Mafia - Allmacht einer Holding. Heike Bonin
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Während früher die sizilianische Cosa Nostra als mächtigste Mafia-Organisation galt, hat in den letzten zwei Jahrzehnten die kalabrische ’Ndrangheta eine steile Karriere hingelegt. „Nach den Morden an den beiden Staatsanwälten Giovanni Falcone und Paolo Borsellino waren die Scheinwerfer des öffentlichen Interesses fast ausschließlich auf Sizilien gerichtet,“ und im Schatten der Cosa Nostra konnte die `Ndrangheta fast unbemerkt wachsen. „Aus den bäuerlichen Clans, die einander Schafe raubten, war die reichste Mafiaorganisation Italiens geworden, mit einem geschätzten jährlichen Geschäftsumsatz von 45 Milliarden Euro“ [Reski 2010:87].
Die Mafia ist die größte italienische Holding, mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 135 Milliarden Euro und einem Nettogewinn von 70 Milliarden Euro [4]. Im Oktober 2009 berichtete die englische The Guardian [5], dass die Mafia 14,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes Italiens kontrolliert, das heißt eines Landes, das zu der Gruppe der acht mächtigsten Nationen der Welt gehört (G8).
Die Aktivitäten der Mafia liegen nicht nur in Waffen- und Kokainhandel, Betrug und Fälschung, Mord und Erpressung. Die Mafia braucht auch das legale Geschäft (z.B. Restaurants und Pizzerien), unter anderem um ihr Geld zu waschen. „In Italien gaben die Antimafiafahnder im Sommer 2010 bekannt, dass heute mindestens 5.000 Restaurants Geldwaschanlagen der Mafia sind, in Großstädten wie Rom und Mailand soll sogar jedes fünfte Restaurant der Mafia gehören“ [Reski 2010:111].
Die Mafia mischt auch im Baugeschäft und Finanzhandel kräftig mit.
In Italien pflegt die Mafia seit mehr als einem halben Jahrhundert enge Kontakte zur Politik. Der sizilianische Staatsanwalt und oberste Mafia-Jäger Piero Grasso beschreibt dieses Verhältnis so: „Mafia und Politik verhalten sich zueinander wie der Fisch und das Wasser: Es gibt kein Wasser ohne Fische und keine Fische ohne Wasser. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Politik eher Lust auf die Mafia hat und sich davon nicht wirklich befreien will.“
Die Mafia kontrolliert viele Wählerstimmen und war in Italien immer wieder Teil der Regierung. Mehrere Mafiaaussteiger wie Tommaso Buscetta berichteten vor den Richtern über die Treffen zwischen Giulio Andreotti und den Mafiabossen. Andreotti war 21mal Minister, 7mal Regierungschef, ewiger Strippenzieher der Democrazia Cristiana (DC) und zählt Henry Kissinger und Helmut Kohl zu seinen engen Freunden .
Seit 2010 ist endgültig bewiesen, dass auch Silvio Berlusconi seit Jahrzehnten enge Kontakte zur Mafia pflegt [8]. Der Mediator ist seine rechte Hand Marcello Dell’Utri.
Dell’Utri war leitender Manager von Berlusconi’s Holding Fininvest, Mitbegründet von Berlusconi’s Partei Forza Italia im Jahr 1993, von 1999 bis 2004 Europäischer Abgeordneter in den Reihen des Europäischen Volkspartei (PPE), heute Mitglied des italienischen Senats. Dell’Utri wurde 2004 zu einer Gefängnisstrafe von neuen Jahren verurteilt, wegen externer Beteiligung an einer mafiösen Vereinigung. Im Juni 2010 hat das Berufungsgericht von Palermo die Verurteilung bestätigt, die Gefängnisstrafe jedoch auf sieben Jahre herabgesetzt.
© Davide Brocchi, 15.12.2010
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Was Geheimdienste damit zu tun haben und wie sich so manches verändert hat beschreibt Alfred McCoy in einem seiner gut recherchierten Bücher :
Mit Drogenkriegen Politik betreiben – das gehört seit 50 Jahren zur Strategie der CIA, so Alfred W. McCoy in „Die CIA und das Heroin“. Und er kann es belegen. Was als Abwehrkampf gegen Kommunismus und Terrorismus gedacht war, hatte – und hat – dramatische Folgen.
