Der Trinker. Ханс Фаллада

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Der Trinker - Ханс Фаллада

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steckte von innen, ich mühte mich, ihn im Schloss zu drehen ...

      »Du«, sprach sie dicht hinter mir, »du ...«

      Ich drehte mich um. Ihre Stimme war leise gewesen, aber voll und sanft, alles Spröde war aus ihr gewichen.

      »Du ...«, wiederholte sie, und in ihren Augen war jetzt Farbe und Licht, »du – willst du?«

      Jetzt war ich es, der sie nur schweigend ansah.

      »Zieh deine Schuhe aus, sei leise auf der Treppe, die Wirtsleute dürfen dich nicht hören. Komm, mach schnell ...«

      Schweigend tat ich, wie sie mir geheißen. Ich wußte nicht, warum ich es tat. Ich begehrte sie jetzt nicht, so begehrte ich sie nicht.

      »Gib mir die Hand!«

      Sie knipste das Licht aus und führte mich an der einen Hand, in der anderen Hand hielt ich noch immer die Kornflasche. In der Schankstube war es völlig dunkel, ich schlich ihr nach. Durch ein kleines staubiges Fenster fiel auf die verwinkelte enge Stiege Licht vom Mond. Ich schwankte, ich war sehr müde. Ich dachte an mein Bett daheim, an Elsabe, voller Wünsche an den weiten Weg nach Haus.

      Es war alles zu viel. Der einzige Trost war die Flasche Korn in meiner Hand, sie würde mir Kraft spenden. Am liebsten wäre ich stehen geblieben und hätte schon jetzt einen Schluck aus der Flasche genommen, so müde war ich. Die Stufen knarrten, die Tür zur Kammer ächzte leise, als sie geöffnet wurde. Auch in der Kammer war Mondschein. Ein Bett, das zerwühlt war, ein eiserner Waschständer, ein Stuhl, ein Kleiderrechen an der Wand ...

      »Zieh dich aus«, sagte ich leise, »ich komme dann gleich.« Und mehr zu mir: »Gibt es hier Sterne?«

      Ich trat ans Fenster, das den Blick in einen Obstgarten freigab. Ich öffnete einen Flügel; lau wie eine zarte Liebkosung kam die Frühlingsluft herein, voll von Düften und sanftem Wind. Unter dem Fenster lag das schräge Teerdach eines Schuppens.

      »Das ist gut«, sagte ich wieder leise, »dieses schräge Dach ist sehr gut ...«

      Ich konnte den Mond nicht sehen, er stand hinter dem Hausdach mir zu Häupten. Aber sein Licht erfüllte mit einem weißlichen Schein den Himmel, nur die stärksten Sterne waren zu sehen und auch sie nur matt. Ich war unzufrieden und gereizt.

      »Komm schon«, rief sie ärgerlich vom Bett her. »Mach ein bißchen schnell! Denkst du, ich brauch keinen Schlaf?!« Ich drehte mich um, ich neigte mich über das Bett. Sie lag auf dem Rücken, bis zum Halse zugedeckt. Ich streifte die Decke zurück und legte einen Augenblick mein Gesicht gegen ihre nackte Brust. Kühl und fest. Sachte atmend, kühl und fest. Es roch gut – nach Haar und Fleisch.

      »Mach doch zu!« flüsterte sie ungeduldig. »Zieh dich aus – laß den Unsinn! Du bist doch kein Schüler mehr!«

      Mit einem tiefen Seufzer richtete ich mich auf. Ich ging an das Fenster, nahm die Flasche und schwang mich hinaus auf das Schuppendach. Ich hörte einen ärgerlichen zornigen Ruf hinter mir. Aber ich ließ mich schon hinab in den Garten.

      »Besoffener alter Trottel!« rief sie oben, dann schlug das Fenster zu.

      Ich stand zwischen Büschen, ich roch den Duft des Flieders. Die Frühlingsnacht war ganz rein. Ich setzte die Flasche an den Mund und trank lange –.

