Für Anna. Brigitte Krächan
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Es tat mir leid, dass ich Tanja nicht erlauben konnte, mehr mit Anna zu unternehmen, aber wie hätte ich den beiden diesen Sachverhalt erklären sollen. Und Zeit, die beiden bei geplanten Unternehmungen außerhalb des Hauses zu begleiten, hatte ich auch nicht. Ich musste meinen Job erledigen und so allen beweisen, dass ich fähig war, finanziell angemessen für meine Tochter und mich zu sorgen. Es gab immer noch genügend Leute, die davon überzeugt waren, Anna würde es im Hause meiner Schwiegereltern in jeder Hinsicht besser gehen. Ich hatte diese ganzen Streitereien endlich hinter mir und wollte nicht riskieren, dass alles wieder von vorne begann. Ich war ohnehin der Ansicht, dass ich nach wie vor unter sehr genauer Beobachtung stand und dass meine Schwiegereltern nur auf einen Anlass warteten, um wieder gegen mich vor Gericht zu ziehen.
5
Tom hatte angerufen.
„Ich habe wieder angefangen zu schreiben,“ erzählte ich ihm.
„Und ? Hast du doch ein Thema gefunden, mit dem du schreibend die Welt verändern kannst?“
„ Es wäre schön, wenn das so einfach ginge. Nein, ich schreibe einfach so, ganz banale Sachen. Was mir gerade so einfällt. Eine Horrorgeschichte habe ich geschrieben und eine Erzählung von einem Jungen, der so seine Probleme mit Weihnachten hat.“
„Eigentlich mag ich keine Horrorgeschichten, irgendwie scheint die in letzter Zeit jeder zu schreiben. Aber die andere Erzählung klingt interessant, die würde ich gerne mal lesen. Vielleicht gelingt es dir ja, mich auf Weihnachten einzustimmen. Ist ja schon bald wieder so weit.“
„Du kannst sie gerne lesen. Ich tippe sie dir ab und schicke sie rüber.“
„Jetzt sag nur noch, du schreibst deine Geschichten immer noch von Hand!“
„Ja, ganz altmodisch, handgeschrieben in ein kleines schwarzes Buch.“
„Na, du musst ja wissen, was du tust. Ich warte auf deine Mail.“
Weihnachten
Er hatte lange geschlafen.
Es muss Nachmittag sein, überlegte er.
Warum hatten sie ihn nicht zum Essen geweckt?
Der Junge stand auf. Es war kalt im Zimmer. Jeans, T Shirt und Pullover lagen noch am Boden, dort, wo er sie heute Morgen hingeworfen hatte. Schnell schlüpfte er in die Hose, zog das T-Shirt und den Pullover über. Dass die Kleider nach Rauch und Bier rochen, störte ihn nicht.
Er hatte Hunger.
Der Junge stieg die Treppe hinunter.
Zum ersten Mal bemerkte er die Spinnweben am Geländer. Die Treppe war schon lange nicht mehr geputzt worden. Sie lässt sich ganz schön hängen, dachte er. Seit dem Tod vom Alten war sie so. Zwei Monate ist das jetzt her. Mein Gott, war das ein Aufstand. Dabei wussten doch alle, was los war.
Totgesoffen hat er sich. Leberkrebs. War ein Scheißtod. Eigentlich waren alle froh, als es endlich vorbei war. Sie hätte sich doch auch freuen müssen, so,
wie der mit ihr umgesprungen war die letzten Jahre.
Der Junge betrat die Küche.
Heiß war es hier und stickig. Sie hatten sich nie eine Zentralheizung leisten können. Er hasste es, die Kohlen aus dem Keller hoch zutragen. Oft hatte er deshalb Streit mit dem Alten bekommen.
Jetzt holte sie die Kohlen aus dem Keller.
Er ging zum Radio.
Mussten die denn von morgens bis abends Weihnachtslieder dudeln? Der Junge stellte den Sender mit Rockmusik ein und drehte die volle Lautstärke auf. Er setzte sich an den Küchentisch und schob das benutzte Geschirr beiseite. Während der Junge sich eine Zigarette anzündete, betrat die Mutter die Küche.
Sie hatte die Katze herein gelassen. Wortlos ging sie um Radio und
stellte es leiser. Die Katze war unterdessen zu dem Jungen auf die Bank gesprungen. Schnurrend rieb sie ihren Kopf an seinem Arm.
„Na, wo kommst du denn her? Du bist ja ganz kalt und nass.“ Liebevoll strich er über das schwarze Fell.
„Was gibt’s denn zu essen?“
Die Mutter hatte begonnen, den Tisch zu decken: einen Teller, eine Gabel, die Schüssel mit Kartoffelsalat.
„Soll ich dir die Wurst warm machen?“ fragte sie.
„Nein, lass, ich hab‘ Hunger.“
Der Junge begann zu essen.
Die Mutter setzte sich zu ihm und schaute ihm schweigend beim Essen zu.
„Weißt du“, begann sie endlich, „ich hab‘ gedacht, ich koch‘ erst heute Abend. Und danach die Bescherung. Nur die Familie, weißt du, genau so, wie es immer war. Fast so.“
Sie verstummte.
Der Junge aß schweigend weiter.
Das letzte Stückchen Wurst warf er der Katze zu.
Er wusste genau, dass die Mutter das nicht mochte. Sie hat es genau gesehen, dachte er, und sagt nichts. Sie sagt nie, wenn ihr etwas nicht gefällt.
All die Jahre hat sie nie etwas gesagt.
„Soll ich dir noch eine Tasse Kaffee kochen? Zum Wachwerden?“
Die Mutter stand auf, um das Kaffeewasser aufzusetzen.
„Wo ist Eva?“ fragte er.
„Sie hat ihrem Chef versprochen, ihm im Laden zu helfen. Aber zum Abendessen wird sie da sein. Sie will Robert mitbringen. Es wird
bestimmt ein gemütlicher Abend werden. Ich hab‘ Wein gekauft,
von dem guten, den wir letztes Jahr zu Weihnachten hatten.“
Wieder verstummte sie, stand einfach nur da und wartete bis das Kaffeewasser kochte.
Also