunden oder detektivischer Aktivitäten des Amtes oder anderer Erkenntnisse Hinweise auf eine Kontamination bestimmter Nahrungsmittel ergeben.

      11

      Die Bedeutung standardisierter Testverfahren

      Um die in der Toxikologie verwendeten Testverfahren (Prüfrichtlinien, engl. test guidelines) zu vereinheitlichen und vor allem vergleichbar, reproduzierbar und auch besser bewertbar zu machen, müssen heute die Untersuchungen nach einer vorgeschriebenen Methodik durchgeführt werden, wie sie z. B. von der OECD ausgearbeitet worden sind. Für die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) verlangt die europäische Chemikalienbehörde ECHA (European Chemicals Agency) in Helsinki Testverfahren, die in einer eigenen Verordnung, der Commission Regulation (EC) Nr. 440/2008, festgelegt sind oder zumindest anderen international akzeptierten Kriterien wie den OECD-Prüfrichtlinien1) entsprechen. Für Arzneimittel hat die International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (ICH) ausführliche Richtlinien für die Bewertung von Arzneimitteln festgelegt2). Die Richtlinien für die Testverfahren entsprechen den Guidelines der OECD, der US Food and Drug Administration (FDA) bzw. der European Medicine Agency (EMA) und enthalten auch Hinweise für die Interpretation der Ergebnisse.

      Darüber hinaus müssen die Untersuchungen den Kriterien der guten Laborpraxis (engl. good laboratory praxis, GLP) entsprechen, die generelle Versuchsbedingungen, statistische Kriterien zur Optimierung der Aussagefähigkeit der zu erwartenden Ergebnisse, Definition der Testsubstanzen, Qualifizierung des Personals, Haltung der Tiere sowie eine unabhängige Qualitätskontrolle vorschreibt. Diese Kriterien sind z. B. von der US Food and Drug Administration3) und der OECD4) festgelegt worden.

      Wir haben diese Details eingehend beschrieben, um dem Leser zu vermitteln, welche umfangreichen Untersuchungen für die Bewertung der Gesundheitsgefährlichkeit einer Chemikalie erforderlich sind und im Allgemeinen auch vorliegen. In Teil C dieses Buches wird dies an einzelnen Beispielen näher erläutert.

      1 1) https://www.oecd-ilibrary.org/environment/oecd-guidelines-for-the-testing-of-chemicals-section-4-health-effects_20745788

      2 2) https://www.ich.org/page/safety-guidelines

      3 3) https://www.fda.gov/media/99828/download

      4 4) http://www.oecd.org/document/63/0,2340,en_2649_201185_2346175_1_1_1_1,00.html

      12

      Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen

      Alle lebenden Organismen benötigen Energie, um die Funktionen ihrer biologischen Systeme aufrechtzuerhalten. Die dafür nötigen Grundstoffe werden aus der Umgebung, beim Menschen über die Nahrung aufgenommen. Die darin enthaltenen Bestandteile werden als solche oder als durch die Verdauung entstandene Bruchstücke in den Körper aufgenommen, aus denen die energiereichen Zwischenprodukte gebildet werden. Zumeist werden dadurch inaktive Vorstufen von Enzymen durch Phosphorylierung aktiviert, sodass sie ihre physiologischen Ausgaben erfüllen können. Störungen dieser Prozesse führen konsequenterweise zu Beeinträchtigungen der Aufnahme und Verwertung der mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate, Proteine (Eiweiße) und Fette sowie der übrigen notwendigen Bestandteile wie essenzielle Aminosäuren und Metalle.

      Um diese Zusammenhänge nachvollziehen zu können, wird im Folgenden kurz die Verwertung der Nahrungsbestandteile zur Energiegewinnung im Intermediärstoffwechsel und die Rolle der enzymatischen Prozesse, vor allem die der Fremdstoffe metabolisierenden Enzyme kurz dargestellt.

      Die Kohlenhydrate bestehen im Wesentlichen aus Glucose, Fructose und Galactose, die aus jeweils sechs Kohlenstoffatomen bestehen. Nach einer Mahlzeit werden die resorbierten Kohlenhydrate über die Pfortader in die Leber transportiert, je nach Bedarf auf die Organe zur Synthese von Glycoproteinen, Glycolipiden, Nukleotiden, Polysacharidketten für Zellmembranen oder Aminosäuren verteilt. Ein Teil wird als schnell verfügbares Glycogen gespeichert und der überschüssige Teil in Fett umgewandelt. Die wichtigste Funktion der Kohlenhydrate ist ihr Beitrag zur Energiegewinnung, bei der sie über komplizierte Mechanismen abgebaut werden (Glycolyse). Dabei werden die Zucker, die aus sechs Kohlenstoffatomen

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