Indiana. George Sand

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Indiana - George Sand

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dieser Gruppe war ein schöner Jagdhund, welcher seinen Kopf auf die Knie des am Kamin sitzenden Mannes gelegt hatte. Er zeichnete sich durch seinen schlanken Wuchs, seine spitze, fast der eines Fuchses ähnlichen Schnauze und sein kluges Gesicht aus, welches ganz von verwirrten Haaren starrte, zwischen denen zwei große, gelbe Augen hervorglänzten. Diese Augen, die in der Hitze der Jagd so blutgierig blicken können, zeigten jetzt einen Ausdruck von unbeschreiblicher Zärtlichkeit, und wenn der Herr, der Gegenstand dieser Liebe, das silbergraue Seidenhaar des schönen Hundes streichelte, glänzten dessen Augen vor Vergnügen, während sein langer Schwanz den Kamin taktmäßig fegte. Endlich ließ das Tier ein leichtes schüchternes Bellen hören und setzte seine beiden Pfoten auf die Schultern seines geliebten Herrn.

      »Leg' dich, Ophelia, leg' dich!« gebot der junge Mann und richtete in englischer Sprache einen ernsten Tadel an das gelehrige Tier, welches beschämt zu Frau Delmare kroch, als wolle es sie um ihren Schutz bitten. Aber Frau Delmare verharrte in ihrem träumerischen Sinnen und ließ Ophelias Kopf ohne Liebkosung auf ihren beiden weißen Händen ruhen, die sie über ihrem Knie gefaltet hielt.

      »Dieser Hund ist also im Salon völlig eingebürgert?« sagte der Oberst, heimlich erfreut, einen Ableiter für seine üble Laune zu finden. »In den Stall, Ophelia! fort, dummes Tier!«

      Wenn jemand jetzt Frau Delmare beobachtet hätte, so würde er bei diesem geringfügigen Anlass das schmerzliche Geheimnis ihres ganzen Lebens haben erraten können. Ein unmerklicher Schauer überlief ihren Körper und ihre Hände umklammerten heftig den Hals des Tieres, wie um es zu beschützen. Herr Delmare zog seine Jagdpeitsche aus der Rocktasche und ging mit drohender Miene auf die arme Ophelia los. Frau Delmare wurde noch blasser als gewöhnlich; ihr Busen wogte krampfhaft und mit einem Ausdruck unaussprechlichen Schreckens, ihre großen blauen Augen auf ihren Gatten richtend, rief sie:

      »Um Gottes willen, mein Herr, töten Sie das unschuldige Tier nicht!«

      Diese wenigen Worte genügten, den Zorn des alten Soldaten zu dämpfen.

      »Das ist ein Vorwurf,« sagte er peinlich berührt, »mit dem du mich seit dem Tage verfolgst, wo ich auf der Jagd in meinem Unmut dein Windspiel niederschoss. Ist denn ein Hund, der auf keinen Zuruf hört und das Wild verscheucht, ein so großer Verlust? Übrigens hast du ihn erst seit seinem Tode lieben gelernt, vorher beachtetest du ihn nicht; aber jetzt ist es eine willkommene Gelegenheit, mir Vorwürfe zu machen.«

      »Habe ich dir je einen Vorwurf gemacht?« fragte Frau Delmare sanft.

      »Das habe ich nicht behauptet,« erwiderte der Oberst, in fast väterlichem Tone, »aber in den Tränen gewisser Frauen liegen herbere Vorwürfe, als in den härtesten Worten. Zum Henker, du weißt wohl, daß ich in meiner Nähe nicht gern weinen sehe.«

      »Du siehst mich niemals weinen, denke ich.«

      »Aber ich sehe fortwährend deine geröteten Augen, und das ist meiner Treu noch schlimmer!«

      Während dieser ehelichen Auseinandersetzung war der junge Mann aufgestanden und hatte mit der größten Ruhe Ophelia hinausgeführt, dann setzte er sich wieder Frau Delmare gegenüber, nachdem er ein Licht angezündet und es auf den Rand des Kamins gestellt hatte. Sobald das Antlitz der jungen Frau durch das Licht eine schärfere Beleuchtung erhielt, bemerkte Herr Delmare ihre leidende Miene, ihre krankhafte Gesichtsfarbe und den matten Blick ihrer umränderten Augen. Er trat zu ihr und fragte sie mit der Unbeholfenheit eines Mannes, dessen Herz und Charakter selten in Einklang sind, kurz und abgebrochen:

      »Wie befindest du dich heute, Indiana?«

      »Wie gewöhnlich, ich danke dir,« antwortete sie, ohne Überraschung oder Groll zu zeigen.

