Krieg und Frieden. Лев Толстой

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Krieg und Frieden - Лев Толстой

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»Nummer zwei«, quiekte er.

      Bagration rief den Offizier zu sich, und Tuschin kam schüchtern, mit ungeschickten Bewegungen. Er grüßte nicht militärisch, sondern so, wie ein Geistlicher den Segen erteilt. Obgleich Tuschins Geschütze dazu bestimmt waren, die Schlucht zu bestreichen, schoß er doch mit Brandgranaten nach dem vor ihm liegenden Dorf Schöngraben, vor welchem sich große Massen von Franzosen bewegten.

      Niemand hatte Tuschin befohlen, wohin und womit er schießen solle. Er hatte sich mit seinem Feldwebel beraten, zu dem er großes Zutrauen hatte, und beschlossen, es sei am besten, das Dorf in Brand zu schießen.

      »Gut«, sagte Bagration auf die Meldung des Offiziers und überblickte nachdenklich das Schlachtfeld. Zur rechten Seite rückten die Franzosen vor, unter der Anhöhe, auf welcher das Kiewsche Regiment stand, am Flussufer hörte man das unaufhörliche Knattern des Gewehrfeuers, und noch weiter rechts, hinter den Dragonern, zeigte ein Adjutant dem Fürsten eine französische Kolonne, welche unsern Flügel umging. Zur linken wurde die Aussicht durch den nahen Wald begrenzt. Fürst Bagration ließ zwei Bataillone in die Schanze zur Rechten rücken. Der Adjutant erlaubte sich zu bemerken, daß durch das Abrücken dieser Bataillone die Geschütze ohne Bedeckung blieben. Fürst Bagration wandte sich um und blickte den Adjutanten schweigend mit trüben Augen an. Fürst Andree hielt diese Bemerkung des Adjutanten für richtig, aber in diesem Augenblick kam ein Adjutant des Regiments, das im Hohlweg stand, mit der Nachricht, starke Massen von Franzosen hätten das Regiment erschüttert und es habe sich zu den Kiewschen Grenadieren zurückgezogen. Bagration nickte zustimmend, ritt im Schritt nach rechts und sandte den Adjutanten zu den Dragonern mit dem Befehl, die Franzosen anzugreifen. Nach einer halben Stunde aber kam der Adjutant zurück mit der Nachricht, die Dragoner hätten sich bereits auf die andere Seite des Hohlwegs zurückgezogen, weil sie durch das feindliche Feuer starken Verlust erlitten hätten.

      Während Bagration von der Batterie zurücktrat, hörte man auch links im Walde Schüsse, und da es zu weit bis zur linken Flanke war, sandte Fürst Bagration seinen Ordonnanzoffizier Scherkow mit dem Auftrag an den General, sich so schnell als möglich hinter den Hohlweg zurückzuziehen, weil die rechte Flanke wahrscheinlich nicht imstande sein werde, sich lange gegen den Feind zu halten. Tuschin und das Bataillon, das ihm zur Bedeckung diente, wurde vergessen.

      Fürst Andree hörte aufmerksam auf die Gespräche Bagrations mit dem Anführer und auf die ihm erteilten Befehle, und bemerkte zu seinem Erstaunen, daß keine Befehle erteilt wurden und daß Fürst Bagration sich nur das Ansehen zu geben suchte, als ob alles nach den Erfordernissen des Augenblicks und nach dem Willen des Befehlshabers geschehe, daß alles, wenn nicht auf seinen Befehl, so doch im Einklang mit seinen Absichten geschehe. Dank dem Takt des Fürsten Bagration bemerkte Fürst Andree, daß ungeachtet der Zufälligkeiten und ihrer Unabhängigkeit vom Willen des Oberbefehlshabers seine Anwesenheit eine außerordentlich große Wirkung hatte. Die Befehlshaber, welche dem Fürsten Bagration mit ratlosen Gesichtern entgegenritten, wurden ruhig, die Soldaten und Offiziere begrüßten ihn fröhlich, lebten auf in seiner Gegenwart.

      39

      Als Fürst Bagration den höchsten Punkt unserer rechten Flanke verließ, ritt er in den Grund hinab, von wo heftiges Feuer gehört wurde und vor Pulverrauch nichts zu sehen war. Je näher sie dem Hohlweg kamen, desto weniger war zu sehen, desto deutlicher aber wurde die Nähe des wirklichen Schlachtfeldes. Verwundete kamen ihnen entgegen; einer derselben mit blutigem Kopfe, ohne Mütze, wurde von zwei Soldaten unter dem Arme geführt. Dann kam ihnen eine Gruppe Soldaten entgegen, unter denen sich auch Nichtverwundete befanden. Sie gingen schweratmend den Berg hinauf, und ohne sich um den Anblick des Generals zu kümmern, schwatzten sie laut mit heftigen Gesten. In kurzer Entfernung wurden im Pulverrauch schon die Reihen grauer Mäntel sichtbar, und als der Offizier Bagration erblickte, lief er mit Geschrei den Soldaten nach und forderte sie auf, umzukehren. Bagration ritt zu den Reihen, von welchen bald da, bald dort rasche Schüsse knatterten, welche das Gespräch und die Kommandorufe übertönten. Die ganze Luft war mit Pulverdampf erfüllt. Auf wen die Soldaten mit aufgeregten Gesichtern schossen, war nicht zu erkennen. Ziemlich oft hörte man ein leichtes Summen und Pfeifen.

