Die schönsten Weihnachtsgeschichten II. Charles Dickens

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Die schönsten Weihnachtsgeschichten II - Charles Dickens

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Arbeitsbeutels in ihrer Tasche –; dann stillte sie ein wenig das Kind; darauf nahm sie wieder ein Weilchen ihre Arbeit zur Hand, worauf sie, während die alte Dame schlummerte, ein kleines Flüsterduett mit May begann. Und so brachte sie, stets in geschäftiger Rührigkeit, wie das so ihre Art war, sehr rasch den Nachmittag hin. Und als es dann dunkel wurde, schürte sie – da es eine der feierlichen Vereinbarungen dieser Picknickeinrichtung war, daß sie an diesem Tage Berthas Haushalt besorge – das Feuer, fegte den Herd, deckte den Teetisch, zog die Vorhänge zusammen und steckte Licht an. Dann spielte sie ein paar Lieder auf einer Art Harfe, die Kaleb für seine Tochter fabriziert hatte; und sie spielte sehr hübsch, denn die Natur hatte ihr zartes, kleines Ohr ebenso vollkommen für Musik ausgebildet, wie für Juwelen, wenn sie welche zu tragen gehabt hätte. Da jetzt die für den Tee angesetzte Zeit gekommen war, erschien auch Tackleton wieder, um an dem Mal teilzunehmen und sich des Abends zu erfreuen.

      Kaleb und Bertha waren seit einiger Zeit zurückgekehrt, und Kaleb hatte die unterbrochene Nachmittagsarbeit wieder aufgenommen. Aber er konnte nichts zuwege bringen, der arme Teufel, so voll Angst war er und solche Gewissensbisse empfand er wegen seiner Tochter. Es war rührend, ihn müßig auf seinem Arbeitsschemel sitzen zu sehen, indem er traurig die Blicke auf sie gerichtet hatte und in einem fort für sich hinsagte:

      »Habe ich sie denn nur darum von der Wiege an getäuscht, um ihr schließlich das Herz zu brechen?«

      Als es ganz dunkel wurde und der Tee eingenommen war und Dot nichts mehr an den Tassen zu waschen hatte, mit einem Wort – denn ich muß es geradeheraus sagen, und es hat keinen Sinn, es hinauszuschieben –, als die Zeit nahte, wo jedes ferne Wagengerassel ihnen ankündete, daß sie die nahe Ankunft des Fuhrmanns zu erwarten hätten, veränderte sich abermals Dots ganzes Wesen. Sie wurde bald rot, bald blaß und war vollständig rastlos. Nicht so, wie gute Frauen sind, wenn sie ihre Männer erwarten. Nein, nein, nein! Es war eine ganz andere Art von Unruhe.

      Wagengerassel. Hufklappern. Hundegebell. Allmähliches Näherkommen all dieser Töne. Boxers scharrende Pfote an der Tür!

      »Wessen Tritt ist das!« rief Bertha auffahrend.

      »Wessen Tritt?« versetzte der Fuhrmann, auf der Schwelle erscheinend, das braune Gesicht von der scharfen Nachtluft gerötet wie eine Winterbeere. »Na, meiner!«

      »Der andere Tritt?« sagte Bertha. »Der Männertritt hinter Euch?«

      »Sie ist gar nicht zu täuschen«, bemerkte der Fuhrmann lachend. »Spaziert nur herein, Herr. Ihr werdet willkommen sein; seid ohne Sorgen!«

      Er sprach das in lautem Ton, und während er sprach, trat der alte, taube Herr ins Zimmer.

      »Er ist Euch nicht ganz fremd, Kaleb; Ihr habt ihn schon mal gesehen«, sagte der Fuhrmann. »Wollt Ihr ihm Obdach geben, bis wir gehen?«

      »O gewiß, John, ich rechne mir's zur Ehre.«

      »Er ist übrigens der beste Gesellschafter, den man sich nur wünschen kann, wenn man sich Geheimnisse zu erzählen hat«, sagte John. »Ich habe anständig gute Lungen, aber er stellt sie auf die Probe, das kann ich Euch versichern. Setzt Euch, Herr. Lauter gute Freunde hier, die sich freuen, Euch zu sehen.«

      Nachdem er dem Fremden diese Versicherung mit einer Stimme gegeben, die vollkommen bestätigte, was er von seinen Lungen gesagt, setzte er in seinem natürlichen Tone hinzu:

      »Ein Stuhl in der Kaminecke und die Erlaubnis, ganz still dazusitzen und sich vergnügt umzusehen, das ist alles, was er verlangt. Es ist leicht, ihn zufriedenzustellen.«

      Bertha hatte aufmerksam zugehört. Sie rief Kaleb zu sich, als er den Stuhl hingestellt hatte, und bat ihn leise, ihr den Fremden zu beschreiben. Als er das getan – und diesmal ganz wahrheitsgemäß, mit gewissenhafter Treue – machte sie eine Bewegung, das erstemal, seit er eingetreten war, seufzte und schien ferner kein Interesse mehr für ihn zu haben.

