Der Trinker. Ханс Фаллада

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Der Trinker - Ханс Фаллада

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fort. Sie zog die Vorhänge vor die Fenster, dann ging sie aus dem Hause, und ich hörte sie die Läden, dann die Haustür schließen. Während sie wieder durch die Gaststube ging, sagte sie im Vorübergehen zu mir: »Ich habe schon geschlossen, es kommt doch keiner mehr. Und die Wirtsleute liegen auch schon im Bett.« Dies sagte sie im Vorübergehen, blieb dann stehen und sagte mit spöttischer Betonung: »Aber deswegen brauchen Sie sich keine Hoffnungen zu machen!« Ehe ich noch antworten konnte, war sie wieder gegangen. Ich benützte die Zeit ihrer Abwesenheit, mir ganz schnell zwei, drei Gläser hintereinander aus der Flasche einzuschenken. Dann kam sie zurück, mit einer goldgeköpften Flasche in der Hand.

      Sie stellte ein Spitzglas vor sich auf den Tisch, löste den Draht geschickt mit einigen Biegungen und drehte den Korken aus der Flasche, ohne es knallen zu lassen. Der weiße Schaum troff über den Rand, sie goss rasch ein, wartete einen Augenblick und goss wieder ein. Dann hob sie das Glas zum Mund.

      »Ich trinke nicht auf Ihr Wohl«, sagte sie, »denn dann möchten Sie mit mir anstoßen, und für den Augenblick haben Sie genug getrunken.«

      Ich widersprach ihr nicht. Mein ganzer Körper war tatsächlich so von Trunkenheit erfüllt, daß sie wie ein schwärmendes Bienenvolk in ihm zu summen schien: keine Stelle war frei von ihr. Sie setzte das Glas ab, sah mich mit eingekniffenen Augen an und fragte spöttisch: »Nun, wieviel Schnäpse haben Sie sich in meiner Abwesenheit eingeschenkt? Fünf? Sechs?«

      »Nur drei!« antwortete ich und lachte. Ich kam überhaupt nicht auf die Idee, mich zu schämen, vor diesem Mädchen vergingen einem solche Gefühle vollständig.

      »Wie heißt du übrigens?«

      »Willst du öfter kommen?« fragte sie dagegen.

      »Vielleicht«, antwortete ich etwas verwirrt. »Wieso –?«

      »Wozu willst du sonst meinen Namen wissen? Für die halbe Stunde, die wir hier noch sitzen, reicht ›kleine Hübsche‹ oder wie du sonst sagst, vollkommen ...«

      »Also sag deinen Namen nicht«, rief ich, plötzlich gereizt.

      »Wie egal mir das ist!«

      Ich griff zur Flasche und schenkte mir wieder ein. Schon jetzt war mir klar, daß ich völlig betrunken war und daß ich nicht mehr weitertrinken durfte. Dennoch blieb der Hang weiterzutrinken stärker. Das farbige Gespinst in meinem Hirn verlockte mich, die nie betretenen dunklen Dickichte in meinem Innern reizten meinen Fuß; ferne rief leise nach mir eine Stimme, ich wußte nicht was, jedenfalls Lockung ...

      »Ich weiß nicht, ob ich öfter hierherkommen werde«, sagte ich hastig. »Ich kann dich nicht ausstehen, ich hasse dich, und trotzdem bin ich heute Abend zu dir zurückgekehrt. Heute früh habe ich den ersten Schnaps meines Lebens getrunken, du hast ihn mir eingeschenkt, du hast dich mit ihm eingeschlichen in mein Blut, vergiftet hast du mich! Du bist wie der Geist des Schnapses: schwebend, trunkenmachend, feil ...«

      Ich sah sie an, atemlos, selbst am meisten überrascht von diesen Worten, die aus mir sich hinausschleuderten, ich wußte nicht woher ... Sie saß mir gegenüber. Ihre Näherei hatte sie nicht wieder aufgenommen. Die Beine ohne Strümpfe in roten Schuhen hatte sie übergeschlagen, und den Rock ein wenig von den Knien zurückgeschoben. Die Beine waren etwas derb, aber lang und schön gefesselt. An der rechten Wade sah ich ein fast pfenniggroßes, braunes Muttermal – das schien mir schön. In der Hand hielt sie eine Zigarette, sie blies den Rauch breit durch die fast geschlossenen Lippen, ohne Zwinkern sah sie mich an.

