SIE. Henry Rider Haggard

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SIE - Henry Rider Haggard

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in der Hitze stiegen dünne, widerliche Wolken giftiger Dünste von der Oberfläche des Sumpfes und den schaumbedeckten trägen Tümpeln auf.

      »Zweierlei ist klar«, sagte ich zu meinen drei Gefährten, die angewidert das Schauspiel betrachteten, »erstens, dass wir durch diesen Sumpf nicht hindurchkommen, und zweitens, dass wir, falls wir hierbleiben, am Fieber sterben werden.«

      »Das ist klar wie Tinte, Sir«, sagte Job.

      »Gut, dann gibt es also nur zwei Möglichkeiten. Entweder kehren wir um und versuchen, mit unserem Boot irgendeinen Hafen anzulaufen, was allerdings ein ziemlich riskantes Unternehmen wäre, oder wir segeln oder rudern weiter stromauf und warten ab, wohin wir kommen.«

      »Ich weiß nicht, was ihr vorhabt«, sagte Leo entschlossen, »...ich jedenfalls fahre den Fluss hinauf.«

      Job verdrehte die Augen und stöhnte, und der Araber murmelte ebenfalls stöhnend »Allah«. Was mich betrifft, so bemerkte ich gelassen, dass es in unserer Lage ganz gleich sei, wohin wir gingen. Doch in Wirklichkeit brannte ich nicht weniger darauf, die Reise fortzusetzen, als Leo. Der riesige Negerkopf und der steinerne Anlegeplatz hatten derart meine Neugier angeregt, dass ich fest entschlossen war, sie um jeden Preis zu befriedigen. So bestiegen wir denn wieder unser Boot, verstauten alles, richteten den Mast auf, legten unsere Gewehre bereit und setzten unsere Fahrt fort. Glücklicherweise wehte der Wind vom Meer landeinwärts, so dass wir das Segel hissen konnten. Wie wir später herausfanden, wehte der Wind meistens bei Tagesanbruch einige Stunden lang landeinwärts und bei Sonnenuntergang seewärts, was ich mir nur so erklären kann, dass, wenn die Erde durch den Tau und die Nacht abgekühlt war, die heiße Luft nach oben stieg und der Wind vom Meer hereindrang, bis die Sonne auch ihn erwärmt hatte.

      Unter Ausnützung dieses günstigen Windes segelten wir drei oder vier Stunden lang rasch stromauf. Einmal stießen wir auf eine Herde Flusspferde, die sich aufrichteten und uns so schrecklich anbrüllten, dass es Job und, wie ich gestehen muss, auch mir angst und bange wurde. Es waren die ersten Flusspferde, die wir gesehen hatten, und nach ihrer Neugier waren wir auch die ersten weißen Menschen, die sie zu Gesicht bekamen. Ein oder zwei Mal fürchtete ich fast, sie würden zu uns ins Boot kommen, um ihre Neugier zu stillen. Leo wollte auf sie schießen, doch ich brachte ihn davon ab, denn ich fürchtete die Folgen. Wir sahen auch Hunderte von Krokodilen, die sich am schlammigen Ufer sonnten, und aber Tausende von Wasservögeln. Wir erlegten einige davon, darunter eine Wildgans, die außer scharfen Sporen an den Flügeln auch zwischen den Augen einen dreiviertel Zoll langen Sporn hatte. Wir schossen keine zweite dieser Art, und so weiß ich nicht, ob es sich um eine Laune der Natur oder um eine besondere Spezies handelte. Job gab ihr den Namen Einhorngans.

      Gegen Mittag wurde es unerträglich heiß, und aus den Sümpfen, die den Fluss säumten, stieg ein so grässlicher Gestank auf, dass wir sogleich zur Vorsicht eine tüchtige Portion Chinin schluckten. Bald darauf flaute der Wind gänzlich ab, und da nicht daran zu denken war, unser schweres Boot in der Hitze gegen den Strom zu rudern, waren wir froh, am Ufer eine Gruppe weidenartiger Bäume zu entdecken. Wir legten uns in den Schatten darunter und ruhten uns, nach Luft schnappend, aus, bis der Sonnenuntergang unserer Qual ein Ende bereitete. Weiter stromauf sahen wir eine weite Wasserfläche, und wir beschlossen, erst einmal dorthin zu rudern und uns dann zu überlegen, wie wir die Nacht verbringen sollten. Gerade als wir das Boot losmachen wollten, kam jedoch in etwa fünfzig Meter Entfernung ein schöner Wasserbock mit großen, nach vorn gekrümmten Hörnern und einem weißen Streifen auf dem Rücken an den Fluss, um zu trinken. Trotz unserer Nähe bemerkte er uns nicht. Leo erblickte ihn zuerst, und als passionierter Jäger, der schon seit Monaten darauf versessen war, solch ein edles Wild vor die Flinte zu bekommen, richtete er sich sofort auf und verharrte reglos wie ein Jagdhund. Ich reichte ihm sein Jagdgewehr und ergriff auch das meine.

