Bauern, Bonzen und Bomben. Ханс Фаллада

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Bauern, Bonzen und Bomben - Ханс Фаллада

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Jüngere ist weiß geworden, aus Kränkung, Ärger, Schreck. Aber er kann sich beherrschen. »Ich bitte Sie, Herr Kalübbe, was habe ich gesagt, daß Sie derart erregt sind!

      »Wenn ich schon so etwas höre! Die Pistole parat!! Wollen Sie unter die Bauern mit einer Pistole gehen? Ich habe Frau und drei Kinder.«

      »Aber ich bin heute früh noch einmal vom Finanzrat über den Gebrauch der Waffe belehrt worden.«

      Kalübbe ist ganz Verachtung. »Der! Sitzt hinter seinem Schreibtisch. Kennt nur Papier. Einen Tag sollte er hier draußen mit mir pfänden gehen, nach Poseritz oder Dülmen oder auch heute nach Gramzow –: er würde keine Belehrungen mehr erteilen!!«

      Kalübbe grinst schadenfroh schon bei dem Gedanken, daß der Herr Finanzrat ihn bei seinen Pfändungsgängen begleiten könnte.

      Plötzlich lacht er. »Da, ich werde Ihnen was zeigen.« Er holt aus der Gesäßtasche seine Pistole, richtet sie auf den Kollegen.

      »Machen Sie keine Geschichten«, ruft der und springt zur Seite.

      Kalübbe drückt los. »Sehen Sie: nichts! Gar nicht geladen. Das halte ich von dieser Art Schutz.«

      Er steckt seine Pistole wieder ein. »Und nun geben Sie mir Ihre.« Er zieht den Lauf kräftig zurück, wirft Patrone auf Patrone aus. Der Junge sammelt sie schweigend auf. »Stecken Sie die Dinger in die Westentasche und geben Sie sie heute Abend dem Finanzrat zurück. Das ist meine Belehrung über den Waffengebrauch, Thiel.«

      Thiel hat auch Stock und Mantel und Tasche schweigend aufgehoben und reicht alles dem Kollegen. Sie gehen weiter. Kalübbe sieht über die Wiesen, die von Hahnenfuß gelb, von Schaumkraut weißrosa sind. »Sehen Sie, Thiel, Sie müssen mir das nicht übelnehmen. Kommen Sie, geben Sie mir Ihre Hand. – Das ist recht. Alle, die ihr dort drinnen sitzt auf dem Finanzamt, ihr habt ja keine Ahnung, was das heißt, hier draußen Dienst tun.

      Habe mich auch gefreut, als ich Vollstreckungsbeamter wurde. Nicht nur die Diäten und die Bewegungsgelder. Ich kann sie wahrhaftig brauchen mit der Frau und den drei Kindern. Sondern draußen sein, hier, an einem Frühlingstag und alles ist frisch und lebendig. Nicht so bloß Steine. Und man geht durch.

      Und jetzt – jetzt ist man der schändlichste, schmählichste Dreck am Stecken des Staates.«

      »Herr Kalübbe, Sie, der so gelobt werden!«

      »Ja, die drinnen! Wenn ein Bauer zu euch kommt und wenn zehn Bauern zu euch kommen, so sind es Bauern in der Stadt. Und wenn sie wirklich einmal frech werden, wie ihr es nennt, so seid ihr viele. Und hinter der Barre. Und der Fernsprecher zur Polizei an der Wand.

      Hier aber, wo wir jetzt gehen, da hat der Bauer gesessen vor hundert Jahren und vor tausend Jahren. Hier sind wir die Fremden.

      Und ich gehe mit meiner Aktentasche und mit meinen blauen Piepmatzmarken ganz allein zwischen ihnen herum. Und ich bin der Staat, und wenn es gut geht, nehme ich ihnen eine Ecke von ihrem Stolz und die Kuh aus dem Stall, und geht es schlimm an, dann mache ich sie heimatlos, wo sie seit tausend Jahren saßen.«

      »Können sie denn wirklich nicht zahlen?«

      »Manchmal können sie nicht und manchmal wollen sie nicht. Und in letzter Zeit wollen sie überhaupt nicht. – Sehen Sie, Thiel, es sind immer reiche Bauern gewesen, sie haben immer aus dem Vollen gelebt, und nun will es ihnen nicht eingehen, daß sie Fastenbrot essen müssen. Und dann sollen sie ja auch nicht richtig rationell wirtschaften ...

