Als Granny-AuPair in San Francisco. Marion Hein

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Als Granny-AuPair in San Francisco - Marion Hein

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      Flug

      Der Flug startet am 10. Januar um 13 Uhr mit einer Stunde Verspätung wegen geringfügiger technischer Probleme - wie beruhigend. Vor dem Boarding werde ich zum gefühlt 100ten Mal gefragt, warum ich in die USA reise, für wie lange und ob ich dort Verwandte habe. Ob ich etwas mitführe, was einer Pistole ähnlichsieht. Zählt dazu auch ein Fön? Gottseidank habe ich den nicht mit.

      Der Flug ist ein unvergleichliches Erlebnis. Nach 2 Stunden fliegen wir über karge Landschaften. Gemeinsames Rätselraten mit dem netten, jungen Pärchen neben und der gesamten Reihe vor mir. Island ist zu früh. Schottland? Es ist Norwegen.

      Um 16 Uhr MEZ ist es stockdunkel und um 19 Uhr wieder hell. Im Flieger wird Schlaf befohlen, die Lichter gelöscht und die Decken ausgepackt. Ich bin nicht müde. Filme laufen ununterbrochen, aber ich schaue nicht hin, ich lese kein Buch und mache kein Rätsel. Ich bin einfach da und sehr zufrieden - bis auf die 3-5 Mal, wo das Flugzeug arg wackelt.

      Mit der Sonne kommt die nächste Überraschung. Strahlend blauer Himmel, ein roter Streifen und dann dieses Weiß in allen Formen und Zerklüftungen. Mehr als 2 Stunden Alaska; wie schön, dass es keine Wolken gibt. Es gibt Formen und Schatten, die an Tiere erinnerten. Ans Fotografieren denke ich erst, als die Landschaft von ganz weiß in grauweiß übergeht. Dann kommt ganz langsam das Grün und die Berge in Kanada. Die ersten Anzeichen der Zivilisation sind gut zu erkennen - schnurgerade Straßen, Überlandleitungen.

      Ich sehe San Francisco von oben - viele, viele Brücken, die alle sehr lang sind. Blauer Himmel, schönes Wetter und Wärme; ich lande mit nur 10 Minuten Verspätung. Danach Anstehen und wieder Fragen beantworten. Der Officer ist erstaunt, als ich sage, dass ich in Rente bin und 5 Monate bleibe: "Wo haben Sie denn gearbeitet, dass sowas geht?" Fingerabdruck, Augencheck - ich kenne das jetzt schon. Es ist alles in allem nicht so unfreundlich und langwierig wie befürchtet. Mein Koffer ist schon da und der Zoll lässt mich in Ruhe.

      Ich bin angekommen!

      Mein neues Zuhause

      Meine Seele, die bereits seit Silvester hier ist und mein Körper, der am 10. Januar nachkam, haben sich Mitte Januar wieder vereint. Ich bin komplett und nicht mehr so verwirrt wie in den ersten Tagen. Es ist warm, die Sonne scheint, die Menschen laufen in Hemd oder T-Shirt. Ich brauche meine Jeansjacke.

      Könnte mich grad mal jemand zwicken, ich bin wirklich in San Francisco.

      Der Blick aus meinem Zimmer ist zweigeteilt. Direkt vor meiner Nase sieht es aus wie in einem Gewerbegebiet, aber wenn ich einfach drüber schaue, sehe ich die steilen Straßen von San Francisco und die hübschen Häuser. Abends ist es nett, so mitten in der Stadt zu sein.

      Die Fenster schließen gut, so dass ich die Highways und die Züge der nahen Central Station nicht höre. Bis mittags gegen 12 Uhr ist es foggy, dann kommen die Sonne und die Wärme und alles sieht gleich aus wie .... Kalifornien eben.

      Das Bad teile ich mir mit den beiden Katzen FatAss und Psycho. Die erste sieht genauso aus wie sie heißt und die zweite hat ihren Namen, weil sie sehr intensiv schaut. Die Katzen sind einfach überall. Ich muss immer ganz schnell meine Zimmertür schließen, wenn ich sie nicht unter meiner Bettdecke wiederfinden will.

      Die Wohnung hat 140 m². Sie würde ca. 8000 Dollar Miete kosten, gehört aber Anke und James. Kaufen ist oft die einzige Option, die hohen Mieten zu umgehen. Der Preis von 1 Mio. Dollar ist nicht gerade gering, also sind 2 Verdiener unumgänglich. Die Einkommen sind in den meisten Fällen höher als bei uns, aber für diese Mieten dann doch nicht hoch genug. Freunde der Familie bezahlen für 1 Zimmer in der City 3000 Dollar Miete. Die meisten Wohnungen in San Francisco sind übrigens Eigentum. 2018: die Situation hat sich weiter verschärft. Für 20 m² zahlt man im Schnitt 1750 Dollar Kaltmiete. Eine 50 m² Wohnung kostet 670.000 Dollar. San Francisco ist für Mieter die teuerste Stadt der USA.

