Die Colonie. Gerstäcker Friedrich

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Die Colonie - Gerstäcker Friedrich

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aber etwas Besseres finden, kann man sich auch fest darauf verlassen, daß sie der Gemeinde kündigen - manchmal gehen sie sogar ohne Kündigung fort, und wie nachtheilig ein so steter Wechsel - den eigentlichen mangelhaften Unterricht nicht einmal gerechnet - auf die Kinder wirken muß, läßt sich ja denken und liegt klar zu Tage.

      „Zu Zeiten trifft es sich, daß wir trotz alledem einen ordentlichen Mann, wenigstens für Monate oder ein halbes Jahr, in der Schule haben. Dieses Mal freilich meldete sich, als die Kinder schon drei Wochen ohne den geringsten Unterricht gewesen waren, ein möglicher Weise irgendwo durchgebrannter Handlungsdiener für die Stelle, die man ihm auch „auf Probe" überließ, und da der gute Mann den brasilianischen Wein merkwürdiger Weise trinken kann, benutzt er jeden freien und nicht freien Augenblick, um über die Stränge zu schlagen."

      „Und auf die Art," lachte Könnern, „warten beide Parteien gegenseitig, ob sie einander nicht bald wieder los werden können?"

      „Allerdings," erwiderte der Director; „hier aber haben wir jetzt das Ziel unseres Spaziergangs - das Auswanderungshaus erreicht, das ich doch heute Morgen einmal besuchen und Ihnen gleich zeigen wollte. Hier sehen Sie die Einwanderer untergebracht, welchen, der furchtbaren Nachlässigkeit unserer Provinzialregierung zufolge, noch keine Colonie - d. h. kein eigenes Land für ihre Arbeit angewiesen werden konnte, und die hier auf Staatskosten gefüttert werden müssen, bis Ihr Freund die nöthigen Landstrecken für sie vermessen haben wird. Aber treten wir ein. Sie sehen da Alles viel besser, als ich es Ihnen sagen könnte."

      Könnern sah vor sich ein langes, fast ovales Gebäude, aus Pfählen oder eingerammten Stämmen aufgerichtet, und theils mit Schindeln, theils mit Ziegeln, an einigen Stellen sogar mit Schilf und Reisig nothdürftig gedeckt, um das herum es von den abenteuerlichsten Gestalten wimmelte. Alle waren Deutsche, darüber blieb dem Fremden auch nicht der geringste Zweifel, denn die flachsköpfigen Kinder nicht allein, Männer und Frauen selbst in ihren alten heimischen

      /34/ Trachten verleugneten ihr Vaterland nicht einen Augenblick.

      Ihre Beschäftigung war aber ziemlich genau dieselbe wie die jenes Theiles, den der Director in seine eigene Wohnung genommen hatte, nur daß hier entschieden mehr Männer einquartiert schienen. Der innere weite Raum, wo nicht die unpraktischen riesigen Auswandererkisten aufgeschichtet standen, war mit ihnen ordentlich angefüllt, denn in der heißen Tageszeit hatten sie den Schatten des luftigen Gebäudes gesucht, während die Frauen hier und in der Sonne draußen arbeiten konnten, so viel sie eben Lust hatten.

      Als der Director übrigens mit dem Fremden den innern Raum betrat, erhoben sich die Meisten von ihrem rauhen Lager und nahmen die Mützen ab, denn der „Herr Director" war ja die erste Person in der Kolonie, und mit dem durften sie es also schon nicht verderben.

      „Nun, Leute," sagte Herr Sarno nach der ersten flüchtigen Begrüßung, „nun werdet Ihr bald Euer Land bekommen können, denn heute hat die Regierung endlich Jemanden hergesandt, der Euren Grund und Boden vermessen soll. Haltet Euch nur bereit, daß einige Familien von Euch gleich ausrücken können, sowie eine Anzahl von Colonien vermessen ist. Ihr werdet das Herumliegen hier wohl auch satt haben?"

      „Na, es geht, Herr Director," lachte der eine Mann; „wenn wir's im Leben nicht schlechter kriegen, läßt stch's aushalten - aber froh wollen wir doch sein, wenn wir einmal wieder für uns arbeiten dürfen. Das faule Leben hat auch keine rechte Art - und eigentlich schon ein bischen zu lange gedauert."

      „Hier geht's auch schmählich eng zu," sagte ein Anderer, „beinah wie auf dem Schiff, und der Müller da drüben, der macht sich mit seiner Familie auch noch so breit, daß wir Anderen lieber hinaus vor die Thür möchten, damit der große Herr nur Platz hat."