      Aber was verstehen wir davon? Es geht uns nichts an. Was gehen uns die Bauern an! Sie essen ihr Brot und wir essen unseres. Aber was mich angeht, das ist, daß ich zwischen ihnen umhergehe wie ein unehrlicher Mensch, wie ein Hurenmädchen mit dem Rädchen auf dem Arm, vor dem sie alle ausspucken, mit dem keiner an einem Tisch sitzen mag.«

      »Halt! Einen Augenblick!« ruft Thiel und hält den Kollegen am Arm. Im Staub sitzt ein Schmetterling, ein braunbuntes Pfauenauge mit zitternden Flügeln. Seine Fühler bewegen sich tastend in der Sonne, im Licht, in der Wärme.

      Und Kalübbe zieht den Fuß zurück, der schon über dem Tier schwebte. Zieht ihn zurück und bleibt stehen, sieht hinab auf den beseelten farbigen Staub.

      »Ja, auch das gibt es, Thiel«, sagt er erleichtert. »Weiß Gott, Sie haben recht. Auch das gibt es. Und manchmal wird der Fuß zurückgezogen. – Und nun bitte ich Sie nur um eines.«

      »Ja?« fragt Thiel.

      »Sie sind eben der Beherrschte gewesen und ich der Schreier. Mag angehen, daß sich heute noch einmal unsere Rolle ändert. Dann denken Sie daran, daß Sie jede Schmähung, jede Beleidigung ohne Widerspruch ertragen müssen, hören Sie, müssen. Daß ein guter Vollstreckungsbeamter keine Strafanträge wegen Beleidigung stellt, sondern vollstreckt. Daß Sie nie die Hand heben dürfen, selbst wenn ein anderer die Hand hebt. Es gibt immer zu viel Zeugen gegen Sie. Es gibt nur Zeugen gegen Sie. Wollen Sie daran denken? Wollen Sie mir das versprechen?«

      Thiel hebt die Hand.

      »Können Sie es auch halten?«

      »Ja«, sagt Thiel.

      »Dann also: gehen wir dem Päplow in Gramzow seine beiden Ochsen versteigern.«

       2

      Die Uhr geht auf elf. Es ist immer noch Vormittag, und die beiden Finanzbeamten haben sich eben die Hand gegeben auf der Chaussee nach Gramzow.

      Im Krug von Gramzow ist es drangvoll. Alle Tische sind besetzt. Die Bauern sitzen vor Bier und Grog, auch die Schnapsgläser fehlen nicht. Aber es ist fast still im Gastzimmer, kaum ein Wort wird laut. Es ist, als horchten alle nach hinten.

      Hinten in der Wirtsstube sitzen auch Bauern, um den Tisch mit der Häkeldecke unter dem Nussbaumregulator. Sieben Bauern sitzen dort, einer steht an der Tür, der achte. Im Sofa sitzt hinter seinem Grog ein Langer mit scharfgeschnittenem Gesicht voll unzähliger Falten, mit kalten Augen und schmalen Lippen. »Also«, spricht er und bleibt sitzen, »ihr, eingesessene Bauern von Gramzow, habt gehört, was der Bauer Päplow vorzubringen hat gegen den Entscheid des Finanzamtes in Altholm. Wer für ihn ist, hebe die Hand. Wer gegen den Bauern ist, lasse sie ungekränkt unten. Jeder tue, wie ihm dünkt, aber nur, wie ihm dünkt. – Stimmt ab.«

      Sieben Hände erheben sich.

      Der lange Bartlose steht aus dem Sofa auf. »Stoß die Tür auf, Päplow, zum Gastzimmer, daß alle hören. Ich verkünde den Beschluss der Bauern von Gramzow.«

      Die Tür geht auf und im gleichen Augenblick erheben sich die Bauern draußen. Der Lange fragt durchs Lokal zu einem weißbärtigen Bauern an der Außentür: »Sind die Wachen besetzt?«

      »Sie sind besetzt, Vorsteher.«

      Der Lange fragt nach der Tonbank mit dem kleinen wieselartigen Wirt: »Ist kein Weibervolk in der Nähe, Krüger?«

      »Kein Weibervolk, Vorsteher.«

      »So verkünde ich, der Gemeindevorsteher Reimers von Gramzow, den Beschluss der Bauernschaft, gefaßt von ihren erwählten Vertretern:

      Es liegt ein Entscheid des Finanzamtes Altholm vom 2. März vor gegen den Bauern Päplow, daß er zu zahlen hat an rückständiger Einkommensteuer aus dem Jahre 1928 vierhundertunddreiundsechzig Mark.

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