Knabenalter. Лев Толстой

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Knabenalter - Лев Толстой страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Knabenalter - Лев Толстой

Скачать книгу

Geräusch des herabstürzenden Regens. An den Bewegungen der Ellenbogen Wassilijs merke ich, daß er den Geldbeutel aufbindet; der Bettler läuft, sich unaufhörlich bekreuzigend und verneigend, dicht neben den Rädern her, so daß er jeden Augenblick überfahren werden kann. »Gib, um Chri – isti willen!« Endlich fliegt eine Kupfermünze an uns vorüber, und das erbarmungswürdige Geschöpf in dem die mageren Glieder umschließenden, bis auf den letzten Faden nassen, groben Hemd bleibt, vom Sturm hin und her geworfen, wie im Zweifel mitten auf der Straße stehen und entschwindet meinen Blicken.

      Der schräg fallende Regen strömte, von starkem Winde getrieben, wie aus Kübeln; von Wassilijs mit langhaarigem Wollmantel bedecktem Rücken rieselten Bäche in die Pfütze trüben Wassers, die sich auf der Lederdecke gebildet hatte. Der zuerst zu Kügelchen zusammengeballte Straßenstaub verwandelte sich in flüssigen Schmutz, den die Räder kneteten; die Stöße wurden schwächer, und in den lehmigen Radspuren flössen trübe Bächlein. Die Blitze wurden breiter und blasser und das Rollen des Donners wurde durch das gleichmäßige Geräusch des Regens gedämpft.

      Jetzt wird der Regen schwächer; die Gewitterwolke zerteilt sich allmählich in wellenförmige Wölkchen, wird an der Stelle, wo die Sonne stehen muß, heller und heller, und durch ihre grauweißen Ränder schimmert kaum bemerkbar ein Fleckchen klaren, blauen Himmels. Eine Minute später spiegelt sich bereits ein schüchterner Sonnenstrahl in den Pfützen der Landstraße, in den Streifen des wie durch ein Sieb senkrecht fallenden, feinen Regens und in dem abgewaschenen, glänzenden Grün des Straßengrases. Die schwarze Gewitterwolke bedeckt nun ebenso drohend wie zuvor die entgegengesetzte Seite des Himmelsgewölbes, aber ich fürchte sie nicht mehr. Ich empfinde ein unbeschreiblich wonniges Gefühl der Lebensfreude, welches das drückende Angstgefühl in mir schnell ablöst. Meine Seele lächelt mit der erfrischten, heiteren Natur. Wassilij schlägt den Mantelkragen zurück, nimmt die Mütze ab und schüttelt die Regentropfen herunter; Wolodja schiebt die Lederdecke fort; ich beuge mich aus dem Wagen und atme gierig die erfrischte, wohlriechende Luft ein. Das glänzende, rein gewaschene Verdeck der Kutsche mit dem Koffergestell und dem Reisegepäck schwankt vor uns her, die Rücken der Pferde, das Geschirr, die Leine, die Radreifen – alles ist naß und glänzt in der Sonne wie mit Lack überzogen. Auf der einen Seite der Straße erstreckt sich – hier und da durch kleine Schluchten unterbrochen – ein von Feuchtigkeit und Grün leuchtendes, unübersehbares Feld mit Wintergetreide wie ein dichter Teppich bis an den Horizont; auf der andern Seite steht ein Wäldchen von Zitterpappeln, mit Unterholz von Haselnusssträuchern und Faulbäumen, wie im Überschwang des Glückes regungslos da und läßt langsam die hellen Regentropfen von seinen reingewaschenen Zweigen auf das dürre Laub des Vorjahres fallen. Überall kreisen die schopfköpfigen Lerchen mit fröhlichem Liede und schießen schnell aus der Luft herab; im nassen Gebüsch hört man das geschäftige Treiben der kleinen Vögel, und mitten aus dem Wäldchen heraus klingt heller Kuckucksruf. So berauschend ist der herrliche Waldesduft nach dem Frühlingsgewitter, der Duft der Birken, Veilchen, Morcheln, des welken Laubes, des Faulbaums, daß ich's nicht länger im Wagen aushalte, vom Trittbrett springe, ins Gebüsch eile und – ungeachtet dessen, daß ich mit Regentropfen überschüttet werde – die nassen Zweige des eben erblühten Faulbaumes pflücke, mir damit ins Gesicht schlage und mich an ihrem wundervollen Duft berausche. Ohne darauf zu achten, daß an meinen Stiefeln riesige Klumpen Lehms kleben und daß meine Strümpfe längst durchnäßt sind, laufe ich durch den klatschenden Straßenschmutz ans Fenster der Kutsche.

