Die verborgenen Geheimnisse. Marc Lindner
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„Ruht euch erst einmal aus“, fuhr der Abt fort. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mir Morgen genauer von euren Reisen erzählen.“
Hönnlin war dieser Aufschub recht und so nutzte er den restlichen Tag, um durch das Kloster und seinen Garten zu streifen, während er alte Bekanntschaften auffrischte.
Am folgenden Morgen nahm der Abt Hönnlin gleich nach der ersten Andacht in Beschlag. Während die Brüder zum Frühstück gingen, folgte Hönnlin Vater Andreas nach einem kurzen Umweg in dessen Arbeitszimmer. Hönnlin war darauf vorbereitet gewesen und hatte den Ertrag seiner Pilgerfahrt bereitgestellt.
Es war ein etwas merkwürdiger Besuch. Wirklich gut kannten die Beiden sich nicht. Ihre Verbundenheit fußte fast nur auf ihre gemeinsame Ordenszugehörigkeit. Zwar war Hönnlin in all den Jahren öfters hier gewesen, doch meist nur für wenige Tag und zweimal für einige Wochen. Ihre Gespräche waren meist kurz und zweckgebunden. Vater Andreas hatte nie einen Hehl daraus gemacht, das Reisen von Mönchen nicht zu mögen, wenngleich er das Missionieren durchaus begrüßte. Hönnlin wusste nie recht, ob Vater Andreas sich des Widerspruchs bewusst war, oder ob es genau das war, worüber er sich eigentlich am meisten ärgerte.
„Wie lange beabsichtigt ihr zu bleiben?“, fragte der Abt unvermittelt, nachdem er sich alle Bücher und Schriften angesehen hatte und die beiden Bücher, die Hönnlin für dieses Kloster mitgebracht hatte, sorgsam in einem Schrank verstaute.
„Ich gedachte in meine Heimat zurückzukehren und mich ganz dem Klosterleben zu widmen.“
„Das freut mich zu hören. Ihr werdet sehen, eure Seele wird endlich Ruhe finden.“
Hönnlin nickte verständnisvoll. „Aber ich wollte die Alpen nicht vor Beginn des Sommers überqueren, darum wollte ich mich für wenige Wochen den Aufgaben hier stellen und wenn es möglich ist, solange hier bleiben.“
„Ihr seid stets willkommen und eine Bereicherung für das Kloster.“
Hönnlin fand, dass sich der Abt diesmal eigenartig benahm. Er war auch unruhiger als es Hönnlin von ihm kannte.
„Sind die Bücher fertig, um die ich gebeten hatte?“
„So weit ich weiß sind sie bereits seit Monaten fertig. Sie liegen für euch bereit.“ Der Abt war mit seinen Gedanken woanders.
„Dann wird es wahrlich Zeit, dass ich zurückkehre. Ich war nun etliche Jahre fort.“
„Darf ich um etwas Aufschub eurer Heimreise bitten?“
„Wenn es euer Wunsch ist.“ Hönnlin war gespannt, auf was der Abt hinaus war. Auf jeden Fall behagte es ihm nicht, Hönnlin das fragen zu müssen.
„Die Nonnen sind vor dem Winter mit einem Wunsch an mich herangetreten, den ich nicht abschlagen kann“, begann Vater Andreas schwerfällig.
Hönnlin wartete geduldig.
„Sie haben eine Novizin, die nach Frankreich muss. Dort soll sie ihr Französisch festigen, da sie des Italienischen nun mächtig ist.“
„Und jetzt sucht ihr sicheres Geleit?“
„Ja, die Nonnen wollen sie nicht unkultivierten Menschen in Obhut geben, erst recht nicht für eine solch lange Reise.“
„Sie ist wohlmöglich von großem Wert“, schlussfolgerte Hönnlin und aus dem Gesicht des Abtes konnte er lesen, dass er recht hatte.
„Jeder Mensch ist gleich viel wert!“, behauptete Vater Andreas mit gespielter Empörung, da er die Wahrheit weder aussprechen noch hören wollte.
„Die Nonnen können keine solche Reise unternehmen, es wäre für sie zu gefährlich.“
„Es ist für jede Frau gefährlich, erst recht, wenn sie wie Nonnen weithin als solche erkenntlich sind“, bestätigte Hönnlin. Er verstand die Nonnen nur allzu gut. Das Problem das Vater Andreas wegen dem Ganzen empfand, war eigentlich nur, dass er Hönnlin abermals in ein Abenteuer schickte.
„Ich nehme an, ich soll mit ihr alleine reisen und Sorge tragen, dass sie unbeschadet ankommt?“
„So ist es“, sprach Vater Andreas es erleichtert aus, nun da es heraus war.
Hönnlin dachte eine Weile nach.
„Ich bin für ihren Schutz verantwortlich?“, fragte Hönnlin nach.
„So ist es!“
„Als Novizin ist die Reise zu gefährlich. Für sie genau so wie für mich.“
Der Abt mochte das Wort gefährlich noch weit weniger hören als das Wort Abenteuer.
„Ich bin gerne dazu bereit, aber sie wird sich kleiden wie ein Mönch.“
„Das kommt nicht infrage!“, empörte sich Vater Andreas.
„Wenn euch ihr Schutz wichtig ist, werdet ihr dem zustimmen“, blieb Hönnlin ruhig.
Der Abt schüttelte hilflos den Kopf.
„Meinet wegen kann sie die Stadt als Novizin verlassen und als Novizin wird sie ankommen. Aber dazwischen trägt sie Mönchskleidung.“
Der Abt dachte darüber nach.
„Es bleibt unser drei Geheimnis. Es dient einzig ihrem Schutz“, versprach Hönnlin.
„Es ist eine Sünde, ein Leben unnütz in Gefahr zu setzen. Der Herr wird über euch wachen, aber ihr sollt ihn nicht auf die Probe stellen. Clara wird die Stadt als Novizin verlassen. Gott allein weiß was danach passiert.“
„Wann soll die Reise beginnen?“, fragte Hönnlin.
„In etwa einem Monat. Noch ist es zu kühl.“
„Dann bereite ich alles vor“, nahm Hönnlin die Aufgabe an. Für ihn spielte es keine Rolle, dass ihm ein Umweg auferlegt wurde. Dann würde er eben über Frankreich reisen. Hier war das Gebirge ohnehin leichter zu überqueren.
Gute drei Wochen nach Hönnlins Ankunft im Kloster schwang das Wetter um, und es wurde spürbar wärmer. An einem Montagsmorgen standen die Äbtissin und Clara beim Abt im Arbeitszimmer. Hönnlin war dorthin bestellt worden, damit sich die Äbtissin ein Bild von ihm machen konnte.
Neben Clara vertraute sie ihm auch eine fest eingepackte Kiste an. Vater Andreas musste davon gewusst haben, denn er war keineswegs überrascht.
„Darin ist ein Brief für die Äbtissin. Auch sind Bücher darin für deren Bibliothek. Gebt gut darauf Acht.“
Hönnlin versprach Clara und die Bücher vor allem zu schützen, soweit es in seiner Macht lag, den Rest würde er Gott anvertrauen. Hönnlin konnte sich nun sicher sein, dass Clara aus einer reichen Familie stammte. Die Bücher waren die Bezahlung der Ausbildung. Vielleicht hatte auch die Äbtissin selbst entscheiden, das erhaltene Geld gegen Bücher einzutauschen.
Am Morgen danach reisten sie ab. Doch es würde länger dauern als Hönnlin gedacht hatte. Clara war es untersagt worden, zu reiten und so verließen sie die Stadt mit nur einem