      7

      Ich gehe und gehe. Ich marschiere und singe mir ein Lied dazu, eines jener Wanderlieder, die ich früher bei Ausflügen mit Magda sang. Dann humpele ich wieder lange Strecken auf schmerzenden Füßen. Ich habe mir eine Zehe an einem Stein gestoßen, mit meinen unbeschuhten Füßen ist es schlechtes Wandern. Längst sind meine Strümpfe zerrissen. Kreuze ich einen Bach, klettere die Böschung hinunter, setze mich auf einen Stein und halte die Füße ins Wasser, das mich zuerst durch seine Eiseskälte erschreckt. Dann tut es gut, und, auf einem Stein sitzend, schlafe ich ein. Ich erwache frierend, eisig, ich bin von meinem Sitz gefallen, ich wandere weiter. Je schneller ich gehe, um so länger scheint der Weg zu werden. Die Obstbäume an den Straßenrändern fliegen nur so an mir vorbei, aber ich komme nicht vorwärts. Ich weiß nicht, wo ich bin, nur sehr fern von Haus. Ich weiß nicht, wie spät es ist, aber noch ist es Nacht. Zwei Hände breit steht der Mond noch über dem Horizont. Und ich wandere. Ich wandere durch ein schlafendes Dorf. Nirgends ist mehr Licht, alle schlafen, nur ich bin noch unterwegs, ich, Erwin Sommer, Inhaber eines Landesproduktengeschäftes en gros. Nicht mehr, nicht mehr, das war einmal. Was hier wandert durch die monderfüllte Nacht, was ist das noch? Es war einmal – lange ist's her. Versunken, vorbei, fast vergessen ... Ein Hund erwacht in seiner Hütte von meinem Schlurfschritt, schlägt an, fängt an zu kläffen, andere Hunde erwachen, und nun bellt das ganze Dorf, und ich schlurfe hindurch, auf blutigen Sohlen, ein Stromer, und gestern war ich noch ... O schweig stille –! Und im Schatten des hölzernen Kirchturms bleibe ich stehen, wieder einmal hebe ich die Flasche zum Mund und trinke. Das lullt die Fragen ein, das bringt die Schmerzen zur Ruhe, das ist eine Peitsche für die nächste halbe Stunde Weg ... Aber nicht viel ist mehr in der Flasche, ich muß den kostbaren Stoff zu Rate halten. Den letzten Schluck – und er muß groß sein! – trinke ich auf der Schwelle meines Hauses, ehe ich vor Magda trete. Aber Magda schläft, ich werde ganz leise mich auf ein Sofa legen, heute nacht wird es keine Auseinandersetzung mehr geben. Und morgen? Morgen ist sehr weit, bis morgen werde ich tief, tief schlafen, ich werde alles vergessen, was heute war, ich werde wieder der Chef der Firma sein, der wohl einen kleinen Fehler begangen hat, aber der auch die Fähigkeit besitzt, die Scharte wieder auszuwetzen ... Ich habe die leere Flasche in einem Gebüsch des Gartens verborgen, nun steige ich auf meinen nackten Füßen ganz leise die Stufen zur Haustür empor. Auch das leise Öffnen des Schlosses gelingt mir leicht. Ich bin jetzt nicht mehr die Spur betrunken, obgleich ich eben erst nicht nur einen, nein, sogar zwei sehr große Schlucke Korn genommen habe – der Rest in der Flasche war größer gewesen, als ich erwartet hatte. Aber das ist nur gut, um so klarer und sicherer bin ich jetzt. Ich werde keinen Fehler begehen, niemanden werde ich wecken. Wie listig ich bin. Es zog mich ins Badezimmer, mir die blutigen Füße zu waschen, aber mein klarer Kopf erinnerte mich, daß das Rauschen der Hähne dort Magda wecken würde, und jetzt schleiche ich in die Küche. In der Küche darf ich mich waschen, neben der Küche schläft nur die kleine Else, sie meint es gut mit mir. Sie hat mich getröstet, sie ist nicht tüchtig und hart wie Magda. Ich mache Licht, ich sehe mich in der Küche um. Ich wähle eine große Emailleschüssel, und ich denke daran, im Boiler am Herd nachzusehen, ob dort noch etwas warmes Wasser ist. Das Wasser ist wirklich noch lau, ich bin stolz auf meine Tüchtigkeit, ich hole Waschseife, das Küchenhandtuch, die Geschirrtücher und eine Bürste. Dann setze ich mich auf einen Stuhl und stecke die Füße ins Wasser. Ach, wie gut das tut, wie sanft dieses laue Streicheln ist! Ich lehne mich zurück, ich schließe die Augen – wenn ich jetzt noch etwas zu trinken hätte, würde ich ganz glücklich sein. Irgend etwas fehlt immer am menschlichen Glück, ganz zufrieden werden wir nie. Ich habe den Rotwein ausgetrunken, sonst gibt es nichts zu trinken in diesem Haus. Ich muß mir gleich morgen einen Weinkeller zulegen, und ein paar Flaschen Schnaps müssen auch in ihm sein. Schnaps ist etwas sehr Gutes – wie schade, daß ich so viele Jahre versäumt habe, in denen ich hätte Schnaps trinken können – in aller Mäßigkeit natürlich. Ich lehne mich noch weiter zurück, genieße das Bad, fühle die brennenden Schmerzen nachlassen ... Und springe plötzlich auf! Das Wasser schwappt aus der Schale und überschwemmt den Fliesenboden. Aber das ist jetzt ganz egal! Eine Erleuchtung ist über mich gekommen! Natürlich haben wir noch etwas zu trinken im Haus! Hat denn nicht Magda Madeira für manche Suppen, zum Beispiel für die Ochsenschwanzsuppe? Und besitzt sie nicht Rum zum Sterilisieren ihrer Gelees? Ich weiß das doch aus den Haushaltsbüchern! Und ich laufe mit meinen nackten Füßen in die Speisekammer, ich suche, ich rieche an Flaschen, ich rieche Essig und Öl – und hier, da steht es ja: ›Fine

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