Fiammetta. Джованни Боккаччо

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Fiammetta - Джованни Боккаччо

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      Die heiligen Gebräuche huben an, und sobald man mich im Tempel wahrnahm, geschah es, wie ich schon gewohnt war, daß nicht allein die Männer, sondern auch die Frauen ihre Blicke bewundernd auf mich hefteten, nicht anders, als wäre eine Göttin sichtbar zu ihnen herabgestiegen. O! wie oft hatte ich bei mir selbst diesen Wahn belächelt, der mich jedoch sehr ergötzte und mich in meinen Gedanken wirklich zu einer Göttin erhob. Alle die Kreise von Jünglingen hörten nun auf, sich um andere zu drehen, und bildeten, dicht um mich versammelt, gleichsam einen Kranz, indes sie abwechselnd über meine Schönheit sprachen und mich fast einstimmig erhoben und rühmten. Und ich, indes meine Augen mit andern Gegenständen beschäftigt schienen, lauschte ihren Worten mit der süßesten Wollust und gönnte ihnen dann wohl, als wäre ich ihnen deshalb verpflichtet, einige günstigere Blicke. O! nicht einmal, sondern oft bemerkte ich dann, wie einer oder der andere sich deshalb mit leerer Hoffnung schmeichelte und gegen seine Gefährten voll Eitelkeit brüstete. So von vielen angestaunt, nur wenigen einen Blick gönnend und fest glaubend, daß meine Schönheit alles besiegte, nahte der Augenblick, wo ein fremder Reiz meiner selbst sich gänzlich bemeistern sollte.

      Er erschien, der verderbliche, schmerzhafte Augenblick, der mir gewissen Tod oder ein unendlich qualvolles Leben erschaffen sollte, und von einem unbekannten Geist getrieben, erhob ich mit leichtem Anstand die Augen und überschaute die Menge der um mich versammelten Jünglinge mit festem und sicherm Blick.

      Dicht in meiner Nähe zeigte sich mir an eine Marmorsäule gelehnt ein Jüngling, dessen Ansehen und Anstand, was bis dahin noch nie geschehen, meine Aufmerksamkeit unwiderstehlich an sich fesselte. Seine Gestalt – so urteilte ich schon damals, da mein Urteil noch nicht durch Liebe befangen war – hatte die schönste Form, seine Bewegungen zeigten die größte Anmut, Anstand und Kleidung Würde und Schicklichkeit. Die Zartheit seiner Wangen gab ein sprechendes Zeugnis seiner Jugend, und seine Blicke, mit denen er aus der ganzen Versammlung mich auszeichnete, waren ebenso zärtlich als verständig. Zwar stand es in meiner Gewalt, meine Augen von ihm wegzuwenden, aber keine Gewalt vermochte, wie ich mich auch immer bemühte, die schnell empfangenen Eindrücke aus meinem Herzen zu verdrängen und meinem Sinn eine andere Richtung zu geben. Das Bild seiner Schönheit war bereits tief in meine Seele gedrückt, mit geheimer Wollust schaute ich es an, und erfinderisch wußte ich mit Gründen die Empfindung all des Herrlichen, was mir in ihm erschien, zu rechtfertigen. Es entzückte mich, der Gegenstand seiner Blicke zu sein, doch war ich stets auf meiner Hut, sooft sein Auge mir begegnete. Aber einmal, als ich, ganz sorglos über die Gefahr, ihn betrachtete und meine Augen länger und fester als gewöhnlich auf den seinigen verweilten, da schien es mir, als läse ich in ihnen deutlich die Worte: ›O Gebieterin! Du allein bist meine Seligkeit!‹, und mein Entzücken war so groß, so überraschend, daß mit einem leisen Seufzer mein Herz die Antwort gab: ›Und du die meinige!‹ Doch schnell mich fassend und meiner selbst bewußt, drängte ich sie von der Lippe zurück. Doch was auch der Mund verschweigt, wird dennoch von dem Herzen verstanden, und hätte ich damals ausgesprochen, was ich im Innern verschlossen hielt, vielleicht daß ich jetzt noch frei wäre. So aber schwieg ich und verstattete meinen törichten Augen die größte Freiheit, sich an den Reizen zu sättigen, die sie bereits so sehr entzückt hatten.

      Ach! hätten die Götter, die jedes Ereignis zu einem verständigen Zweck leiten, mir damals nicht allen Verstand geraubt, ich könnte jetzt noch mir selbst angehören! Doch ich verbannte alle Überlegung, ich folgte meinen Gelüsten und setzte so mein Gemüt in den Stand, leicht eine Beute der Liebe zu werden.

      Und wie der Lichtstrahl eigenmächtig von einem Ort zum andern fliegt, drang ein Feuer aus seinen Augen, das mit dem feinsten Strahl die meinigen traf. Aber nicht die Augen allein; weiß ich es, durch welche geheimen Wege er plötzlich bis zum Herzen drang, daß dieses, erschreckt über die unvermutete Erscheinung des fremden Gefühls, alle Lebensgeister zu sich rief und ich äußerlich ganz blaß und fast ohne Leben und Wärme blieb?

