Moby Dick. Herman Melville
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Queequeg und ich haben uns nun einmal eingeschifft und wollen Walfischjäger werden. Da dieser Beruf als unpoetisch und verächtlich in seinen Zielen von so vielen Landratten dargestellt wird, so soll mein Bestreben nun sein, euch Landratten von dem Unrecht zu überzeugen, das ihr uns Walfischjägern zugefügt habt.
Einer der Gründe, weshalb man es ablehnt, uns gebührend einzuschätzen, ist, daß man glaubt, unser Beruf wäre bestenfalls eine Art Schlächterei, und daß wir es mit jeglicher Art von Besudelungen zu tun hätten. Wir sind ja schon Schlächter, aber Schlächter mit dem blutigsten Zeichen sind auch alle Heerführer im Kriege gewesen, vor denen die Welt vor Respekt auf dem Bauche liegt. Und wenn man behauptet, unser Geschäft wäre unsauber, so will ich euch gewisse Tatsachen mitteilen, die euch noch ziemlich unbekannt sein werden, und ihr werdet einsehen, daß ein Pottwalschiff die allersaubersten Dinge betreibt, die auf dieser sauberen Welt überhaupt geschehen. Vergleicht doch nur mal das schlüpfrige Deck eines Walschiffes, auf dem alles durcheinanderliegt, mit dem unsäglichen Graus der Schlachtfelder, von denen die Soldaten zurückkehren und die Bewunderung der Damen erregen! Und wenn nach der allgemeinen Vorstellung der Beruf des Soldaten mit so viel Gefahr verbunden ist, so lasst euch sagen, daß mancher tapfere Soldat, der eine Batterie erstürmt hat, schleunigst ausreißen würde bei dem Anblick des ungeheuren Schwanzes des Wales, der ihm die Luft in großen Wirbeln über den Kopf fächelt.
Aber wenn uns die Welt auch als Walfischjäger verachtet, so erweist sie uns unwissentlich das allergrößte Lob. Ja, es ist schon eine Verehrung, die alles übertrifft. Fast alle Lampen, Fackeln und Kerzen, die es überhaupt auf der Welt gibt, brennen wie vor vielen Schreinen zu unserem Ruhm. Aber man kann die Dinge auch von anderer Seite betrachten. Man bedenke nur, was die Walfischjäger sind und was sie bedeutet haben!
Warum hatten die Holländer zur Zeit von De Witt Walfischflotten mit Admiralen an ihrer Spitze? Warum rüstete Ludwig XVI. von Frankreich auf eigene Kosten Walfischschiffe von Dünkirchen aus und lud ungefähr zwanzig Familien von unserer Insel Nantucket zur Übersiedelung nach dort ein? Warum bezahlten die Engländer zwischen 1750 und 1788 ihren Walfischjägern Prämien bis zu einer Million Pfund? Und schließlich, wie kommt es, daß wir Walfischfänger von Amerika jetzt alle übrigen Walfischfänger in der Welt übertreffen, eine Flotte von über siebenhundert Schiffen fahren lassen, die von achtzehntausend Mann bedient wird, und die jährlich eine reichliche Ernte von sieben Millionen Dollar in unsere Häfen bringt? Wie kommt das, wenn die Walfischjagd nicht etwas Grandioses wäre? Aber es kommt noch etwas hinzu:
Ich behaupte, daß der nachdenkliche Weltbetrachter keinen einzigen friedlichen Einfluss nachweisen kann, der in den letzten sechzig Jahren auf die weite Welt mehr eingewirkt hat, als der wichtige Walfischfang. Es ist nutzlos, alle diese Dinge im einzelnen aufzuführen. Viele Jahre hindurch ist das Walschiff der Pionier gewesen, der die entferntesten und unbekanntesten Teile der Erde aufgespürt hat. Es hat Meere und ganze Welten von Inseln entdeckt, die noch nicht auf der Karte standen, und wo noch kein Cook und kein Vancouver hingekommen war. Wenn amerikanische und europäische Kriegsschiffe nun im größten Frieden in Häfen fahren, wo ehedem Wilde hausten, so sollen sie Salut schießen zur Ehre und zum Ruhm des Walfischschiffes, welches ihnen früher den Weg dorthin gezeigt und sie mit den Wilden bekanntgemacht hat.
Sie sollen den Ruhm und die Helden der Entdeckungsfahrten, einen Cook und einen Krusenstern feiern, so viel sie wollen. Aber ich behaupte, daß unbekannte Kapitäne in ganzen Mengen von Nantucket fortgefahren sind, die ebenso groß und womöglich noch größer waren als ein Cook und ein Krusenstern. Ohne Waffen und ohne nennenswerte Hilfe haben sie in Meeren, wo es von schrecklichen Haien wimmelte, und an den Küsten unbekannter Inseln, wo mit Wurfspeeren bewaffnete Wilde wohnten, Heldentaten bestanden und Schrecken durchgemacht, die ein Cook mit seinen Matrosen und Musketen wohl nicht gewagt hätte.