      „Ja, Du darfst auch noch räsonniren, Du Lumpenkerl," erwiderte eine tiefe Baßstimme aus der Ecke, „wenn wir lauter solch Gesindel wären, wie..." /35/

      „Ruhe!" unterbrach ihn der Director, „haltet mir Frieden hier, das sag' ich Euch, denn der Erste, der Streit anfängt, wird ohne Weiteres auf das nächste Schiff gesetzt und wieder aus der Colonie geschickt. Wir wollen hier Frieden haben, und wer sich dem nicht fügen will, mag gehen."

      „Aber der Müller..."

      „Haltet Euer Maul!" fuhr ihn der Director an; „wenn Ihr eine gegründete Klage habt, so wißt Ihr, an wen Ihr Euch damit wenden sollt, und zu welcher Zeit, und daß Ihr dann Eure Zeugen mitzubringen habt. Einfache Klatschereien will und werd' ich nicht anhören. Was fehlt denn der Frau da, die dort in der Ecke liegt?"

      „Schlecht ist ihr's," sagte eine andere Frau, die neben ihr saß und ihr gerade aus einem großen Topfe zu trinken gab ; „sie hat sich den Magen verdorben an den vielen Apfelsinen."

      „Ist denn der Dcctor heute noch nicht hier gewesen?"

      „Der Doctor? Ja, der kommt schon lange nicht, wenn man ihm nicht erst das Haus einläuft," sagte eine andere Frau; „meine Kathrine, der war's gestern auch so elend zu Muthe - daß er auch nur einmal nach ihr gesehen hätte - und wie ich ihn darum gebeten habe!"

      „So?" sagte der Director, „nun, in einer halben Stunde soll er hier sein, das verspreche ich Euch - wie viele von Euch haben denn in der Woche mit an dem Wege gearbeitet ?"

      Keine Antwort - die ihm Nächsten schienen die Frage eben nicht gern zu hören.

      „Nun? Kann Keiner den Mund aufthun?"

      „Na, der Niklas," sagte die eine Frau, „hat zwei halbe Tage, und der Christoph, der hat gestern Nachmittag angefangen, und Schultze's Elias, der muß schon den Donnerstag oder Freitag hinausgegangen sein."

      „Da haben Sie's!" sagte der Director zu Könnern; „Monate lang liegen die Menschen hier auf der faulen Haut und leben von den Subsidien oder Unterstützungen, die ihnen der Staat verabreicht, also von Geldern, die sie nach fünf Jahren wieder zurückerstatten müssen. Wo ich ihnen aber /36/ eine Gelegenheit geboten habe, selber für sich etwas zu verdienen, wenn sie nur die faulen Knochen rühren sollen, glauben Sie, daß da Einer gutwillig mit angriffe? Gott bewahre! Wenn ihnen der Polizeidiener nicht auf dem Nacken sitzt, rühren sie kein Glied, und wenn es eine Arbeit wäre, die sie nur zu ihrem eigenen Besten thun sollen und noch außerdem extra bezahlt bekommen, 's ist, weiß es Gott, eine Freude, mit solchen Menschen zu thun zu haben!"

      „Herr Director," sagte in diesem Augenblick ein kleiner ältlicher Mann in einem wunderlichen Costüm, das er von allen Ständen der menschlichen Gesellschaft zusammengeborgt zu haben schien, indem er den Director an einem Aermel zupfte, „das Essen ist gleich fertig - Sie möchten nach Hause kommen."

      „Ah, Jeremias," sagte Sarno, sich nach ihm umdrehend; „schickt Dich die Kathrine herüber?"

      „Ja, Herr Director," sagte der Mann, einen hohen Seidenhut, um den eine Art von Livréeband befestigt war, unter den Arm drückend, „und das Schiff ist auch unten."

      „Das Schiff? Was für ein Schiff?"

      „Nun, das Schiff mit den neuen Landsleuten."

      „Neue Auswanderer?" rief der Director erschreckt.

      „Die Gesina," nickte der Mann; „der Herr Director haben ja schon lange davon gesprochen, 's ist gerade vor der Barre gesehen worden und der Capitain wird heut Abend herauskommen."

      „Na, das hat gerade noch gefehlt!" seufzte Sarno; „das Haus hier ist schon zum Ueberlaufen voll, und dazu noch eine frische Gesellschaft, eine neue Zufuhr - das wird angenehm !"

      „Und die Suppe?"

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