Wir hatten mal ein Kind. Ханс Фаллада

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Wir hatten mal ein Kind - Ханс Фаллада

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dem Dünge-Versuchsring heraus, er habe ein bißchen sehr rückständige Auffassungen, wie, was? Und der Bauer war denn ja auch mit diesem Resultat ganz zufrieden.

      Wie alt das Haus nun aber auch sein mag, ob vierhundertsechzig oder ob sechzig Jahre, jedenfalls stammt es noch mit seinen drei Stuben für eine ganze Bauernfamilie aus einer sehr anspruchslosen Zeit, und da die Gäntschows zwar vielerlei Sparren, aber nie den Bausparren gehabt haben, so ist an diesen drei Stuben auch nie etwas geändert worden. Und sie haben eigentlich Lebenszuschnitt und Lebenshaltung der Gäntschows bestimmt, viel stärker als die Zeiten, mochten die auch einmal für den Bauern sehr gut sein.

      Nein, das Haus ist kaum je ein Heim, sondern mehr eine Höhle für die Gäntschows gewesen, in die man sich nur bei schlimmstem Wetter verkroch. Es soll zwar ein Gäntschow gewesen sein, der, bei solch schlimmen Wetter an den Ofen gelehnt, mit einem tiefen Aufatmen das Wort gesprochen haben soll: Ist gut, daß die Häuser so hohl sind, daß Menschen drin wohnen können – aber wenn die Häuser nicht so hohl gewesen wären, die Gäntschows hätten sich auch mit der nächsten Erdhöhle oder noch besser mit dem nächsten Krug beholfen. Die Männer heißt das. Was mit den Frauen geworden wäre, bleibt fraglich, aber nie für den Bauern: über ihre Frauen und wie sie im Leben zurecht kamen und was aus ihnen wurde, haben sich die Gäntschows kaum besondere Gedanken gemacht. Sie sind immer ein Männergeschlecht gewesen, für männliche Arbeit, männlichen Streit. Die Frauen führten daneben ein Schattendasein mit Essenkochen, Kinderkriegen, Hühnerbesorgen. Nicht einmal der Kuhstall wurde ihnen hier zugestanden. Kühe waren schon zu kompliziert für solche Wesen.

      Als der Großvater Malte Gäntschow längst Witwer und schon in den Siebzigern war, hatte er einmal eine neue Wirtschafterin zu engagieren. Das fünfundzwanzigjährige Mädchen fragte den weißhaarigen Greisen, was es wohl so zu tun hätte auf dem Hof, und er zählte auf: Essenkochen!

      Joa, kann ich.

      Hühner besorgen.

      Joa, Bur, kann ich.

      Wäsch' waschen.

      Joa, Bur, kann ich auch.

      Schwein einschlachten.

      Joa, Bur, kann ich.

      Schlafen.

      Als wie was? Schlafen –?

      Dumme Deern, bi mi slopen, versteiht sick!

      Joa, wenn't sin möt, Bur ...

      Versteiht sick.

      Joa, wenn't sin möt, Bur, kann ick.

      Nein, keine Probleme, es kam, aber es kam als letztes, hinter den Hühnern und dem Einschlachten.

      Dieser alte Malte Gäntschow ist es übrigens auch gewesen, der sich statt einer Kuh eine Frau gekauft hat, und noch dazu auf dem Festlande drüben, woher die Fiddichower sich im allgemeinen nicht ihre Frauen holen. Alle Jahre bis zu ihrem frühen Tode in einem Kindbett hieß die junge Frau statt ihres christlichen Taufnamens Justine die Silberkuh, und das kommt von der Sache mit den Silberkühen, über die die alten Leute der Insel heute noch zu erzählen wissen.

      Damals, als der noch ganz junge Malte Gäntschow unverheiratet nach seines Vaters Tode den Hof übernahm, also vor fast hundert Jahren, hatten die Bauern auf Fiddichow noch nicht das schöne schwarzbunte Niederungsvieh mit seinen hohen Milcherträgen wie heute, sondern struppige, rotbraune Kühe, klein wie Ponys. Sie gaben wenig Milch und waren wild und ungebärdig wie die Katzen.

      Es verbreitete sich aber über die Halbinsel Fiddichow das Gerücht, daß jetzt drüben auf dem festen Lande eine andere Art Rind aufkäme, schwere, tief gebaute Rinder mit breiter Brust, mit einem Rücken gerade wie ein Eschenstamm, mit kurzen silbrigen Hörnern, gutartig, fromm, hoch in der Milch und mit einer nie vernommenen Sahnenausbeute. Das Gerücht mag mit den Holzfahrern aus den Buchenwäldern Jasmunds über die Kerbe gekommen sein. Oder Fischer, die nach Stralsund mit ihren Böten gefahren waren, mögen es mitgebracht haben. Jedenfalls, keiner, der davon sprach, hatte das Vieh mit eigenen Augen gesehen, konnte sagen, auf welcher Hofstätte, in welchem Dorf es denn nun eigentlich stand.

