Erzählungen aus 1001 Nacht - 1. Band. Anonym

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Erzählungen aus 1001 Nacht - 1. Band - Anonym

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und macht ihn zum Vertrauten. Deshalb fürchte ich für des Königs Leben.‹ Der König, der sehr unruhig war und die Farbe wechselte, fragte: ›Wen beargwöhnst du, und auf wen spielst du an?‹ und der Minister erwiderte: ›O König, wenn du schläfst, erwache: ich meine den Arzt Duban.‹ Versetzte der König: ›Pfui! Das ist ein treuer Freund, den ich über alle Menschen ehre, weil er mich geheilt hat durch etwas, was ich in der Hand hielt, und er heilte meinen Aussatz, der allen Ärzten Trotz geboten hatte; ja, er ist einer, dessengleichen in unseren Tagen nicht zu finden ist – nein, nicht in der ganzen Welt, vom fernsten Ost bis zum äußersten West! Und von einem solchen Mann sagst du so harte Dinge! Von heut an setze ich ihm ein festes Jahrgeld aus, jeden Monat tausend Goldstücke; und wollte ich auch mein Reich mit ihm teilen, es wäre noch geringer Lohn. Ich muß wohl glauben, du sprächest so aus bloßem Neid und aus Eifersucht, wie man vom König Sindibad berichtet.‹ – –«

      Und Schahrazad bemerkte das Grauen des Tages und hielt inne in der verstatteten Rede. Da sprach Dunyazad: »O meine Schwester, wie heiter ist deine Erzählung, und wie entzückend und wie anmutig und berückend!« Und sie erwiderte: »Und wo bleibt dies im Vergleich mit dem, was ich dir in der kommenden Nacht erzählen könnte, wenn der König mein Leben zu schonen geruhte!« Da sprach der König zu sich selber: »Bei Allah, ich will sie nicht erschlagen, bis ich den Rest ihrer Geschichte hörte, denn sie ist wirklich wunderbar.« So ruhten sie diese Nacht in gegenseitiger Umarmung, bis zum Tage. Dann ging der König in seine Regierungshalle, und der Vezier und die Truppen traten ein, und der Saal war übervoll; und der König gab seine Befehle, und ernannte und setzte ab und befahl und verbot während des Restes des Tages, bis der Hof aufbrach und König Schahryar in den Palast zurückging. Als nun die Fünfte Nacht da war, sagte Dunyazad zu ihrer Schwester: »Erzähle uns doch die Geschichte zu Ende, wenn du nicht schläfrig bist«; und Schahrazad fuhr fort: »Ich vernahm, o glücklicher König und mächtiger Monarch, daß König Yunan zu seinem Minister sagte: ›O Vezier, du bist einer, den der böse Geist des Neides auf diesen Arzt gepackt hat, und du schmiedest Ränke, damit ich ihn töten lasse; aber ich würde es nachher schwer bereuen, genau wie es König Sindibad gereute, als er seinen Falken getötet hatte.‹ Sprach der Vezier: ›Verzeih mir, o König der Zeit, wie war das?‹ So begann der König

