Die toten Seelen. Nikolai Gogol
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»Gut, scher dich zu ihr!«
»Ja, Bruder, ich fahre gleich zu ihr; verzeih, daß ich nicht bleiben kann. Ich täte es herzlich gern, aber ich kann es nicht.« Der Schwager wiederholte noch lange seine Entschuldigungen und merkte nicht, daß er schon längst im Wagen saß, längst zum Tore hinausgefahren war und längst nur leere Felder vor sich liegen hatte. Es ist anzunehmen, daß seine Frau von ihm nicht viel über den Jahrmarkt zu hören bekam.
»Dieser Ekel!« sagte Nosdrjow, am Fenster stehend und dem sich entfernenden Wagen nachblickend. »Wie der sich langsam schleppt! Das Seitenpferd ist zwar gar nicht übel, ich möchte es schon längst haben. Aber mit ihm kann man doch nicht einig werden. Ein trauriges Mannsbild!«
Darauf kehrten sie ins Zimmer zurück. Profirij brachte Kerzen herein, und Tschitschikow merkte in der Hand des Hausherrn ein plötzlich aufgetauchtes Spiel Karten.
»Was meinst du, Bruder«, sagte Nosdrjow, das Kartenspiel seitlich zusammendrückend, so daß die Umhüllung zerriß und absprang. »Zum bloßen Zeitvertreib! Ich halte die Bank mit dreihundert Rubeln!«
Tschitschikow tat aber so, als ob er nichts gehört hätte, und sagte plötzlich, als sei es ihm erst eben eingefallen: »Ach ja, daß ich es nicht vergesse: ich habe eine Bitte an dich.«
»Was für eine Bitte?«
»Gib mir erst dein Wort, daß du sie erfüllen wirst.«
»Was ist das für eine Bitte?«
»Gib mir erst das Wort!«
»Gern!«
»Dein Ehrenwort?«
»Mein Ehrenwort.«
»Es ist folgende Bitte: du wirst wohl viele verstorbene Bauern haben, die in den Revisionslisten noch nicht gestrichen sind?«
»Gewiß habe ich welche; was willst du mit ihnen?«
»Übertrage sie auf meinen Namen.«
»Was brauchst du sie?«
»Ich brauche sie eben.«
»Wozu?«
»Ich brauche sie . . . es ist schon meine Sache – mit einem Worte, ich brauche sie.«
»Du hast sicher etwas ausgeheckt. Gestehe nur, was!«
»Was soll ich ausgeheckt haben? Mit einem solchen Dreck kann man doch nichts anfangen.«
»Was brauchst du sie dann?«
»Ach, bist du neugierig! Jeden Dreck mußt du mit der Hand betasten und auch noch mit der Nase beschnüffeln!«
»Warum willst du es mir dann nicht sagen?«
»Was nützt es dir, wenn ich es dir sage? Es ist ganz einfach so eine Laune von mir.«
»Also hör': wenn du es mir nicht sagst, tu ich es einfach nicht.«
»Nun siehst du es, das ist unehrlich von dir: zuerst gibst du mir das Wort, und jetzt willst du auf einmal nicht mehr.«
»Gut, wie du willst, aber ich tue es nicht, ehe du mir gesagt hast, wozu du sie brauchst.«
– Was soll ich ihm nun sagen? – dachte sich Tschitschikow. Nach kurzer Überlegung erklärte er ihm, daß er die toten Seelen brauche, um sich Gewicht in der Gesellschaft zu verschaffen; er habe keine großen Besitztümer und möchte darum wenigstens einige Seelen haben.
»Du lügst, du lügst!« sagte Nosdrjow, ihn nicht aussprechen lassend. »Du lügst, Bruder!«
Tschitschikow merkte selbst, daß seine Erfindung nicht ganz geschickt und seine Ausrede recht schwach war. »Nun will ich dir die Wahrheit sagen,« verbesserte er sich, »aber erzähle es bitte nicht weiter. Ich habe die Absicht, mich zu verheiraten; du mußt aber wissen, daß die Eltern meiner Braut höchst ehrgeizige Menschen sind. Eine schwierige Sache, ich bin nicht mehr froh, daß ich mich eingelassen habe. Sie wollen nämlich unbedingt, daß der Bräutigam nicht weniger als dreihundert Seelen habe, mir fehlen aber beinahe hundertundfünfzig daran . . .«
»Du lügst, du lügst!« rief wieder Nosdrjow.
»Nein, jetzt habe ich nicht einmal so viel gelogen«, sagte Tschitschikow und zeigte mit dem Daumen auf ein winziges Endchen seines kleinen Fingers.
»Ich setze meinen Kopf ein, daß du lügst!«
»Das ist schließlich eine Beleidigung! Was bin ich denn eigentlich? Warum muß ich unbedingt lügen?«
»Ich kenne dich ja durch und durch: du bist ein großer Spitzbube, laß es dir in aller Freundschaft sagen! Wäre ich dein Vorgesetzter, so ließe ich dich auf dem ersten besten Baum aufhängen.«
Tschitschikow fühlte sich durch diese Bemerkung verletzt. Jede einigermaßen rohe und unanständige Bemerkung war ihm unangenehm. Er liebte es sogar nicht, sich von irgendwem familiär behandeln zu lassen, höchstens nur von einer Person, die in hohem Range stand. Darum fühlte er sich jetzt äußerst schwer gekränkt.
»Bei Gott, ich ließe dich aufhängen«, erwiderte Nosdrjow. »Ich sage es dir ganz aufrichtig, nicht um dich etwa zu beleidigen, sondern einfach aus Freundschaft.«
»Alles hat seine Grenzen«, sagte Tschitschikow mit großer Würde. »Wenn du mit ähnlichen Redensarten paradieren willst, so geh' bitte in eine Kaserne.« Dann fügte er hinzu: »Wenn du sie mir nicht schenken willst, so verkaufe sie mir.«
»Ja, verkaufen! Ich kenne dich ja, du bist ein Schuft und wirst mir nicht viel geben wollen.«
»Ach, auch du bist gut! Schau: sind sie etwa aus Diamanten?«
»Nun haben wir es. Ich kenne dich doch!«
»Aber höre einmal, Bruder, was ist das für eine jüdische Geldgier! Du müßtest sie mir doch einfach schenken.«
»Gut, also hör': um dir zu zeigen, daß ich durchaus kein Filz bin, will ich von dir für sie nichts verlangen. Wenn du mir den Hengst abkaufst, so kriegst du sie umsonst als Zugabe.«
»Aber erlaube mal, was brauche ich den Hengst?« sagte Tschitschikow, der über diesen Vorschlag tatsächlich sehr erstaunt war.
»Was du ihn brauchst? Ich habe für ihn zehntausend Rubel bezahlt und lasse ihn dir für viertausend.«
»Aber was soll ich mit dem Hengst? Ich habe doch kein Gestüt.«
»Höre doch, du verstehst mich noch immer nicht: ich verlange von dir bloß dreitausend, und die übrigen tausend kannst du mir später einmal bezahlen.«
»Ich brauche keinen Hengst, Gott sei mit ihm!«
»Dann kaufe mir die hellbraune Stute ab.«
»Ich brauche auch die Stute nicht.«
»Für die Stute und