      Der Fuhrmann war in sehr fideler Stimmung, der gute Gesell, und verliebter in seine kleine Frau als je.

      »War das aber eine ungeschickte Dot heute nachmittag!« sagte er, indem er seinen starken Arm um sie legte, während sie von den anderen Gästen etwas abseits stand, »und doch hab ich sie gern. Schau mal dorthin, Dot!«

      Er zeigte auf den alten Mann. Sie senkte die Augen. Ich glaube sogar, sie zitterte.

      »Er ist . . . hahaha! . . . ist voller Bewunderung für dich!« sagte der Fuhrmann. »Plauderte von nichts anderem, den ganzen Weg entlang. Na, er ist ein braver alter Bursche. Das gefällt mir an ihm!«

      »Ich wollte, er hätte sich einen bessern Gegenstand gewählt, John«, sagte sie, einen beunruhigten Blick im Zimmer umherwerfend; er war besonders nach Tackletons Seite gerichtet.

      »Einen bessern Gegenstand!« rief John vergnügt. »Den gibt's gar nicht. Nun, weg mit dem Überzieher, fort mit dem Tuche, fort mit den schweren Gamaschen und dann ein gemütliches halbes Stündchen am Feuer! Gehorsamer Diener, Madam. Wollen wir beide eine Partie Piquet machen? Ich stehe zu Diensten. Dot, die Karten und das Brett. Und auch ein Glas Bier, wenn noch was da ist, kleine Frau!«

      Seine Aufforderung war an die alte Dame gerichtet, und da sie mit gnädiger Bereitwilligkeit annahm, waren sie bald in das Spiel vertieft. Anfangs blickte der Fuhrmann bisweilen mit einem Lächeln um sich, oder rief von Zeit zu Zeit Dot herbei, daß sie ihm in schwierigen Fällen rate. Da jedoch seine Gegnerin sehr streng auf Disziplin hielt und zudem der Schwäche unterworfen war, gelegentlich mehr zu markieren als sie berechtigt war, so mußte er seinerseits so scharf aufpassen, daß ihm für etwas anderes weder Auge noch Ohr blieb. Allmählich nahmen die Karten seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, und er dachte an nichts weiter, bis eine Hand auf seiner Schulter ihn daran erinnerte, daß ein Tackleton auf der Welt war.

      »Bedaure Euch stören zu müssen – nur auf ein Wort, aber gleich.«

      »Ich bin gerade am Geben«, versetzte der Fuhrmann. »Der Augenblick ist kritisch.«

      »Das ist er«, sagte Tackleton. »Kommt mal her, mein Lieber!«

      Es lag ein Ausdruck in seinem bleichen Gesicht, der den andern veranlaßte, sofort aufzustehen und ihn hastig zu fragen, was los wäre.

      »Pst! John Peerybingle!« sagte Tackleton. »Es tut mir leid. Wahrhaftig. Ich hab's befürchtet. Ich hab' ihn gleich vom ersten Augenblick an im Verdacht gehabt.«

      »Was ist denn los?« fragte der Fuhrmann mit erschrecktem Gesicht.

      »Pst! Das will ich Euch zeigen, wenn Ihr mit mir kommen wollt.«

      Der Fuhrmann begleitete ihn, ohne noch ein Wort zu sagen. Sie gingen über einen Hof, wo die Sterne schienen, und traten durch eine kleine Hintertür in Tackletons Bureau, von wo man durch eine Glastür, die des Nachts geschlossen war, in den Laden sehen konnte. Im Bureau war kein Licht, aber es brannten Lampen in dem langen schmalen Warenlager, so daß das Fenster erleuchtet war.

      »Einen Augenblick!« sagte Tackleton. »Könnt Ihr durch das Fenster blicken? Glaubt Ihr, Ihr könntet's?«

      »Warum nicht?« versetzte der Fuhrmann.

      »Noch einen Augenblick«, sagte Tackleton. »Begeht keine Gewalttat. Würde nichts nützen. Ist zudem gefährlich. Ihr seid ein kräftiger Mann und könntet einen Mord begehen, bevor Ihr es selbst wißt.«

      Der Fuhrmann sah ihn ins Gesicht und wich einen Schritt zurück, als hätte er einen Schlag bekommen. Mit einem

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