Wenn wir 1918 ……. Walter Muller
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wenn wir 1918 …… - Walter Muller страница 6
Die Pläne der Alliierten
Über die Schweiz erhielten wir wichtige Nachricht von französischen Genossen. Vom Interalliierten Hauptquartier werden folgende Pläne erwogen. Finnland mit Karelien soll ein selbständiger Staat, oder, wenn Schweden erfolgreich eingreift, zu Schweden geschlagen werden. Lettland und Litauen sollen selbständige Pufferstaaten bilden. Polen soll selbständig werden und an der Weichsel entlang einen Zugang zum Meer erhalten, so dass Ostpreußen durch einen polnischen Korridor vom übrigen Deutschland abgetrennt würde. Die Ukraine soll von Russland abgetrennt und ebenso wie das Kaukasusgebiet ein selbständiger Staat werden. Die von rumänischen Arbeitern und deutschen Soldaten gestürzte und aus Bukarest geflohene rumänische Regierung soll mit Unterstützung der französischen Flotte und einer interalliierten Interventionsarmee den Kampf gegen die rumänische, russische und deutsche Revolution fortsetzen. Zum Dank dafür soll Rumänien folgende Gebiete erhalten: von Russland — ganz Bessarabien, von Bulgarien — die Dobrudscha, von Ungarn — ganz Siebenbürgen und außerdem große Landstrecken mit rein magyarischer Bevölkerung.
Ein teuflischer Plan, begründet mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Als ob man die Arbeiter und Bauern in Finnland, im Baltikum, in Polen, Siebenbürgen, Bessarabien und in der Ukraine nach ihrer Meinung gefragt hätte. Die Kapitalisten aus diesen Gebieten vielleicht! Denn es sollen ja kapitalistische Randstaaten werden, beschützt von der Entente. Ein langer Riegel von kapitalistischen Pufferstaaten, vom Eismeer bis ans Kaspische Meer soll zwischen Deutschland und Russland gelegt werden, damit man die sozialistische Revolution zuerst in den Randstaaten, dann in Deutschland und schließlich in der Sowjetunion niederknüppeln kann. Damit wäre wohl den Kapitalisten in Westeuropa und Amerika gedient, aber nicht den werktätigen Klassen in den Randstaaten, denen man die nationale Freiheit verspricht. Das ist eine ganz infame Lüge, diese Parole von der nationalen Freiheit im Zeichen des Kapitalismus. In all diesen geplanten Randstaaten leben große nationale Minderheiten. Sie alle würden, wenn der teuflische Plan der Ententestaaten Wirklichkeit werden sollte, im Namen des Selbstbestimmungsrechts der Völker, von der feudalen und kapitalistischen Herrenschicht der herrschenden Nation vergewaltigt und unterdrückt werden. Nur im Sozialismus, nur im sozialistischen Bundesstaat kann die nationale Unabhängigkeit und kulturelle Freiheit verwirklicht werden. Das hat die Sowjetunion bereits bewiesen: sie hat den fast 200 Nationen, die auf dem Gebiet der Sowjetunion leben und die unter dem Zarismus gewaltsam unterdrückt und russifiziert wurden, völlige nationale und kulturelle Selbständigkeit verliehen. Für Mitteleuropa und den Balkan aber gilt dasselbe wie für Osteuropa und Nordasien. Wir sitzen in einer Zwickmühle. Der Kapitalismus spielt seinen letzten Trumpf aus. Sollen wir das Ultimatum ablehnen und damit Hunderttausende von deutschen Soldaten, die noch auf linksrheinischem Gebiete marschieren, den Kapitalisten des Westens überantworten oder es annehmen
und damit unsere Zukunft preisgeben? Sind unsere Arbeitsbrüder in den Randstaaten schon so weit, dass sie den Kampf gegen ihre Unterdrücker auch ohne deutsche Hilfe zu Ende führen können? Können sie sich wenigstens so lange halten, bis die russische rote Armee ihnen zu Hilfe kommt? Eine ungeheure Verantwortung liegt auf den Volksbeauftragten. Wie werden sie sich entscheiden?
Vorwärts - 19. November 1918
Die Antwort der Volksbeauftragten
Die gestern an das interalliierte Hauptquartier abgesandte Note hat folgenden Wortlaut:
Wir bestreiten die Berechtigung der gestellten Forderungen. Wir wollen aber nicht, dass noch einmal Proletarier auf Proletarier schießen. Wir wollen unsere Leidensgenossen in der englischen, französischen, amerikanischen, belgischen und italienischen Armee nicht vor die Frage stellen, ob sie dem Befehl ihrer Offiziere gehorchend auf ihre deutschen Brüder schießen oder der Stimme ihres Gewissens folgend mit den Soldaten der deutschen Revolution sich verbrüdern sollen. Wir wollen mithelfen am Wiederaufbau der durch den sinnlosen Krieg zerstörten Gebiete und nicht neue Städte und Dörfer in Schutt und Asche verwandeln. Wir appellieren an das Gewissen der Menschheit und beugen uns unter Protest der Gewalt. Um neues Blutvergießen zu vermeiden, sind wir zu folgenden Zugeständnissen bereit:
Die deutschen Osttruppen werden angewiesen, sich an keinem Kampfe gegen Truppen der Alliierten zu beteiligen. Die deutschen Osttruppen werden der interalliierten Befehlsgewalt unterstellt. Diese Anordnung verliert aber sofort ihre Gültigkeit, wenn den deutschen Truppen zugemutet wird, sich an der Bekämpfung der Revolution zu beteiligen.
