Die Abenteuer Tom Sawyers. Charles Dickens

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Die Abenteuer Tom Sawyers - Charles Dickens

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Schule?“

      „M — ja“

      „Sehr heiß, he?“

      „M — ja.“

      „Hattest du nicht Lust, zum Schwimmen zu gehen?“

      Tom stutzte — ein ungemütlicher Verdacht stieg in ihm auf. Er schaute forschend in Tante Pollys Gesicht, aber es war nichts darin zu lesen. So sagte er: „Nein — das heißt — nicht so sehr.“

      Die alte Dame streckte ihre Hand nach ihm aus, befühlte seinen Kragen und sagte: „Jetzt, scheint mir, kann dir jedenfalls nicht mehr zu warm sein, nicht?“ Auf diese Art, dachte sie, habe sie sich von der vollkommenen Trockenheit seines Kragens überzeugt, ohne ihre wahre Absicht von fern merken zu lassen. Aber Tom hatte trotzdem begriffen, woher der Wind wehte. So beeilte er sich wohlweislich, allen etwaigen Fragen zuvorzukommen.

      „Einige von uns haben sich den Kopf unter die Pumpe gehalten — meiner ist noch feucht — fühl nur.“ Tante Polly ärgerte sich, eine so wichtige Indizie übersehen zu haben; so hatte sie von vornherein ihre Waffen aus der Hand gegeben. Dann kam ihr aber ein neuer Gedanke.

      „Tom, du hast doch wohl nicht den Kragen, den ich dir an die Jacke genäht hatte, beim Unter-die-Pumpe-halten des Kopfes abgenommen? Mach doch mal die Jacke auf!“

      Toms Mienen hellten sich auf. Er öffnete seine Jacke. Sein Kragen saß ganz fest.

      „Wirklich. Na ‘s ist gut, du kannst gehen. Ich hätte darauf geschworen, daß du im Wasser gewesen seiest. Nun, dir geht es diesmal wie der gebrannten Katze, ich habe dich zu Unrecht in Verdacht gehabt — diesmal, Tom.“

      Sie war halb verdrießlich, so aus dem Felde geschlagen zu sein, und doch freute sie sich, daß Tom doch wirklich mal gehorsam gewesen war. Plötzlich sagte Sidney: „Ich hab‘ aber doch gesehen, daß du seinen Kragen mit weißem Zwirn genäht hast — und jetzt ist er auf einmal schwarz!“

      „Freilich hab‘ ich weißen genommen — Tom!“

      Aber Tom hatte sich schon aus dem Staube gemacht. „Na, warte, Sidney, das sollst du mir büßen,“ damit war er aus der Tür.

      An einem sicheren Plätzchen beschaute Tom dann zwei lange Nadeln, welche unter dem Kragen seines Rockes steckten, die eine mit schwarzem, die andere mit weißem Zwirn.

      „Sie allein hätte es nie gemerkt,“ dachte er, „ohne diesen Sid. Einmal schwarzen, das andere Mal weißen — zum Teufel, ich wollte, sie entschiede sich für einen, damit ich wüßte, woran ich wäre. Und Sid — na, seine Prügel sind ihm sicher; wenn ich‘s nicht tue, soll man mir die Ohren abschneiden.“

      Tom war kein Musterknabe, aber er kannte einen und haßte ihn von Herzen.