      »Was ist das?« dachte Fürst Andree, indem er auf die Gruppe Soldaten zuritt. »Das kann nicht die Plänklerkette sein, weil sie in einem Haufen stehen, aber es kann auch kein Angriff sein, weil sie sich nicht vorwärts bewegen, und ebensowenig ein Karree.«

      Der hagere, schmächtige, greisenhaft aussehende Oberst ritt mit freundlichem Lächeln dem Fürsten Bagration entgegen und empfing ihn wie ein Wirt einen teuren Gast. Er meldete dem Fürsten Bagration, daß die französische Kavallerie sein Regiment angegriffen habe, und daß das Regiment mehr als die Hälfte seiner Mannschaft verloren habe, obgleich dieser Angriff abgeschlagen worden sei.

      Obgleich uns der Oberst dies meldete, wußte er doch in Wirklichkeit selbst nicht, was während dieser halben Stunde vorgegangen war und ob wirklich der Angriff abgeschlagen oder ob sein Regiment durch denselben zersprengt worden sei. Er wußte nur, daß im Anfang des Gefechts von allen Seiten Granaten auf sein Regiment zuflogen und Leute fielen, daß dann jemand rief: »Kavallerie!« und die Unsrigen zu schießen begannen. Sie schossen aber jetzt nicht mehr auf Reiterei, sondern auf Infanterie, welche sich im Hohlweg zeigte und nach den Unsrigen schoß.

      Fürst Bagration nickte mit dem Kopfe, zum Zeichen, daß alles so gekommen sei, wie er gewünscht und vermutet habe. Dann gab er dem Adjutanten Befehl, zwei Bataillone des sechsten Regiments vom Berge herabzuführen, an dem sie vorübergeritten seien. Fürst Andree war erstaunt über die Veränderung, welche im Gesicht des Fürsten Bagration vorgegangen war. Sein Gesicht zeigte jene Sammlung und fröhliche Entschlossenheit eines Menschen, welcher an einem heißen Tag sich ins Wasser stürzen will. Seine Adleraugen blickten triumphierend und etwas verächtlich nach dem Feinde hinüber.

      Der Oberst bat den Fürsten Bagration zurückzugehen, da es hier zu gefährlich sei, und der Generalstabsoffizier vereinigte seine Bitten mit denen des Obersten. Aber Bagration gab keine Antwort und befahl nur, das Feuer einzustellen und eine solche Stellung einzunehmen, daß die beiden heranrückenden Bataillone Raum zum Durchgang finden konnten. Während er noch sprach, wurde, wie von einer unsichtbaren Hand, zur Rechten der Nebelschleier gelüftet, welcher den Hohlweg verbarg, und die gegenüberliegende Anhöhe mit den heranrückenden Franzosen wurde sichtbar. Man sah schon die Mützen der Soldaten, man konnte schon die Offiziere unterscheiden. Schon trat die Spitze der Kolonne in den Hohlweg ein, ein Zusammenstoß mußte auf dieser Seite des Abhangs stattfinden.

      Die Reste unseres Regiments zogen sich rasch nach rechts zusammen, hinter ihnen kamen lebhaft die beiden Bataillone des sechsten Jägerregiments hervor. Ehe sie an Bagration vorüberkamen, hörte man den schweren Schritt einer großen Masse. Voraus ging ein Hauptmann mit rundem Gesicht und naivem, vergnügtem Gesichtsausdruck, derselbe, welcher aus der Marketenderhütte davongelaufen war. Augenscheinlich dachte er eben nur daran, wie er in imponierender Haltung bei dem Oberbefehlshaber vorübergehen werde. Eine Kanonenkugel flog pfeifend über Bagrations Kopf weg und schlug in die Kolonne ein.

      »Schließt die Glieder!« rief der Hauptmann. Die Soldaten umgingen die Stelle, wo die Kugel gefallen war, und ein alter Unteroffizier, welcher bei den Gefallenen zurückgeblieben war, holte sein Glied wieder ein, wechselte hustend den Schritt und blickte sich grimmig um.

      Bagration grüßte die Truppen mit einem ermunternden Zuruf, welcher von den Truppen beantwortet wurde. Dann wurde befohlen, Halt zu machen und die Tornister abzunehmen.

      Bagration stieg vom Pferde, gab die Zügel einem Kosaken, nahm den Mantel ab, streckte die Beine und zog die Mütze fester auf den Kopf. Jetzt wurde die französische Kolonne mit Offizieren an der Spitze sichtbar.

      »Mit Gott!« sagte Bagration mit fester, weithin hörbarer Stimme, wandte sich einen Augenblick der Front zu, winkte leicht mit

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