Liebe, Sex und Königsberger Klopse. Sarah Jenkins
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"Unglaublich", sagte die andere bewundernd. "Weißt du eigentlich, dass du gesegnet bist?"
"Kathrin, du verstehst nicht richtig! Frank wollte mich lecken, wenn wir gemeinsam einkaufen waren, wenn ich vom Sport oder verschwitzt von der Arbeit kam, im Büro, sogar wenn wir mit zweihundert Stundenkilometern über die Autobahn fuhren. Er wollte mich einfach immer und überall beglücken. Das war anfangs sicherlich erregend, aber irgendwann hat es mich nur noch genervt. Neulich fand ich in seiner Nachttisch-Schublade ein Heft, du willst nicht wissen, was dort vorrangig abgebildet war."
"Ich kann es mir denken", sagte Kathrin.
"Am meisten hat es mich eines Tages angefangen zu nerven, dass ich, jedes Mal wenn wir unterwegs waren, das Gefühl hatte, er würde sich vorstellen, wie andere Frauen zwischen ihren Beinen aussehen und schmecken würden. Dieser Gedanke hat mich schier wahnsinnig werden lassen", schnaubte sie verächtlich.
"Erotisierend!", bemerkte Kathrin.
"Mensch, Kathrin, das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Stell dir das doch mal vor, du wirst ständig und überall und allerorts von einem Leck-Kommando überfallen! Meine Muschi war schon ganz wund! Beobachte ihn, sieh ihn dir genau an", sagte die Frau, die das Lecken leid war, beinahe hysterisch: "er ist heute Abend auch hier. Mich wundert, dass er an einem Abend wie diesem nicht eines seiner unzähligen Rolling Stones T-Shirts trägt. Das ist nämlich auch so eine Angelegenheit, die mich stört: dass er seine Passion öffentlich zur Schau trägt. Als ich mich von ihm trennen wollte, fiel ihm doch tatsächlich nichts Besseres ein, als mich zu fragen, ob er mich zum Abschied noch ein letztes Mal lecken dürfe. Und ganz ehrlich, der hat mich so fertig geleckt, ich glaube, ich will und kann mich nie wieder in meinem Leben oral zur Verfügung stellen!"
Es fiel Franziska schwer zu glauben, was sie eben gehört hatte. Am liebsten wäre sie aus ihrem unfreiwilligen Versteck gestürmt, um mehr Details zu erfragen, aber sie hielt den Atem an und sicherheitshalber immer noch die Hand vor den Mund. Während sich direkt vor ihrer Tür eine Frau lauthals bei ihrer Freundin über zu viel Französisch beschwerte, hatte Franziska die Vorstellung, diesen Mann zwischen ihren Schenkeln zu spüren, sofort erregt. Oh Gott, ich bin ja pervers, schimpfte sich Franziska selbst, aber gleichzeitig musste sie grinsen. Sie wollte diesen Ed von Schleck unbedingt kennenlernen. Franziska fiel in diesem Moment der stets zweideutige Slogan des Lagnese-Klassikers ein: "Lieber gut geleckt als nicht geschleckt". Ja, das stand damals tatsächlich und allen Ernstes auf der Packung! Was sich die Marketingleute wohl dabei gedacht haben? Heute würde so ein Eis automatisch eine Sexismus-Debatte hervorrufen und etliche Shitstorms entfachen. Ich mochte das Eis aber immer, erinnerte sich Franziska, so sahnig, cremig, erdbeerig. Hmmm. Sie schluckte und Wasser lief ihr im Mund zusammen. Und das sah auch immer so köstlich aus, dieser Quirl aus weißem Sahne-Eis und rotem Erdbeermus. Verdammt, das gibt´s gar nicht mehr zu kaufen, oder?, fragte sie sich, die haben das tatsächlich vom Markt genommen. Blöd, echt blöd, dachte sie und besann sich darauf, dass sie einem sehr interessanten Gespräch gefolgt und auf noch interessantere Art und Weise angefixt war, und zwar in ihrem Höschen. Ihre Pussy pulsierte.
Sie wartete, bis die Informantinnen den Waschraum wieder verließen, huschte aus ihrer zu einem Versteck gewordenen Klokabine schnell zum Waschbecken und prüfte ihr Spiegelbild. Ihre Wangen waren gerötet, auf ihrem Dekolleté waren sofort rote, hektische Flecken entstanden. Du bist mir ja vielleicht ein Früchtchen, dachte sie vergnügt, während ihr das kalte klare Wasser über die Hände floss. Franziska schaute auf ihren roten kleinen Mund, der unverzüglich geküsst werden wollte, schließlich war es schon ein paar Monate her, dass sie das Vergnügen hatte, einen Mann mit einer außergewöhnlichen Zungenfertigkeit auch zwischen ihren Beinen spüren zu dürfen. Orale Freuden sind nicht jedermanns Sache, man muss sich als Frau wirklich fallen lassen können, aber das konnte Franziska.
