Das Gesetz der Vier. Edgar Wallace

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Das Gesetz der Vier - Edgar Wallace

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      Er schaute die Straße hinauf und hinunter.

      »Dort ist ein Laden, von dem aus wir telefonieren können. Willst du mit mir kommen oder willst du hier auf mich warten?«

      »Ich bin sehr neugierig, was du zu fragen hast«, erwiderte Manfred.

      Sie traten zusammen in das Geschäft, und Gonsalez wählte sofort eine bestimmte Nummer am Apparat. Manfred fragte nicht, woher er sie wußte, denn auch er hatte sie an dem Telefon im Laboratorium des Professors bemerkt.

      »Sind Sie dort, Mr. Munsey?« fragte Gonsalez. »Sie wissen, wer ich bin? Ich habe eben Ihr Haus verlassen ... ich dachte mir schon, daß Sie mich an der Stimme wiedererkennen würden. Ich möchte Sie nur noch fragen, wo die Brille des Professors ist.«

      »Die Brille des Professors?« wiederholte Munsey nach einem kurzen Zögern. »Soviel ich weiß, trug er sie doch.«

      »Ich habe sie nicht bei ihm gesehen und auch nicht in seiner Nähe. Würden Sie so freundlich sein, einmal nachzusehen, ob sie in seinem Zimmer ist? Ich werde solange am Apparat warten.«

      Gonsalez summte eine Melodie aus der Operette »El Perro Chico«, die vor einigen Jahrzehnten oft in Madrid gespielt wurde. Aber plötzlich war er still und lauschte aufmerksam.

      »In dem Schlafzimmer des Professors? Ich danke Ihnen vielmals.«

      Er hängte den Hörer an. Manfred erhielt keine weitere Erklärung, er erwartete sie auch gar nicht, denn Leon liebte es immer, sich in Geheimnisse einzuhüllen.

      »Die großen Eckzähne!« sagte er noch einmal. Sie schienen ihm viel Spaß zu machen.

      Als Gonsalez am nächsten Morgen zum Frühstück kam, teilte ihm der Kellner mit, daß Manfred schon zeitig ausgegangen war. Zehn Minuten, nachdem Leon sein Frühstück begonnen hatte, kam George zurück.

      Leon Gonsalez schaute auf.

      »Du machst mir Sorge, wenn dein Gesicht wie eine Maske aussieht. Ich weiß dann niemals, ob du in besonders froher oder besonders trauriger Stimmung bist.«

      »Halb und halb«, erwiderte Manfred, während er am Tisch Platz nahm. »Ich war in der Fleet Street und habe die Berichte der Sportzeitungen durchgesehen.«

      »Wie kommst du denn auf diese Idee?« Gonsalez sah ihn erstaunt an.

      »Zufällig traf ich auch Mr. Fare. Er erzählte mir, daß keine Spur von Gift in dem Körper des Toten gefunden wurde. Die Polizei wird Stephen Tableman heute verhaften.«

      »Das fürchtete ich«, sagte Gonsalez ernst. »Aber warum hast du die Sportzeitungen durchgesehen?«

      Manfred beantwortete die Frage nicht, sondern erzählte weiter.

      »Fare ist davon überzeugt, daß der Mord von Stephen Tableman begangen wurde. Er nimmt an, daß die beiden eine heftige Auseinandersetzung hatten, daß Stephen seine Selbstbeherrschung verlor und seinen Vater erwürgte. Scheinbar ergab die Untersuchung der Leiche, daß die Kehle des Professors mit außerordentlicher Gewalt zugedrückt wurde. Alle Blutgefäße am Hals sind zusammengepreßt. Fare sagte mir auch, daß die Ärzte zuerst Vergiftung annahmen. Aber es wurde nicht, die geringste Spur von Gift entdeckt. Die Ärzte erklären, daß ein Gift, das den Tod unter derartigen Symptomen hervorruft, bisher vollständig unbekannt ist. Stephen Tableman ist schwer belastet, weil er sich in den letzten Monaten intensiv mit dem Studium geheimer Gifte beschäftigt hat.«

      Gonsalez lehnte sich in seinen Stuhl zurück und steckte die Hände in die Taschen.