      Die Wohnung hat ringsum Fenster. Das ist wunderbar, aber Schränke könnte man nicht aufstellen. Braucht man auch nicht, weil jedes Zimmer eine Nische mit Türen hat. Super! Auch bei Umzügen.

      Die Küche ist offen, so wie man das aus Filmen kennt. Der Kühlschrank ist sehr groß mit Wasserspender inkl. Eiscrusher in der Tür. Das Wasser kann man übrigens direkt aus dem Hahn trinken und es schmeckt. Der Herd und der Backofen sind auch viel größer als bei uns. Da kann man mehrere Bleche locker reinschieben. Warum ist bei uns alles so winzig? In die Waschmaschine würde ein kleiner Teppich passen oder ein Federbett. In den Trockner natürlich auch. Manches ist einfach genial, z.B. der garbage disposal. Gemüseabfälle und Eierschalen werden da reingestopft, dann wird auf einen Knopf gedrückt, das ganze Gemüse wird zerkleinert und abgesaugt. Irre, oder!

      Das Wasser ist so weich, dass ich die doppelte Menge an Haarshampoo brauche. Nutzt bei meinen Locken nicht viel. Kurz geföhnt, dann raus und schon sehe ich wieder aus wie ein Pudel. Man kann nicht alles haben. Verkalkung gibt es nicht, jedenfalls nicht beim Wasser.

      Die Hausflure sind breit, hier könnte man Bowling spielen oder Fangen oder Verstecken (unser Lieblingsspiel). Maia und ich bringen vormittags den Müll weg, ein Gang, der 1 Stunde dauert, weil wir alle Zeit der Welt haben. Ein kurzer Stopp bei jedem, der gerade zur Tür rauskommt, viele Blicke aus den hohen Fenstern und schon ist die Zeit um. Der Hausmüll kommt in einem separaten Raum in einen Müllschlucker. Der Recyclingmüll (Glas, Papier, Plastik, Metall) wird unsortiert in 2 Tonnen geworfen. Wer trennt das? Kartons, die nicht mehr in die Tonne passen, schmeißt man einfach auf den Boden.

      Im Haus gibt es 220 Wohnungen und ohne die Wohnungsnummer kann der Briefträger nichts zustellen. Die Zustellung von Paketen ist super geregelt. Es gibt mehrere Paketboxen neben den Briefkästen und der Zusteller wirft den jeweiligen Boxschlüssel einfach in den passenden Briefkasten, wenn er ein Paket reinstellt. Wenn alle Kästen voll sind, wird das Paket auf den Boden gestellt. Nimmt schon keiner weg.

      Manchmal heißt das Erdgeschoss Ground, manchmal hat es die Nummer 1. Ich wohne nicht im 4. Stock, sondern im Loft. Da kommt man im Aufzug schon mal ins Grübeln. Der Stern vor der Etagenzahl ist immer da, wo man grade ist - finde ich sehr hilfreich.

      Ich wohne im Viertel South of Market und dort im Design District. Er heißt nicht so, weil es hier geschmackvolle Häuser gibt, sondern so viele Designgeschäfte für Möbel.

      Mein Leben als Granny

      Maia mit i

      Ich habe damals gefragt und durfte die Bilder von Maia in meinem Internetblog verwenden.

      Maya mit y klingt wie eine Stripteasetänzerin (O-Ton Anke). Ich werde in Las Vegas darauf achten. Gibt’s da überhaupt welche? Maja mit j wird nur in Deutschland korrekt ausgesprochen. Hier würden sie Mädschä sagen.

      Maia ist bei meiner Ankunft 20 Monate alt.

      Maia sitzt gerne auf kleinen Stühlen und Kisten. Sie schiebt alles, was sich schieben lässt; außer ihrem Dreirad, da fährt sie lieber oder lässt sich ziehen. Wenn sie läuft, verschränkt sie dabei manchmal die Hände hinter dem Rücken wie ein Lehrer bei der Aufsicht für eine Klassenarbeit. Sie hat ihre eigene Vorstellung von Ordnung. Wenn auf der Straße ein Blatt abseits von den anderen liegt, wird es aufgehoben und auf den Blätterhaufen gelegt. Maia kann sehr fokussiert und selbstvergessen Menschen und Dinge beobachten. Flugzeuge und Eisenbahnen sind faszinierend. Sie liebt Verstecken spielen und Nachlauf. Maia lässt Sachen verschwinden - auch im Mülleimer. Sie tanzt gerne und schwingt die Hüften. Ich habe noch nie ein Kind erlebt, dass so gern, so schnell, so einfach und so lange schläft. Und

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