Knallhart aufs Kreuz gelegt: Zwei Kriminalromane. Cedric Balmore
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Rocco würde stolz auf sie sein, davon war sie überzeugt. Er konnte fast jedes Mädchen haben, das er begehrte, aber er würde kaum eines finden, das wie sie war: Furchtlos und mutig, zu allem bereit, wenn es darum ging, Rocco Grandinis Wohlgefallen zu sichern.
Das Telefon schwieg.
Irgendwo tropfte ein Wasserhahn. Gloria bekam plötzlich heftigen Durst, sie wünschte die Trockenheit in ihrem Mund zu beheben. Bestimmt hatte Zolman Bier und Fruchtsaft in seinem Kühlschrank.
Das Apartment bestand, wie Gloria aus dem Lageplan wusste, den Rocco ihr vorgelegt hatte, aus diesem Zimmer, einer winzigen Küche und dem kleinen Bad. Die Küche war mit einem schmalen, zum Hof weisenden, Balkon verbunden.
Gloria löste ihr Ohr von der Türfüllung und wandte sich um. Durch die geschlossenen Übergardinen sickerte genügend Licht in den Raum, um sich orientieren zu können. Sie ging auf die Tür zu, hinter der sich die Küche befand und erstarrte, als sie sah, wie sich diese Tür öffnete, ganz langsam, wie von Geisterhand bewegt.
Gloria hielt immer noch die Pistole in ihrer Hand, sie war also in der Lage, sich zu verteidigen, aber ihr fast tödliches Erschrecken, dieses plötzliche Grauen, das sich mit der vor ihren Augen öffnenden Tür verband, legte sich wie eine Tonnenlast auf ihr Reaktionsvermögen, sie stand einfach da, mit hämmerndem Herzen, und starrte auf die Tür und das, was gleich in ihrem Rahmen sichtbar werden musste.
Sie sah nichts.
Hinter dem Türrahmen staute sich tiefe Dunkelheit, aber aus dieser Rabenschwärze kam eine Stimme, eine dunkle, sehr spöttisch klingende Männerstimme.
„Hallo, Süße“, sagte die Stimme. „Wenn du es nötig hast, Strom zu sparen, solltest du zu mir ziehen. Ich bin bekannt für ein zündendes Wesen, ich biete dir das Feuerwerk, das du brauchst.“
3
„Blond“, sagte Rocco Grandini genießerisch, „ist keine Farbe. Es ist ein Zustand. Nur wenige erreichen ihn, und es wäre falsch, zu glauben, dass er sich verallgemeinern lässt. Aber die richtige Blondine, die, die ich bei meinen Worten im Auge habe, verbindet stolze Kühle mit sinnlicher Glut. Ein Mädchen wie Gloria zum Beispiel. Kennst du sie? Gloria Henderson...“
„Nie gehört“, sagte Tony Cantrell und zog sich die Boxhandschuhe über. Er war es gewohnt, sich zu schlagen, aber das von Grandini erbetene Sparring war nicht ganz nach seinem Geschmack, er fand es irgendwie überflüssig. Schließlich hatte Grandini genügend Geld und Beziehungen, um sich für seine Boxambitionen die passenden Sparringpartner zu leisten.
Tony Cantrell hatte Grandini vor einem halben Jahr in Miami Beach kennengelernt, eher zufällig, beim Surfing. Grandini hatte dabei eine blendende Figur gemacht, das war er sich und seinem Ruf als Golfchampion, Rennfahrer und Playboy einfach schuldig, aber er hatte niemals damit geprahlt; er gehörte zu den Leuten, die sich im Understatement gefielen, die Großes gleichsam aus dem Handgelenk schüttelten und darauf verzichteten, dafür Beifall einzuheimsen. Natürlich bekam Grandini diesen Applaus, besonders von den Mädchen, die er ständig um sich hatte. Aber er schien sich nichts daraus zu machen, Erfolg war für ihn eher Last als Vergnügen, jedenfalls schaffte er es mühelos, sich in dieser Weise darzustellen.
„Kann’s losgehen?“, fragte Grandini und schlug die Boxhandschuhe klatschend ineinander. Dann wandte er den Kopf. „Du übernimmst den Gong, Baby.“
Das „Baby“, dem seine Worte galten, war neunzehn Jahre alt und entsprach in etwa der überschwänglichen Schilderung, die Grandini soeben von Gloria Henderson gegeben hatte. Sie war kühl und blond, aber wer sie näher betrachtete, spürte genau, dass sich hinter der stolzen Kurve ihres schönen, vollen Mundes nicht nur Arroganz und Ehrgeiz, sondern auch Leidenschaft und Lebenslust verbargen.