      »Los«, flüsterte ich, »aber schieß ja nicht vorbei.«

      »Vorbei!«, erwiderte er flüsternd. »Das könnte ich nicht einmal, wenn ich wollte.«

      Er legte an, und der rotbraune Bock, der sich inzwischen sattgetrunken hatte, hob den Kopf und blickte über den Fluss. Er stand auf einer kleinen Anhöhe, die sich durch den Sumpf zog und anscheinend gern vom Wild benützt wurde, und hob sich von dem roten Abendhimmel ab. Es war ein wunderbares Bild, und ich glaube, dass ich diesen faszinierenden Anblick, selbst wenn ich hundert Jahre alt werde, nie vergesse. Rechts und links breiteten sich unabsehbare, tödliche Dünste verströmende Sümpfe aus, da und dort von Tümpeln schwarzen unbewegten Wassers unterbrochen, die wie Spiegel die roten Strahlen der untergehenden Sonne zurückwarfen. Hinter und vor uns wälzte sich träge der Fluss dahin, auf eine schilfumsäumte Lagune zu, auf deren Oberfläche eine sanfte Brise mit den langen Abendschatten spielte. Im Westen hing der riesige rote Feuerball der Sonne, der eben hinter dem dunstigen Horizont versank und den weiten Himmel, über den Kraniche und Wildvögel dahinzogen, golden und blutig rot färbte. Und inmitten dieser unendlichen Einöde wir - drei moderne Engländer in einem modernen englischen Boot -, und vor uns, klar abgehoben vom Abendhimmel, der edle Bock.

      Paff! Mit mächtigen Sätzen eilt er davon. Leo hat ihn verfehlt. Paff! Wieder vorbei. Nun ist die Reihe an mir, doch er flitzt dahin wie ein Pfeil, schon über hundert Meter weit entfernt. Beim Himmel! Er strauchelt und überstürzt sich! »Es scheint, Master Leo, ich habe ein besseres Auge als du«, sage ich und kämpfe gegen den unedlen Jubel an, der in einem so herrlichen Moment selbst in der Brust des wohlerzogensten Sportsmannes aufsteigt.

      »Verflucht, ja«, knurrte Leo; doch dann huscht rasch ein Lächeln über sein Gesicht, und er fügt hinzu: »Verzeih, alter Junge. Ich gratuliere dir; es war ein prächtiger Schuss, und die meinen waren nichts wert.«

      Wir sprangen aus dem Boot, liefen zu dem Bock und stellten fest, dass die Kugel ihn ins Rückgrat getroffen hatte. Wir brauchten über eine Viertelstunde, um ihn zu reinigen und so viel von dem besten Fleisch herunterzuschneiden, wie wir tragen konnten. Nachdem wir es im Boot verstaut hatten, blieb uns gerade noch genügend Zeit, um zu der Lagune zu rudern, zu welcher sich der Ruß, an dieser Stelle in den Sumpf vorstoßend, erweiterte. Als wir etwa dreißig Faden vom Ufer Anker warfen, verschwand das Licht. An Land zu gehen, wagten wir nicht, da wir nicht wussten, ob wir trockenen Boden zum Kampieren finden würden, und außerdem fürchteten wir die giftigen Ausdünstungen der Sümpfe, vor denen wir auf dem Wasser sicherlich besser geschützt waren. So entzündeten wir eine Laterne, verspeisten zum Abendbrot wieder eine eingemachte Rindszunge und versuchten sodann zu schlafen, was jedoch, wie wir bald feststellen mussten, unmöglich war. Ob sie durch die Laterne angelockt wurden oder durch den ungewohnten Geruch weißer Männer, auf die sie seit tausend Jahren gewartet hatten, weiß ich nicht; jedenfalls wurden wir plötzlich von Zehntausenden der blutdurstigsten und größten Moskitos, die mir je untergekommen sind, angegriffen. In ganzen Wolken stürzten sie sich auf uns und stachen und summten, bis wir fast verrückt wurden. Tabakqualm schien sie nur noch mehr anzustacheln, und schließlich blieb uns nichts anderes übrig, als uns bis über den Kopf in Decken einzuhüllen und uns schwitzend und kratzend und fluchend ihrer zu erwehren, so gut es ging. Während wir so saßen, ertönte plötzlich wie ein Donnergrollen in der Stille das Brüllen eines Löwen, dem gleich darauf das eines zweiten folgte; anscheinend schlichen die beiden durch das etwa sechzig Meter von uns entfernte Uferschilf.

      »Ein Glück«, sagte Leo, seinen Kopf aus der Decke hervorstreckend, »dass wir nicht an Land sind, was, Onkelchen?« (So pflegte Leo mich zuweilen in seiner respektlosen Art zu nennen.) »Verdammt! Ein Moskito hat mich in die Nase gestochen«, rief er und zog rasch wieder seinen Kopf ein.

      Wenig später ging der Mond auf, und trotz des Gebrülls, das immer wieder vom Ufer zu uns herüber drang, schliefen wir, uns völlig in Sicherheit wähnend, allmählich ein.

      Was mich veranlasste, meinen Kopf aus der Decke hervorzustrecken, weiß ich nicht; vielleicht hatte ich bemerkt, dass die Moskitos durch sie hindurchbissen - jedenfalls hörte ich, als ich es tat, Job erschrocken flüstern: »Oh, mein Gott,

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