Die zur Ablieferung bestimmten Schiffe der deutschen Flotte werden in drei Tagen die Anker lichten, vorausgesetzt, dass die Alliierten den Waffenstillstand nicht brechen.
Der Rat der Volksbeauftragten
Vorwärts - 20. November 1918
Genossen! Wahrt revolutionäre Disziplin!
In den letzten Tagen mehren sich die Klagen über Disziplinbrüche in den Ersatztruppenteilen. Es ist verständlich, wenn nach dem Zusammenbruch der alten Ordnung mancher sich nicht gleich völlig der neuen Ordnung einfügen kann. Viele Kameraden, die vier Jahre und noch länger in der Zwangsjacke des Militarismus gesteckt haben, lehnen jetzt überhaupt jeden Zwang ab. Sie können noch nicht unterscheiden zwischen dem Kadavergehorsam in der kaiserlichen Armee und der freiwilligen revolutionären Selbstzucht, die jeder Soldat der roten Armee aufbringen muss, wenn sie ihren Kampf siegreich zu Ende führen will. Glaubt nicht, dass der Kampf schon zu Ende ist! Glaubt nicht, dass die Feinde der Arbeiterschaft, die Feinde der jungen sozialistischen Räterepublik, das Spiel bereits verloren gegeben haben. Wenn sie auch jetzt ruhig sind: sie warten nur auf einen günstigen Augenblick. Wehe uns, wenn es ihnen gelingt, die Macht zurückzuerobern! Wollt ihr, dass die Revolution in einem Meer von Blut und Tränen erstickt wird? Was werdet ihr einmal euren Kindern antworten, wenn durch eure Schuld die Revolution niedergeschlagen worden ist und eure Kinder, die weiter unter dem Joch des Kapitalismus seufzen müssen, euch fragen, weshalb ihr damals in den entscheidenden Stunden nicht eure Pflicht getan habt? Was werdet ihr ihnen entgegnen, wenn sie euch sagen werden: „Ach so, ihr Feiglinge, ihr konntet auf Befehl des Kaisers vier Jahre lang auf eure Klassengenossen jenseits der Grenze schießen. Ihr konntet kämpfen, hungern und frieren, konntet grausam sein und morden, gegen euer eigenes Interesse, solange euch der Stiefel des Kapitalismus im Nacken saß. Aber ihr konntet nicht die Selbstzucht und nicht den Mut aufbringen, um den revolutionären Kampf mit der nötigen Energie fortzusetzen. Ihr waret nur mutig und gehorsam, solange es um die Interessen eurer Klassengegner ging. Aber ihr wurdet feige und bockbeinig in dem Augenblick, als ihr für euch selbst, für eure Zukunft und für uns, eure Nachkommen, kämpfen solltet. Weil ihr den Zwang für die gute Sache verachtet habt, müssen wir jetzt unser Leben lang die Zwangsjacke des Kapitalismus tragen. Weil ihr müde wart vom kapitalistischen Krieg und kein Gewehr mehr in die Hand nehmen wolltet, müssen wir jetzt unsere Lungen von Gas zerfressen lassen und millionenweise krepieren. Schöne Väter seid ihr, schöne Helden, schöne Sozialisten! Schämt euch!!!"
Wollt ihr, Kameraden und Genossen, einmal so erbärmlich vor euren Kindern dastehen?
Nein Brüder, das wollt ihr nicht, das könnt ihr nicht wollen. Deshalb heißt das Gebot der Stunde: „Revolutionäre Selbstzucht".
Vorwärts - 21. November 1918
Friede, Freiheit, Brot - und die Scheidemänner
In mehreren Großstädten tauchten in den letzten Tagen Flugblätter einer illegalen Neugründung auf. Diese Flugblätter waren gezeichnet: „Alte sozialdemokratische Partei. Der Vorsitzende: Philipp Scheidemann." Exzellenz Scheidemann belieben darin, sich in den Mantel der Nächstenliebe zu hüllen. „Wo ist der Friede," fragt er, „wenn ihr durch Fortsetzung eurer utopischen Politik den Einmarsch der Ententetruppen provoziert? Wo ist die Freiheit, wenn ihr die Presse knebelt? Wo bleibt das Brot, wenn ihr