      »Ljubotschka! Katjenka!« rufe ich, einige Faulbaumzweige hineinreichend, »seht nur, wie hübsch!«

      Die Mädchen quietschen, kreischen; Mimi schreit, ich solle fortgehen, sonst würde ich unbedingt überfahren.

      »So riech' doch, wie das duftet!« rufe ich.

      Neue Anschauungen

      Katjenka saß neben mir in unserem Wagen und verfolgte, das hübsche Köpfchen gesenkt, nachdenklich den unter den Rädern entschwindenden, staubigen Weg. Ich blickte sie schweigend an und wunderte mich über den unkindlichen, traurigen Ausdruck, den ich zum ersten Male auf ihrem rosigen Gesichtchen bemerkte.

      »Nun kommen wir bald nach Moskau«, sagte ich, »wie denkst du, sieht es wohl aus?«

      »Ich weiß nicht«, antwortete sie unlustig.

      »Na aber dennoch, wie denkst du, ist es größer als Serpuchow oder nicht?«

      »Was?«

      »Ach nichts.«

      Aber mit dem instinktiven Gefühl, mit welchem ein Mensch die Gedanken des andern errät und welches als Leitfaden des Gespräches dient, begriff Katjenka, daß ihre Gleichgültigkeit mich kränkte; sie hob den Kopf und wandte sich zu mir.

      »Hat Papa euch gesagt, daß wir bei Großmama wohnen werden?«

      »Ja, Großmama will ganz mit uns zusammenwohnen.«

      »Und wir werden alle zusammenwohnen?«

      »Versteht sich; wir werden oben auf der einen Seite wohnen und ihr auf der andern, und Papa im Seitenflügel; speisen werden wir alle zusammen unten bei Großmama.«

      »Mama sagt, Großmama sei so ernst und böse?«

      »N–nein, das scheint nur so anfangs; sie ist ernst, aber durchaus nicht böse, im Gegenteil, sehr gut und lustig. Wenn du nur gesehen hättest, was für einen Ball wir zu ihrem Namenstag hatten.«

      »Dennoch, ich fürchte mich vor ihr. Übrigens weiß Gott, ob wir –«

      Katjenka verstummte plötzlich und wurde wieder nachdenklich.

      »Was denn?« fragte ich unruhig.

      »Nichts; ich meinte nur.«

      »Nein, du sagtest doch: ›Gott weiß – ‹«

      »Du hast gesagt, daß ein Ball bei Großmama war?«

      »Ja, schade, daß ihr nicht dabei wart. Es waren eine Menge Gäste da, gegen tausend Personen, Musik, Generäle, – und ich habe getanzt. – Katjenka«, unterbrach ich plötzlich meine Beschreibung, »du hörst nicht zu.«

      »Doch, ich höre, du sagtest, daß du getanzt hast.«

      »Warum bist du so verstimmt?«

      »Man kann doch nicht immer lustig sein.«

      »Nein, du hast dich sehr verändert, seit wir aus Moskau gekommen sind. Sag' mir die Wahrheit«, fügte ich entschlossen hinzu, indem ich mich ihr zukehrte, »warum bist du so sonderbar geworden?«

      »Bin ich denn sonderbar?« antwortete Katjenka mit einer Lebhaftigkeit, welche bewies, daß meine Bemerkung sie interessierte, »ich bin doch gar nicht sonderbar.«

      »Nein, du bist nicht mehr so wie früher«, fuhr ich fort, »früher sah man, daß du in allem mit uns eins warst, daß du uns wie deine Verwandten betrachtetest und uns so lieb hattest wie wir dich, und jetzt bist du so ernst geworden, hältst dich von uns fern –«

      »Aber gar nicht!«

      »Nein, laß mich ausreden«, unterbrach ich sie, während ich schon das leise Kitzeln in der Nase spürte, das den Tränen vorausgeht, welche mir immer in die Augen traten, wenn ich einen lang zurückgehaltenen Herzensgedanken aussprach, »du hältst dich von uns fern, du sprichst nur mit Mimi, als ob du uns nicht mehr kennen wolltest.«

      »Man

Скачать книгу