Sie liebte es, wenn ein Mann es ihr per Lecktechnik so richtig besorgte. So gesehen konnte sie der Freundin der Informantin nur beipflichten. Doch im Gegensatz zu der Dame, die sich über diese Gabe lauthals echauffierte und mit ihr nichts Gutes anzufangen wusste, liebte Franziska diesen Akt mindestens genauso wie den eigentlichen. Überhaupt schien sie ihr eine verbitterte Frau zu sein, die nicht nur diesen einen, sondern alle Männer hasste, und dass, obwohl sie sie nicht gesehen, sondern ihr nur zugehört hatte. Wer weiß, vielleicht störte sie ja etwas ganz anderes und der Sex war nur der Auslöser, aber das sollte nicht Franziskas Problem sein. Der Gedanke, diesem zungenfertigen Muschiflüsterer gleich irgendwo im Club über den Weg zu laufen, durchflutete sie mit dem wonnigen Gefühl größter Vorfreude.
Vielleicht hätte sie sich vorher eine Strategie überlegen sollen, vielleicht brauchte sie erst einmal einen Plan, vielleicht hätte sie sich auch einfach nur wieder beruhigen – und den zu schnell pochenden Puls nur länger unter das kalte Wasser halten sollen, aber es gab in diesem Augenblick nur ein Ziel: Sie und ihre Muschi mussten diesem Mann unbedingt begegnen, jetzt, sofort, gleich, auf der Stelle.
***
Der Club platzte aus allen Nähten. Die Leute drängten sich dicht aneinander und lachten, einige laut und affektiert, andere quietschend und knatternd wie eine alte Tür, sie unterhielten und küssten sich, prosteten einander zu und kreisten ihre Hüften. Mädchenbeine glänzten im schimmernden Licht der Discokugel. Das hippe Partyvolk war in seinem Element. Eigentlich war Franziska mit ihrer Mädels-Truppe hier. Die werden mich schon nicht vermissen, beruhigte sie ihr schlechtes Gewissen. Zum Glück geht sie immer allein aufs Klo und nicht im ganzen Hühnerhaufen. Das nervt sie nur. Man stelle sich mal vor, was ihr entgangen wäre, wäre sie gackernd und kichernd mit mehreren Mädels über das Klo hergefallen. Augenblicklich wäre das so interessante Gespräch verstummt gewesen! Glück gehabt, dachte sich Franziska, das ist heute mein Abend!
Sie schlängelte sich an engen Jeans und kurzen Röcken vorbei, spürte fremde Hände auf ihrem Rücken und an ihrem Po, die wie ein sanftes Geleit in der Menge waren und tauchte in einen großen See von Wortfetzen, Phrasen und Gekicher. Und plötzlich sah sie ihn an der Bar, Frank, genauso wie die wütende Frau ihn zuvor beschrieben hatte: groß, mit dunklen Augen und dunklem Haar, sonnengebräunt. Franziska sah ihn und wusste genau, das ist er, der Leckvirtuose, der orale Beglücker, der Held der geleckten Nächte, der Muschiflüsterer. Ihre durstige Vulva schmatzte schon fast vor Sehnsucht.
Er lehnte an der Bar und nippte an einem Cocktail, das kleine Strohhütchen im Glas zappelte an seiner Wange. Verzaubert schaute sie ihn an, sein Profil war schön, er hatte neugierige, wache Augen, einen charmanten, fast schelmischen Gesichtsausdruck und ein gewinnbringendes Lächeln. Hinter diesem Lächeln sah sie seine Zunge, die sie spüren wollte. Selten war Franziska über sich selbst so erstaunt wie in diesem Moment, denn ohne noch einmal darüber nachzudenken oder zumindest abzuwägen, was sie erwarten könnte, steuerte sie ihn an. Sie hatte nichts zu verlieren.
No risk, no tongue.
Vielleicht ist das, was ich jetzt vorhabe tatsächlich etwas schamlos, doch genau darin besteht der Luxus, den ich mir heute Abend gönnen will, dachte sie und ging direkt auf ihn zu. Sie war angesichts ihres Vorhabens etwas angespannt und hatte das Gefühl, dass vor lauter Aufregung sogar ihre Knie ein bisschen zitterten.
"Ich glaube, Mojito wird normalerweise ohne Schirmchen serviert", sagte sie dennoch selbstsicher, als sie sich an die Bar vorgekämpft hatte.
"Wie meinen?", fragte der Mann, dessen Name Franziska schon längst wusste und der in ihren Ohren genauso wie der Name eines prätentiösen Komponisten klang.
Lächelnd zeigte sie auf sein Getränk.
"Ach so, das meinst du", bemerkte er und stellte das Glas zur Seite, "verstehe".