      »Ob er nun diesen Mord begangen hat oder nicht«, sagte er nach einer Weile, »sicher wird er früher oder später zum Mörder werden. Ich erinnere mich an einen Arzt in Barcelona, der die gleichen Zähne hatte. Er war ein guter Christ, ein allgemein bekannter Mann, Junggeselle, hatte viel Geld. Es lag für ihn nicht der geringste Grund vor, zu morden, und doch beging er dieses Verbrechen. Er tötete einen Kollegen, der ihm drohte, einen Irrtum aufzudecken, den er bei einer Operation gemacht hatte. Ich kann dir nur sagen, George, wenn ein Mann solche Zähne hat –« Er machte eine Pause und legte die Stirn in Falten. »Ich werde Fare um die Erlaubnis bitten, daß ich einige Stunden allein in Tablemans Laboratorium zubringen darf.«

      »Warum denn?« begann Manfred, aber er unterbrach sich selbst. »Aber du wirst natürlich schon Grund dafür haben, Leon. Im allgemeinen fällt es mir ja nicht schwer, solche Rätsel zu lösen, aber diesmal bin ich doch etwas verwirrt. Ich glaube übrigens, daß du das Geheimnis bereits erraten hast. Nur sind gewisse Nebenumstände bei diesem Verbrechen außerordentlich verblüffend. Warum hat der alte Mann zum Beispiel die dicken Handschuhe angehabt?«

      Gonsalez sprang plötzlich auf, seine Augen leuchteten.

      »Was für ein Narr bin ich doch, daß ich das nicht gesehen habe! George, bist du sicher? Hatte er dicke Handschuhe an?« fragte er begierig.

      Manfred nickte und lächelte über die Erregung seines Freundes.

      »Nun habe ich es!« Gonsalez schnippte mit den Fingern. »Ich wußte doch, daß noch irgendein Irrtum in meiner Theorie war. Waren es dicke, wollene Handschuhe?« Plötzlich wurde er nachdenklich. »Ich bin nur neugierig, wie, zum Teufel, er den alten Mann dazu bringen konnte, sie anzuziehen?« sagte er halb zu sich selbst.

      Mr. Fare gewährte Leons Bitte gern, und die beiden Freunde gingen zum Laboratorium, wo sie von John Munsey erwartet wurden.

      »Ich entdeckte die Brille neben dem Bett meines Onkels«, sagte er gleich, als Gonsalez eintrat.

      »Ach ja, die Brille«, erwiderte Leon zerstreut. »Kann ich sie vielleicht einmal sehen?« Er nahm sie in die Hand. »Ihr Onkel war aber sehr kurzsichtig. Ich bin erstaunt, daß er sie nicht immer bei sich trug.«

      »Ich glaube, er ging in sein Schlafzimmer, um sich umzukleiden, wie er es gewöhnlich nach dem Abendessen tat«, erklärte Mr. Munsey. »Er hat sie dann wohl dort liegenlassen. Gewöhnlich hat er im Laboratorium ein Reserveglas. Aber aus dem einen oder anderen Grunde scheint er es nicht aufgesetzt zu haben. Möchten Sie allein im Laboratorium bleiben?«

      »Ja, das war meine Absicht«, entgegnete Leon. »Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, meinen Freund zu unterhalten, während ich mich umsehe?«

      Als die beiden gegangen waren, schloß er die Verbindungstür zwischen dem Laboratorium und dem Haus und suchte dann nach der Brille, die der alte Professor trug, wenn er an der Arbeit war.

      Merkwürdigerweise ging er gerade auf die Stelle zu, wo sie lag – er fand sie in einem großen Aschenkasten, der neben der Treppe stand, die zu dem Laboratorium führte. Es waren nur Scherben zu sehen, auch die Horneinfassung war an zwei Stellen gebrochen. Leon sammelte die Stücke auf, trüg sie in das Laboratorium und legte sie auf den Tisch. Dann ging er ans Telefon und sprach gleich darauf mit Stephen Tableman.

      »Natürlich«, erwiderte der

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