Junger Herr ganz groß. Ханс Фаллада

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      LUNATA

Junger Herr – ganz groß

      Junger Herr – ganz groß

      © 1943 Hans Fallada

      1943 erstmals erschienen unter dem Titel

       Der Jungherr von Strammin

      Umschlagbild: Landesarchiv Berlin

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Ich fahre mit vierhundert Zentnern Weizen nach Stralsund und komme ohne ein Pfund dort an

       Ich verliebe mich vom Fleck weg in die schöne Unbekannte und gerate in tausend neue Schwierigkeiten

       Ich erfahre Catrionas Geschichte und setze sie auf einer Insel aus

       Ich komme zu Geld, verliere Bessy und habe eine Auseinandersetzung mit Onkel Gregor

       Ich wohne einem Kampf bei, soll festgenommen werden und gewinne einen Bundesgenossen

       Ich segle mit dem Professor nach Hiddensee und werde von ihm aus dem Sattel geworfen

       Ich muß mich von Catriona trennen, treffe Bessy und gerate in die Hände des Raubolds

       Ich werde Schloßherr auf Ückelitz und mache meinerseits einen Gefangenen. Viele neue Überraschungen

       Ich verzanke mich mit Mama, erschrecke sehr über den Raubold und bringe Catriona wider Willen nach Ückelitz

       Ich verbringe die schlimmste Nacht meines Lebens, erwache aber recht angenehm

       Ich richte mich häuslich auf Ückelitz ein, werde gequält und getröstet. Ein Blitz aus heiterem Himmel

       Ich kämpfe gegen Major von Brandau, erhalte einen wichtigen Auftrag und werde durch Mama überlistet. Meine Verzweiflung

       Ich kühle mich ab, Bessy und Meister Licht helfen, und ich gehe auf meine Reise ins Ungewisse

       Ich reise mit Gregor und werde bestohlen. Mein Glück und meine schreckliche Niederlage. Alles verloren!

       Es kommt alles zu einem Ende – und geht weiter, wie es sich gehört

      Ich fahre mit vierhundert Zentnern Weizen nach Stralsund und komme ohne ein Pfund dort an

      Es war ganz feierlich. Auf dem Hof hielten hintereinander die zwanzig vierzölligen Ackerwagen, jeder bis oben beladen mit prallen Weizensäcken und jeder bespannt mit vier Füchsen, mit jenen prachtvollen Füchsen, die unser Familiengut Strammin weit über Pommern hinaus berühmt gemacht haben. Auf der Freitreppe aber stand mein lieber Papa und hatte eben vor lauter Rührung und Aufgeregtheit zum dritten Mal sein Einglas verloren. Und hinter Papa stand Mama, rückte ihr Häubchen noch schiefer und murmelte immer wieder: »Oh quel grand moment! Mademoiselle Thibaut, mon cachenez!«

      Während Madeleine Thibaut der Mama das Taschentuch aus dem großen Pompadour reichte, warf sie, nämlich die kleine Thibaut, mir einen ihrer raschen verführerischen Blicke zu und feuchtete dabei schnell ihre Lippen mit der spitzesten Zunge an – als dürfe sie sich heute früh erlauben, was ich ihr schon zehnmal verboten hatte, nämlich das Poussieren mit mir, dem Jungherrn von Strammin.

      Nein, es war wirklich schon gar zu albern und gar nicht mehr feierlich! Es stimmte wohl: auf den Wagen waren unsere letzten vierhundert Zentner Weizen, und wir brauchten den Erlös dafür recht nötig. Und es stimmte weiter, wir hatten bis zum Stralsunder Hafen achtundzwanzig Kilometer zu fahren, und unser Käufer, der Käptn Ole Pedersen der kleinen schwedischen Brigg Svionia, war trotz seiner silbernen Ohrringe ein höchst zweifelhafter Bursche und würde alles versuchen, mich um den Kaufpreis zu prellen. Und zum dritten war es richtig, daß ich zum erstenmal in meinem Leben eine derartige Aufgabe zu erfüllen hatte, weil nämlich unser Inspektor Hoffmann mit einem gebrochenen Bein im Bett lag.

      Aber dies war mir nun doch zu viel! Schließlich war ich kein barer Säugling mehr, sondern schier dreiundzwanzig Jahre alt, Erbherr auf, zu und von Strammin, so gut wie verlobt und Besitzer eines vielversprechenden rotblonden Bärtchens (und verdammt vieler Sommersprossen). Außerdem war unser liebes Stralsund kein Ort, wo die Ottern und der Rost hausen, oder wie es sonst in der Schrift heißt, sondern eine gute, alte, ehrbare Hafenstadt, voll tugendsamer Bürger, die einem Strammin in jeder Not beistehen würden.

      So rief ich denn mit gewaltiger Stimme über den Hof: »Junghanns, abfahren!«, und der Vorspänner Junghanns knallte mit der Peitsche, seine Füchse warfen die Köpfe und legten sich in die Sielen: knarrend setzte sich der Vierzöller in Bewegung. Und der nächste Knecht knallte mit seiner Peitsche und der dritte, der siebente, der zehnte, der fünfzehnte: donnernd fuhr ein Gespann nach dem anderen durch die gewölbte Torfahrt, achtzig Füchse, einer wie der andere. Und alle Knechte fuhren vom Sattel aus und sahen genauso stattlich und zuverlässig aus wie ihre Gäule. Stolz erfüllte wieder einmal mein Herz auf unser Rittergut Strammin, und ich wußte, die Knechte waren ebenso stolz wie ich, und ich bin überzeugt, selbst die Füchse waren stolz darauf, die schweren Weizenwagen für ein solches Gut ziehen zu dürfen.

      »Wenn es euch recht ist, Mama, Papa«, sagte ich und machte eine kleine, scherzhafte Verbeugung, »so wird sich euer Aushilfsinspektor jetzt auf die Strümpfe machen.« Und ich winkte mit den Augen dem Stallburschen, der meinen Reitfuchs Alex am Fuß der Freitreppe auf und ab führte.

      »Du hast völlig Zeit, noch eine Tasse Tee mit uns zu trinken, Lutz«, sagte Mama.

      »Und noch mehr Ermahnungen anzuhören, nein, ich danke schön!« rief ich. Aber als ich ihr Gesicht sah, bereute ich, was ich eben gesagt. »Oh, verzeihe mir, Mama«, sagte ich schnell, »das war eben sehr ungezogen von mir. Aber ich glaube, ich mache mich jetzt wirklich auf meine Reise. Alex wird schon recht unruhig. Aber ich verspreche dir, ich werde nur im ›Halben Mond‹ am Markt logieren, ich werde mit keinem Unbekannten trinken, kein junges Mädchen anschauen. Ich werde das Geld keine Minute von mir lassen –«

      »Ich weiß, ich weiß«, antwortete Mama, schon wieder ganz versöhnt. »Den besten Willen hast du. Wenn du nur nicht gar so sehr ein Strammin wärest –«

      »Und was fehlt den Strammins?« fragte Papa kampflustig. »Was hast du an den Strammins

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