Grandini hatte ihm das Mädchen als Daniela Shoppard vorgestellt. Er nannte sie Dany. Sie trug einfache, blaue Jeans und ein knallrotes T-Shirt mit dem Aufdruck Grandini, wobei ihre Brüste es mühelos schafften, den Namen grotesk zu verformen.
„Gong!“, sagte sie laut.
Die Männer tänzelten aufeinander los. Sie waren ungefähr im gleichen Alter, auch die körperlichen Anlagen ähnelten sich; schmale Hüften und breite Schultern, dazu kräftige Muskelpakete, aber nicht zu viel davon, der Gesamteindruck blieb harmonisch, fast elegant, alles an ihnen schien zu stimmen, sie sahen aus wie Bilderbuchathleten, aber weder Grandini noch Cantrell hatten jemals versucht, sich als Profis zu bewähren.
Für Tony Cantrell, dem Anwalt und Privatdetektiv aus Passion, war Boxen eher ein notwendiges Übel, eine Körperertüchtigung, die sich oft genug als brauchbare Verteidigungswaffe erwies. Für Grandini, der es sich leisten konnte, von seinem Geld zu leben, war der Faustkampf eher Selbstbestätigung und Spiel, ein Spiel, das er natürlich stets zu gewinnen versuchte.
Sie hatten auf den üblichen Kopfschutz verzichtet und waren entschlossen, die Regeln der Fairness zu respektieren. Sie hatten sich vorher wiederholt versichert, dass das Ganze nur eine Übung sei, ein freundschaftliches Messen der Kräfte.
Tony Cantrell begriff schon nach dem ersten, flüchtigen Schlagabtausch, dass es mehr war.
Er verübelte es dem Freund nicht, dass der beim Kampf Energie und Ehrgeiz entwickelte, das war einfach Rocco Grandinis Lebensstil. Cantrell antwortete dem Hausherrn mit den gleichen Waffen, auch darin lag keine Bosheit, es gehörte einfach zum Kampf, zur inneren Einstellung und zum Lebensbild.
Das Mädchen schaute ihnen fasziniert zu.
Sie hielt eine große Stoppuhr in der Hand. Grandini hatte vorgeschlagen, die Rundenzeiten auf zwei Minuten zu begrenzen und nach der sechsten Runde Schluss zu machen, es sei denn, das Sparring würde durch einen unbeabsichtigten Niederschlag beendet werden.
Tony Cantrell war damit einverstanden gewesen. Er wurde schnell warm, der Fight machte ihm Spaß. Er konzentrierte sich auf seine solide Technik, auf seine Beinarbeit und auf die Verlässlichkeit seiner Deckung.
Es entsprach Grandinis etwas aggressiver Auffassung, dass er ständig vorwärts marschierte. Er schlug hart und genau, traf aber meistens nur die abblockenden Handschuhe des Gegners.
Cantrell entdeckte eine Lücke in Grandinis musterhaft pendelnden Fäusten und schoss die Rechte ab. Sie kam voll durch, traf den Punkt und holte Grandini von den Beinen.
Grandini landete mitten im Ring.
Er blinzelte verdutzt und konnte nicht begreifen, dass er schon nach knapp einer Minute so entscheidend getroffen worden war.
„Tut mir leid, Rocco“, sagte Cantrell. „Ich hoffe, ich habe dir nicht wehgetan?“
Grandini schüttelte den Kopf, dann stemmte er sich grinsend hoch. „Meine Schuld, Tony“, sagte er. „Ich habe dich unterschätzt. Machen wir weiter?“
„Ich würde lieber einen trinken“, sagte Cantrell.
„Einverstanden, du bist sowieso zu gut für mich“, meinte Grandini.
Cantrell lächelte. Das war fabelhaft an Grandini. Erfolg und Gewinn waren sein Lebenselixier, aber er konnte auch verlieren, ohne die Contenance aufzugeben.
Das Mädchen zog den Männern die Handschuhe aus. Zehn Minuten später trafen sie sich in Grandinis großem, elegant möbliertem