      »Nur weiter, Väterchen«, sagte sie, »du entwickelst dich ... nur weiter ...«

      Ich versuchte nachzudenken. Wovon hatte ich eben noch geredet? Das Verlangen, sie zu umarmen, sie zu betasten, wurde fast übermächtig in mir. Aber ich lehnte mich fest in meinen Korbsessel zurück, ich klammerte mich mit meinen Händen an die Lehne. Plötzlich hörte ich mich dann wieder sprechen. Ich sprach ganz langsam und sehr deutlich, und doch war ich atemlos vor Erregung. »Ich bin ein Kaufmann«, hörte ich mich sagen. »Ich hatte ein recht gutes Geschäft, aber jetzt stehe ich vor dem Bankrott. Sie werden mich auslachen, alle, alle, meine Frau zuerst ... Ich habe viele Fehler gemacht, Magda wird sie mir alle vorhalten. Du weißt doch, Magda ist meine Frau ...?«

      Sie sah mich unverwandt an, mit ihrem sehr weißen, wie gepuderten Gesicht, das etwas Gedunsenes hatte; hoch und gewölbt standen in ihm über den fast farblosen Augen die dunklen Brauen.

      »Aber ich kann noch Geld herausziehen, aus dem Geschäft, ein paar tausend Mark. Ich täte es schon, um Magda zu ärgern. Magda will das Geschäft retten. Ist sie mehr als ich? Ich könnte das Geschäft verkaufen, ich weiß auch schon an wen, es ist eine ganz junge Firma. Er würde mir zehn-, vielleicht auch zwölftausend Mark dafür geben, wir würden auf Reisen gehen ... Warst du schon einmal in Paris?«

      Sie sah mich an, keine Zustimmung oder Verneinung war auf ihrem Gesicht zu lesen. Ich redete weiter, schneller, atemloser. »Ich war auch noch nicht dort«, fuhr ich fort, »aber ich habe davon gelesen. Es ist die Stadt der baumbestandenen Boulevards, der weiten Plätze, der laubigen Parks ... Als Junge habe ich ein bißchen Französisch gelernt, aber ich kam zu früh von der Schule, die Eltern hatten nicht Geld genug. Weißt du, was das heißt: ›Donnez-moi un baiser, mademoiselle‹?«

      Kein Zeichen von ihr, nicht ja, nicht nein.

      »Es heißt: ›Geben Sie mir einen Kuss, mein Fräulein.‹ Aber zu dir müßte man sagen: Donnez-moi un baiser, ma reine! Reine, das heißt Königin, und du bist die Königin meines Herzens, du bist die Königin des Giftes, das in Flaschen verkorkt wird, gib mir deine Hand, Elsabe – ich werde dich Elsabe nennen, Königin – ich will deine Hand küssen ...«

      Sie goss mir das Glas voll.

      »Da, trink das noch, und dann gehst du nach Hause. Genug – du hast genug getrunken, und ich habe genug von dir. Du kannst die Flasche Korn mitnehmen, du mußt die ganze Flasche bezahlen, zum Gaststubenpreis. Das ist kein Nepp, komm mir morgen nicht, daß ich dich geneppt habe; du hast dir selber eingeschenkt, ich weiß nicht, wieviel ...«

      »Rede nicht, Elsabe«, sagte ich prahlerisch-weinerlich. »Nie würde ich so etwas tun! Was ist Geld –!«

      »Lehre du mich die Männer kennen! Wenn ihr voll und geil seid, schreit ihr: ›Was ist Geld?‹ Und am nächsten Morgen kommt ihr mit dem Gendarmen und schreit von Nepp. Der Korn und der Sekt und meine Zigaretten – das macht zusammen ...«

      Sie nannte eine Summe.

      »Wenn es nicht mehr ist!« rief ich wieder prahlerisch und riß meine Brieftasche hervor. »Hier hast du –!«

      Ich legte ihr das Geld hin.

      »Und hier ...«, ich nahm einen Hundertmarkschein und legte ihn daneben, »der ist für dich, weil ich dich hasse und weil du mich vernichtest. Nimm ihn, nimm ihn schon. Ich will nichts von dir, gar nichts! Geh. Ich habe dich schon so im Blut, ich kann dich nie mehr besitzen, als ich dich in mir habe. Wahrscheinlich bist du öde und langweilig, du bist nicht von hier, natürlich aus irgendeiner Großstadt, wo du alles gelassen hast – das sind ja nur Reste!«

      Wir standen uns gegenüber, das Geld lag auf dem Tisch, das Licht war düster. Ich schwankte leise über meinen Füßen, die fast halb geleerte Kornflasche hielt ich am Halse in meiner Hand. Sie sah mich an.

      »Steck dein Geld ein!« sagte sie flüsternd. »Nimm dein Geld vom Tisch ... Ich will dein Geld nicht ... Geh ...«

      »Du kannst mich nicht zwingen, das Geld wieder zu nehmen, ich lasse es

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