      Aber je weniger Deutliches man wußte, um so mehr wuchsen die Gerüchte, die im Schwange waren, die Bullen wurden zwanzig, ja fünfundzwanzig und dreißig Zentner schwer, wahre Urtiere, die durch die Tür keines Fiddichower Stalls zu bringen gewesen wären. Die Milch der Kühe floß aus einem übergroßen Euter so reichlich, daß man nicht mit einem, nein, mit zwei Melkeimern zu jeder Kuh kommen mußte, und daß ein starkes Mädchen von dem Melken zweier Kühe müde werden sollte. Was aber die Farbe anging, so wurde allmählich aus den Silberhörnern eine ganze Silberhaut. Ohne Flecken, schlohweiß sollten die Tiere sein, mit einem Glanz des Fells, von dem man noch nie vernommen.

      Die Bauern saßen in den Schenken und hörten mißtrauisch und grinsend auf dies Gerede, zuerst waren es ja keine Bauern, die davon sprachen, sondern fahrendes Volk: Fuhrleute, Fischer, auch die braunen Zigeuner in ihren grün gestrichenen Wohnwagen. Sie horchten darauf, als erzählte man Erwachsenen Kindermärchen, und sie fragten wohl auch, ob der Erzähler sich nicht verguckt hätte und dem Elefanten aus dem Naturgeschichtsbuch im Traum begegnet wäre. Eine Weile waren die Wörter Elefantenmilch und Elefantenkäse beliebte Wörter für Lügen auf der Insel. Allmählich aber entzündete sich die Phantasie der Leute an diesen Geschichten, es gab in jenen Tagen so viel Neues, das erste Dampfboot hatte fauchend und qualmend im Rieker Hafen gelegen, neuartige Ackergeräte ganz aus Eisen waren aufgetaucht, und man sprach davon, daß die Schafwolle nichts mehr gelte, sondern daß eine andere Wolle, die auf Pflanzen wüchse, alle Schafe ausrotten würde. Die Spötter verstummten allgemach, ein und das andere vorsichtige Wort fiel, man solle doch einmal solch ein Tier mitbringen, über den Preis werde sich schon reden lassen. Oder man solle doch wenigstens genau verkünden, wo solche Tiere zu sehen seien.

       Natürlich waren es mehr die jungen Leute, die solche Äußerungen taten, die älteren hüteten sich wohl, ihren langsam erworbenen Ruf der Erfahrung und Weisheit durch irgendein Eingehen auf solches Gerede zu gefährden. Unter den jüngeren war es aber nun am meisten der Malte Gäntschow, der sein Herz an diese Geschichten hing. Er bedrängte alle, die etwas wissen konnten, mit Fragen, was die Silberkühe für Klauen hätten und ob sie wohl auch das stark mit Schilf versetzte Heu der hiesigen Wiesen fressen möchten. Die vagen Auskünfte befriedigten ihn immer weniger, er gab den Fahrenden fleißig Aufträge mit. Aber übers Jahr kamen nicht wieder dieselben Zigeuner, sondern ein anderer Trupp. Die Holzfahrer wollten wohl Botschaft bis Bergen oder gar bis Stralsund gesandt haben, aber es kam nie eine Antwort auf diese Botschaft, sondern nur ein anderes Gerücht. Und was die Fischer anging, so hatten sie mit ihrem Heringsverkauf zu viel zu tun, um auf die Suche nach Silberkühen zu gehen.

      Malte Gäntschow war auch darin ein echter Gäntschow, daß er von einem Gedanken, von einem Wunsch, der ihn einmal angefaßt hatte, nicht wieder los konnte: er dachte Tag und Nacht an die Silberkühe. Eines Abends im Frühjahr – es wurden grade die ersten Kartoffeln gesteckt – sagte er im Kirchdorfer Schwedischen Hof: so, nun habe er es satt, nun gehe er selbst auf die Suche nach den Silberkühen. Und er komme nicht eher zurück, er hätte denn eine.

      In der Nacht noch weckte er Mutter und Vorknecht, übergab ihnen auf unbestimmte Zeit den Hof und alles, was sein war, und saß morgens um fünf, gut mit Proviant und Geld versehen und mit einer festen Düffeljacke angetan, in seinem Boot und segelte mit dem schwachen Sonnenaufgangs-Wind auf den Rieker Bodden hinaus.

      Malte Gäntschow hatte nur ein kleines Schwertboot, aber der Rieker Bodden ist weder sehr breit noch sehr tief. Malte mußte auf engstem Fahrwasser ständig kreuzen, und so dauerte es viele Stunden, bis die Rieker Feldsteinkirche am Horizont

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