      Aber nicht lange, so entzündete eine schnelle Glut das Herz; alle Lebensgeister waren von der innern Flamme ergriffen. Die Blässe verschwand, eine brennende Röte trat auf meine Wangen, und ich seufzte still über die Quelle dieses Wechsels, den ich verwundernd wahrnahm. Von diesem Augenblick an hatte ich keinen andern Gedanken mehr als den, ihm allein zu gefallen.

      Dies alles ward von ihm, der unbeweglich seinen Platz behielt, mit feinem, scharfem Blick beobachtet. Vielleicht schon erfahren im Reich der Liebe und mit den Waffen bekannt, welche die gewünschte Beute leicht erobern können, nahm er sogleich die Miene der frömmsten Demut und eines liebenden Verlangens an. Ach! welche Arglist war unter dieser Milde, dieser Unterwürfigkeit verborgen! Einmal aus seinem Herzen entwichen – so hat es mich der Erfolg gelehrt –, war die fromme Liebe nie wieder dahin zurückgekehrt und leuchtete nur mit betrügerischem Schein aus den Zügen seines Angesichts.

      Doch ich will nicht jeden kleinen Zug voll von erfinderischer Arglist erzählen, und es sei genug, zu sagen, daß sein ganzes Wesen mich mit schneller, unerwarteter Liebe entzündete. Ich weiß nicht, war es sein Werk oder das Werk der Schicksalsmächte: genug, ich liebte ihn, und ich liebe ihn noch!

      Dieser also war es, ihr mitfühlenden Frauen, den mein Herz vor allen andern wählte! Nach einer flüchtigen Aufmerksamkeit erkor es sich unter so vielen edeln, schönen und mutigen Jünglingen meines ganzen Landes nur diesen allein auf ewig, zum unumschränkten Gebieter meines Lebens. Er war es, den ich über alles liebte und liebe. Er war es, welcher Anfang und Quelle all meiner Leiden sein sollte, und wie ich hoffe, auch meines Todes. Dies war der Tag, der mich zuerst aus einem freien Weib zu der elendesten Sklavin machte. Dies war der Tag, an dem ich die Liebe, mir bis dahin gänzlich unbekannt, zum erstenmal kennenlernte. Dies war der Tag, an dem das Gift der Leidenschaft zum erstenmal die reine, keusche Brust durchdrang! Ach! daß zu meinem Elend je ein solcher Tag der Welt geleuchtet hat! Wieviel Schmerz und Angst wäre mir ferngeblieben, wenn dichtes Dunkel diesen Tag verschlungen hätte! Doch was klage ich! Das einmal geschehene Übel kann eingesehen, aber niemals wieder gutgemacht werden.

      Ich war bezwungen; die feindliche Macht, deren Gewalt ich erlag, war es eine Furie der Hölle oder eine feindliche Schicksalsgöttin, welche meine reine Glückseligkeit beneidete und ihr nachstellte – sie durfte sich seit diesem Tag mit der größten Hoffnung eines unfehlbaren Triumphs tragen. Ganz in der neuen, unbekannten Leidenschaft verloren, saß ich erstaunt und mir selbst entrückt unter den andern Frauen; die heiligen Lieder wurden von mir kaum gehört, viel weniger verstanden, und ebensowenig vernahm ich, was die Gespielinnen unter sich oder mit mir redeten. So sehr erfüllte die neue, plötzliche Liebe meine ganze Seele, daß ich mit Blicken und Gedanken stets nach dem geliebten Jüngling hingewandt war und in mir selbst nicht begreifen konnte, wohin ein so heftiger Trieb mich führen würde.

      O! wie oft schalt ich, voll Sehnsucht, ihn näher bei mir zu sehen, sein Verweilen hinter den andern und schrieb auf die Rechnung der Lauigkeit, was nur seine Klugheit war. Denn schon war die Aufmerksamkeit der andern Jünglinge, die vor ihm standen, erregt: da meine Augen immer einen unter ihnen suchten, so wähnten sie selbst das Ziel meiner Blicke und vielleicht meiner Sehnsucht zu sein.

      Während ich verloren in träumerischen Gedanken war, ging der Gottesdienst zu Ende; schon waren die Gefährtinnen aufgestanden, um den Tempel zu verlassen, als ich endlich die Seele, die das Bild des lieblichen Jünglings umschwebte, gewaltsam zurückrief und, was um mich her vorging, wahrnahm. Ich stand auf, und meine Blicke, die den seinigen zu begegnen suchten, lasen in seinen Augen, was die meinigen ihm selbst zu sagen strebten: wie schmerzlich mir das Weggehen sei! Gleichwohl mußte ich, mit Seufzen und ohne zu wissen, wer er sei, mich aus dem Tempel entfernen.

      O! wer sollte glauben, meine Freundinnen, daß ein einziger Augenblick das Herz in so hohem Grade erschüttern, daß ein nie gesehener Mann auf den ersten Anblick so unbegreiflich geliebt werden könne!

      Wer sollte glauben, daß das Anschauen allein die Sehnsucht so wunderbar entzünden könnte, daß, dieses Anschauens beraubt, ein brennender Schmerz die Seele durchdringt und nur der Wunsch

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