      »Wie gewöhnlich! Das ist eine Antwort, die weder gut noch schlecht bedeutet. Ich weiß, daß du dich nicht wohl befindest, das hast du selbst Sir Ralph gesagt. Oder ist das nicht wahr? Sprechen Sie, hat sie es gesagt?«

      »Sie hat es mir gesagt,« antwortete Sir Ralph phlegmatisch, ohne den vorwurfsvollen Blick zu beachten, den Indiana ihm zuwarf.

      In diesem Augenblicke trat eine vierte Person ein, Es war das Faktotum des Hauses, ein ehemaliger Sergeant im Regiment des Herrn Delmare.

      Er habe Grund zu glauben, erklärte er, daß sich Kohlendiebe in den vergangenen Nächten um die jetzige Stunde in den Park eingeschlichen hätten. Er wolle, ehe er die Türen schlösse, seine Runde machen und bat um eine Flinte. Herr Delmare holte sogleich zwei Jagdflinten und gab Lelièvre eine davon.

      »Wie?« rief Frau Delmare entsetzt, »du wolltest einiger Säcke Kohlen wegen einen armen Bauer töten?«

      »Ich schieße jeden Menschen, der sich des nachts bei mir einschleicht, wie einen Hund nieder,« antwortete Delmare gereizt. »Das Gesetz gibt mir die Vollmacht dazu.«

      »Das ist ein abscheuliches Gesetz!« erwiderte Indiana. Sie war im Begriff, heftig zu werden, bezwang sich jedoch und fügte in sanfterem Tone hinzu: »Aber deine Gicht? Du wirst morgen Schmerzen haben, wenn du in diesem Regen hinausgehst.«

      »Du hast gewaltige Furcht, deinen alten Gatten pflegen zu müssen!« antwortete Delmare, indem er unter Verwünschungen über sein Alter und seine Frau mit heftigen Schritten hinausging.

      Zweites Kapitel

      Indiana Delmare und Sir Ralph Brown beobachteten, als sie allein waren, dieselbe kalte Gleichgültigkeit wie vorher. Endlich brach sie das Stillschweigen und sagte im Tone sanften Vorwurfs:

      »Es war doch nicht recht, lieber Ralph; ich hatte dich gebeten, Herrn Delmare nicht zu verraten, daß ich mich leidend fühle. Er ist der letzte, der von meiner Krankheit wissen soll.«

      »Ich begreife dich nicht, Liebe,« antwortete Sir Ralph; »du hast unrecht, dich so gegen den Oberst zu erbittern; er ist ein Mann von Ehre.«

      »Und wer sagt denn das Gegenteil, Sir Ralph? ...«

      »Ei, du selbst, ohne es zu wissen. Deine Traurigkeit, dein krankhafter Zustand und, wie er selbst bemerkt, deine roten Augen sagen jedermann, daß du nicht glücklich bist...«

      »Schweigen Sie, Sir Ralph, Ich habe Ihnen nicht erlaubt, so viel Dinge zu wissen.«

      »Nun ja, ich bin dir nicht fein genug, ich kenne die Subtilitäten deiner Sprache nicht, ich weiß nicht, was man in englischer oder französischer Sprache den Frauen sagen muß, um sie zu trösten. Ein anderer hätte die Kunst besser verstanden dein Vertrauen zu gewinnen, und vielleicht wäre es ihm gelungen, dein Herz, das gegen mich kalt und verschlossen bleibt, zu beruhigen. Ich mache nicht zum erstenmal die Erfahrung, wie in Frankreich die Worte eine größere Herrschaft haben als die Gedanken. Besonders die Frauen ...«

      »O, du hegst eine tiefe Verachtung gegen die Frauen, lieber Ralph. Ich stehe hier allein gegen zwei und muß mich also drein ergeben, niemals recht zu haben.«

      »Gib uns unrecht, liebe Cousine, indem du deine frühere Heiterkeit, Frische und Lebhaftigkeit wieder annimmst. Denke an die Insel Bourbon und unsere köstliche Einsiedelei in Bernika, an unsere heitere Kindheit und unsere Freundschaft, die so alt ist, wie du ...«

      »Ich denke auch an meinen Vater ...,« sagte Indiana mit schmerzlichem Nachdruck, indem sie Ralphs Hand ergriff.

      Sie versanken in ein tiefes Stillschweigen.

      »Indiana,« begann Ralph nach einer Pause, »was fehlt

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