Man hat von den oben erwähnten alten Seefahrten in der Südsee viel Wesens gemacht, und doch waren sie etwas Alltägliches für die heldenhaften Bewohner von Nantucket. Oft hat Vancouver drei ganze Kapitel Dingen gewidmet, die sonst in einem Logbuche nicht einmal erwähnt werden. Ist das eine Welt!
Bevor der Walfischfang um das Kap Horn seinen Weg nahm, gab es nur reinen Kolonialhandel zwischen Europa und den langgestreckten spanischen Provinzen an der Küste des Stillen Ozeans. Es war das Verdienst des Walfischfängers, daß er zum erstenmal die neidische Staatspolitik Spaniens durchbrach. Wenn es nicht an Raum fehlte, so ließe es sich deutlich nachweisen, daß von den Walfischfängern allerletzten Endes die Befreiung von Peru, Chile und Bolivien vom Joche des alten Spanien ausgegangen ist.
Dann wurde auch Australien für die Welt durch den Walfischfahrer erschlossen. Nachdem es zum ersten Male durch Zufall von einem Holländer entdeckt worden war, hatten alle Schiffe einen Schrecken vor der scheußlichen barbarischen Küste, aber das Walfischschiff legte dort an. Es ist die Mutter der jetzt so mächtigen Kolonie. In der ersten Zeit, als Australien besiedelt wurde, wurden die Auswanderer verschiedene Male durch den wohlwollenden Zwieback des Walschiffes, das zum Glück in den dortigen Gewässern vor Anker gegangen war, vor dem sicheren Hungertode gerettet. Dasselbe gilt von unbekannten Inseln im ganzen Polynesien. Man schuldet dem Walschiff großen Dank, daß es dem Missionar und dem Kaufmann den Weg bereitet und in vielen Fällen die ersten Missionare an ihre Bestimmungsstationen gebracht hat.
Aber wenn trotzdem einer behauptet, daß man mit dem Walfischfang keine ästhetischen Gefühle verbinden kann, dann bin ich bereit, mit ihm fünfzig Lanzen zu brechen und ihn zu jeder Zeit mit zerbrochener Sturmhaube aus dem Sattel zu werfen. Dann wird man vielleicht sagen, daß der Walfisch keinen berühmten Schriftsteller gefunden und der Walfischfang keinen berühmten Chronisten gehabt hat.
Wer hat denn den ersten Bericht von unserem Leviathan geliefert? Wer anders als der mächtige Hiob! Wer hat zuerst eine Walfischfahrt beschrieben? Kein geringerer Fürst als Alfred der Große, der es mit königlicher Feder übernahm, das niederzuschreiben, was er von anderen, und zwar von norwegischen Walfischfängern gehört hatte! Wer hat von unserem Ruhm im Parlament gezeugt? Kein anderer als Edmund Burke!
Daran ist wohl nicht zu zweifeln. Aber dann wird behauptet, die Walfischfänger wären arme Teufel und von geringer Abstammung.
Das ist denn doch nicht wahr! Das Blut in ihren Adern ist besser als das von Königen. Benjamin Franklins Großmutter war Mary Morrel. Eine Mary Folger, die durch Heirat mit einem Farmer aus Nantucket die Ahnherrin eines großen Geschlechtes von Folgers und berühmten Harpunieren geworden ist, war mit dem berühmten Benjamin Franklin direkt verwandt.
Das ist also bewiesen. Aber dann wird weiter behauptet, daß man vor der Walfischjagd keinen Respekt haben könnte.
Vor der Walfischjagd keinen Respekt? Es ist ein königliches Geschäft. Nach einem altenglischen Gesetzbuch wird der Walfisch für einen »Königlichen Fisch« erklärt.
Dann soll der Walfisch niemals eine hervorragende Rolle gespielt haben! Wenn ein römischer Heerführer bei seinem Einzug in die Hauptstadt der Welt seinen Triumph hielt, so wurden Walfischknochen, die man von der syrischen Küste hergebracht hatte, an hervorragender Stelle verwandt.
Dann wird noch gesagt, es wäre nicht würdig, auf die Walfischjagd zu gehen. Die Würde unseres Ruhmes bezeugt sogar der Himmel. Am südlichen Sternenhimmel gibt es einen Cetus. Genügt das nicht? Ziehen Sie vor dem Zaren und zugleich vor Queequeg den Hut! Sie brauchen sich nicht zu schämen! Ich kenne einen Mann, der in seinem Leben dreihundertfünfzig Walfische erlegt hat. Ich achte diesen Mann mehr, als den großen Heerführer des Altertums, der sich rühmte, ebenso viele befestigte Städte eingenommen zu haben.
Wenn ich es möglicherweise zu etwas bringen sollte, wenn ich in dieser kleinen leichtvergesslichen Welt berühmt werden sollte, wenn meine Testamentsvollstrecker oder was noch wahrscheinlicher ist, wenn meine Gläubiger einige wertvolle Manuskripte in meinem Schreibtisch finden, so werde ich voraussichtlich