      Ein Augenblick — und Tom hatte alle seine Kümmernisse vergessen. Nicht, daß sie auf einmal geringer geworden wären oder weniger auf dem Herzen des kleinen Mannes gelastet hätten, — aber Tom hatte eine neue, wundervolle Beschäftigung, und die richtete ihn auf und half ihm über alles hinweg — für den Augenblick; wie eben ein Mann alles Mißgeschick beim Gedanken an neue Taten verschmerzt. Diese neue Beschäftigung war eine ganz neue Art, zu pfeifen, die ihm irgend ein Negerbengel vor kurzem beigebracht hatte, und die jetzt ungestört geübt werden mußte. Die wichtige Erfindung beruhte auf einem vogelartigen, schmetternden Triller, mit gleichzeitigem, durch Zungenschlag hervorgebrachten Geschwindmarsch von Tönen. Der Leser weiß, wie man diese delikate Musik ausübt — oder er ist niemals jung gewesen. Tom hatte mit Fleiß und Aufmerksamkeit bald den Trick heraus und schlenderte, den Mund voll Harmonie und Stolz im Herzen, die Dorfstraße hinunter. Er fühlte sich wie ein Sterngucker, der ein neues Gestirn entdeckt hat. Nur daß keines Sternguckers Freude und Genugtuung so tief und ungetrübt hatte sein können wie die Toms.

      Der Sommerabend war lang und noch hell. Plötzlich hörte Tom auf zu pfeifen. Ein Fremder stand vor ihm, ein Bursche, kaum größer als er selbst. Eine neue Bekanntschaft, einerlei, welchen Alters und Geschlechts, war in dem armseligen, kleinen St. Petersburg schon ein Ereignis. Dieser Bursche war gut gekleidet — zu gut für einen Werktag. Sonderbar. Seine Mütze war zierlich, seine enganliegende blaue Jacke neu und sauber, ebenso seine Hose. Er hatte Schuhe an, und es war erst Freitag! Er hatte sogar ein Halstuch um, ein wahres Monstrum von einem Tuch. Überhaupt hatte er etwas an sich, was den Naturmenschen in Tom herausforderte. Je mehr Tom das neue Weltwunder anstarrte, um so mehr rümpfte er die Nase über solche Geziertheit, und sein eigenes Äußere erschien ihm immer schäbiger. Beide schwiegen. Wollte einer ausweichen, so wollte auch der andere ausweichen, natürlich nach derselben Seite. So schauten sie lange einander herausfordernd in die Augen. Endlich sagte Tom: „Soll ich dich prügeln?“

      „Das möchte ich doch erst einmal sehen!“

      „Das wirst du allerdings sehen!“

      „Du kannst es ja gar nicht!“

      „Wohl kann ich‘s!“

      „Pah!“

      „Wohl kann ich‘s!“

      „Nicht wahr!“

      „Doch wahr!“

      Eine ungemütliche Pause. Darauf wieder Tom: „Wie heißt du denn?“

      „Das geht dich nichts an, Straßenjunge!“

      „Ich will dir schon zeigen, daß mich‘s was angeht!“

      „Na, warum tust du‘s denn nicht?“

      „Wenn du noch viel sagst, tu ich‘s!“

      „Viel — viel — viel, — so, nun tu‘s!“

      „Ach, du hältst dich wohl für mehr als mich? Wenn ich nur wollte, könnte ich dich mit einer Hand unterkriegen!“

      „Na, warum tust du‘s denn nicht? Du sagst nur immer, daß du‘s kannst!“

      „Wenn du frech wirst, tu ich‘s!“

      „Pah — das kann jeder sagen!“

      „Du bist wohl was Rechts, du Windhund!“

      „Was du für einen dummen Hut aufhast!“

      „Wenn er dir nicht gefällt, kannst du ihn ja herunterschlagen! Schlag ihn doch runter, wenn du ein paar Ohrfeigen haben willst!“

      „Lügner!“

      „Selbst Lügner!“

      „Prahlhans, du bist ja zu feig!“

      „Ach, mach, daß du weiter kommst!“

      „Du, wenn du noch lange Blödsinn schwatzt, schmeiß ich dir ‘nen Stein an den Kopf!“

      „Na, so wag‘s doch!“

      „Ich tu‘s auch!“

      „Warum tust du‘s denn nicht? Du sagst es ja immer nur. Tu‘s doch mal! Du bist ja zu bange!“

      „Ich

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