Ganz gleich, ob in Südostasien, am Hindukusch oder in Südamerika, ob in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts oder in der Gegenwart: Die Drogenkriege der CIA laufen stets nach ein und demselben Muster ab. Lediglich das Feindbild hat sich geändert.
Über Jahrzehnte versuchte die Central Intelligence Agency die Ausbreitung des Kommunismus mit der Geheimwaffe Heroin einzudämmen, nun ist der islamistische Terrorismus als „Staatsfeind Nummer Eins“ in den Fokus gerückt.
Alfred McCoy kann seine Kernthese, ihre Ursachen und ihre Folgen, anhand zahlreicher Beispiele belegen. Das Muster der CIA-Aktionen funktionierte und funktioniert demnach überall so wie in Asien:
In Birma, Laos und Afghanistan sorgte eine gesteigerte Opiumproduktion für die entscheidende Unterstützung der Geheimoperationen. Als die Stammesgesellschaften für die CIA-Geheimkriege mobilisiert wurden, mussten sie Arbeitskräfte vom Subsistenzlandbau abziehen und sie in den Krieg umlenken. Dadurch sank die Lebensmittelproduktion. Um sich dennoch ausreichend versorgen zu können, waren diese Gesellschaften nun auf die vergleichsweise guten Erlöse aus dem marktorientierten und zudem nicht so arbeitsintensiven Mohnanbau angewiesen. Aus Sicht der CIA ersparten ihr die Erlöse aus dem Drogenverkauf hohe, vielleicht sogar unbezahlbar hohe Kosten.
Die Folgen sind stets verheerend: Aus den von der CIA protegierten lokalen Kriegsherrn werden Drogenproduzenten, die an ihrem Geschäftsmodell auch dann noch festhalten, wenn die CIA ihre Dienste nicht mehr benötigt. So entstand in der Mitte des letzten Jahrhunderts mit maßgeblicher Unterstützung des US-Geheimdiensts das so genannte „Goldene Dreieck“ in der Region Laos-Thailand-Birma. Dort wurde im Überfluss hochwertiges Heroin hergestellt, das zunächst buchstäblich tonnenweise von den GIs im Vietnamkrieg konsumiert wurde – und später dann den amerikanischen Markt überflutete.
Die Zahl der Rauschgiftabhängigen wuchs dramatisch an
Aber nicht nur Millionen von US-Bürgern wurden auf diese Weise zu Drogenopfern, die Produkte der riesigen Mohnanbaugebiete fanden überall auf der Welt ihre Abnehmer. Somit führte die fahrlässige Drogenpolitik der CIA ungewollt zu einem dramatischen Anstieg der Zahl von Rauschgiftabhängigen auf allen Kontinenten, während zugleich ganze Regionen und Staaten dauerhaft destabilisiert wurden.
Denn die Bemühungen der USA – und auch das zeigt McCoy in seinem Buch –, die aus dem Ruder gelaufene Heroinproduktion nach dem Abschluss der verdeckten militärischen Operationen zu unterbinden, schlagen in der Regel fehl: Die lokalen Drogenkartelle sind meist mächtig genug sich zu widersetzen, etwa durch eine flexible Verlagerung der Anbaugebiete oder durch Bestechung der korrupten Politiker in ihrer Heimat. So verharrt die Verbreitung von Drogen auf hohem Niveau, mit weltweiten katastrophalen Konsequenzen:
Während der 1990er Jahre speiste die stark steigende afghanische Opiumernte einen internationalen Schmuggel, der Zentralasien, Russland und Europa zu einem riesigen illegalen Markt für Waffen, Drogen und Geldwäsche verknüpfte: Die Drogen flossen aus Afghanistan Richtung Westen nach Europa; Waffen und Geld strömten nach Osten zurück (…) Wo immer dieser unsichtbare Handel Etappe machte, um das Rauschgift zu verarbeiten, zu verpacken oder zu tauschen, verästelte sich das illegale Geschäft rasch und förderte Korruption, Massensucht und HIV-Infektionen. Durch die Alchemie des Kapitalismus entstanden allenthalben Mafiaorganisationen, bewaffnete ethnische Separatisten und eine Kultur der Kriminalität.
Alfred McCoys Buch „Die CIA und das Heroin“, das in den USA erstmals 1972 erschien, gilt längst als Klassiker, der jetzt aktualisiert in deutscher Übersetzung vorliegt. Vor über vierzig Jahren wäre es der CIA beinahe gelungen, eine Veröffentlichung