      ›Es wird erzählt (aber Allah ist allwissend!), daß einst ein König der Könige von Fars regierte, der Vergnügen und Unterhaltung, und besonders das Reiten und Jagen liebte. Er hatte einen Falken aufgezogen, den er die ganze Nacht auf der Faust behielt, und so oft er auf die Jagd ging, nahm er diesen Vogel mit; und er ließ ihm ein goldenes Näpfchen machen, das er um den Hals trug, um daraus zu trinken. Eines Tages nun, als der König ruhig in seinem Palaste saß, siehe, da kam der Großfalkonier des Hauses plötzlich und sprach: ›O König der Zeit, dies ist wahrlich ein Tag für die Vogeljagd.‹ Und der König gab demgemäß Befehl und nahm den Falken auf die Faust; und sie zogen lustig aus, bis sie zu einem Wadi kamen, wo sie einen Kreis von Netzen stellten; und siehe, da kam eine Gazelle bis in die Stricke gelaufen, und der König rief: ›Wer diese Gazelle über seinen Kopf springen läßt und sie verliert, den will ich wahrlich erschlagen.‹ Und sie zogen die Netze um die Gazelle zusammen, die dorthin drängte, wo der König war; und indem sie nur auf den Hinterfüßen stand, kreuzte sie die Vorderfüße vor der Brust, als wolle sie vor dem König den Boden küssen. Er aber beugte die Stirn dem Tier zum Gruß, und alsbald setzte es hoch über seinen Kopf hinweg und jagte in die Wüste davon. Da wandte der König sich zu seinen Truppen, und er sah, wie sie sich zublinzelten und auf ihn zeigten, und er fragte: ›O Vezier, was sagen meine Leute?‹ und der Vezier erwiderte: ›Sie sagen, du habest verkündigt, wer immer die Gazelle über seinen Kopf entschlüpfen lasse, der solle getötet werden.‹ Sprach der König: ›Nun, beim Leben meines Hauptes! Ich will ihr folgen, bis ich sie wiederbringe.‹ So ritt er davon und galoppierte auf der Spur der Gazelle und gab die Verfolgung nicht auf, bis er zu den Vorhügeln eines Gebirges kam, wo die Gazelle eine Höhle zu erreichen suchte. Da warf der König seinen Falken hinter ihr drein, und der holte sie ein, stieß herab, schlug ihr die Sporen in die Augen und verwirrte und blendete sie; und der König ergriff seine Keule und holte zu einem Schlage aus, der das Wild zu Boden streckte. Dann saß er ab, und er durchschnitt der Gazelle den Hals, zog ihr das Fell ab und hing es an seinen Sattelknopf. Nun war es die Zeit der Mittagshitze, und die Höhe glühte und war trocken, und nirgends war Wasser zu finden. Den König aber dürstete und ebenso seinen Pferd; so ging er umher und suchte, bis er einen Baum fand, von dessen Zweigen wie geschmolzene Butter Wasser floß. Da nahm der König, der lederne Handschuhe trug, um sich vor Giften zu schützen, den Becher von seines Falken Hals, füllte ihn mit Wasser und setzte ihn seinem Vogel vor, und siehe, der Falke stieß ihn mit der Kralle um und verschüttete das Wasser. Der König füllte ihn ein zweites Mal mit den tröpfelnden Tropfen, denn er glaubte, sein Falke sei durstig; aber wieder schlug der Vogel mit den Sporen nach dem Napf und warf ihn um. Da wurde der König zornig auf den Falken, und indem er den Becher ein drittes Mal füllte, bot er ihn dem Pferde, aber der Falke schlug ihn mit dem Flügel um. Sprach der König: ›Allah verdamme dich, unseligstes fliegender Wesen! Du hinderst mich am Trinken und beraubst auch dich und das Pferd.‹ Und er schlug mit dem Schwerte nach dem Falken und schnitt ihm den Flügel ab; aber der Vogel hob den Kopf und sagte durch Zeichen: ›Sieh, was am Baume hängt!‹ Und der König hob die Augen und erblickte eine Vipernbrut, deren Gifttropfen er für Wasser gehalten hatte; da reute es ihn, daß er dem Falken den Flügel abgeschlagen hatte, und er stieg aufs Pferd und ritt mit der toten Gazelle davon, bis er im Lager ankam, seinem Ausgangspunkt. Das Wild warf er dem Koch zu, indem er rief: ›Nimm und brate‹; und er setzte sich auf seinen Stuhl, und der Falke saß ihm noch auf der Faust, bis er plötzlich schnappte und verstarb. Da aber schrie der König auf in Schmerz und Reue, weil er den Falken, der ihm das Leben gerettet hatte, erschlagen mußte. Solches nun geschah dem König Sindibad; und ich bin sicher, täte ich, wie du wünschest, ich würde es bereuen, genau wie der bereute, der seinen Papageien tötete.‹ Sprach der Vezier: ›Und wie war das?‹ Und der König begann

      ›Ein Mann und ein Kaufmann dazu hatte ein schönes Weib gefreit, eine Frau von vollendeter Schönheit und Anmut, Lieblichkeit und Ebenmaß. Er war sehr eifersüchtig auf sie, und das hielt ihn von allen Reisen ab. Als er sich schließlich aber doch gezwungen sah, sie zu verlassen, ging er auf den Vogelmarkt und kaufte für hundert Goldstücke einen Papageien, den er als Wächter in sein Haus setzte, damit er ihm bei seiner Rückkehr erzähle, was während der Zeit seiner Abwesenheit geschehen wäre; denn der Vogel war schlau und klug, und nie vergaß er, was er gehört und gesehen hatte. Nun hatte sich sein schönes Weib in einen jungen Türken verliebt, der sie zu besuchen pflegte, und sie bewirtete ihn Tag für Tag und lag nachts bei ihm. Als nun der Kaufmann seine Reise gemacht und sein Ziel erreicht hatte, kehrte er heim; und sofort ließ er sich den Papageien bringen und befragte ihn über das Verhalten seiner Frau, während er in der Ferne gewesen war. Sprach der Vogel: ›Dein Weib hat einen Freund, der während deiner Abwesenheit jede Nacht bei ihr verbrachte.‹ Da ging der Ehemann in heller Wut zu seiner Frau und prügelte sie so, daß jeder Leib daran genug gehabt hätte. Das Weib vermutete, eine der Sklavinnen habe dem Herrn gegenüber geschwätzt, rief sie zusammen und befragte sie auf ihren Eid; aber alle schworen, sie hätten das Geheimnis bewahrt, nur der Papagei nicht; und sie fügten hinzu: ›Wir hörten es mit eigenen Ohren!‹ Da ließ das Weib eins der Mädchen eine Mühle unter den Käfig setzen und sie mahlen, und eine zweite Wasser durch das Dach des Käfigs sprengen, und eine dritte die liebe lange Nacht hindurch mit einem Spiegel aus blankem Stahl durchs Zimmer blitzen. Als nun der Ehemann, der von einem seiner Freunde bewirtet worden war, am nächsten Morgen nach Hause kam, ließ er sich wieder den Papageien bringen und fragte ihn, was geschehen sei während er fort war. ›Verzeih mir, o mein Herr‹ sprach der Vogel, ›ich konnte wegen des starken Regens und des Donnerns und Blitzens die ganze Nacht hindurch nichts hören noch sehen.‹ Nun war es Sommer, und so erstaunte der Herr und rief: ›Aber wir sind jetzt im Tammuz, und das ist keine Zeit für Sturm und Regen.‹ ›Doch bei Allah,‹ versetzte der Vogel, ›ich

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