Liljecronas Heimat. Selma Lagerlöf
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Читать онлайн книгу Liljecronas Heimat - Selma Lagerlöf страница 11
Sobald sie alles zum Verkauf bereit hatte, eilte auch gleich eine Menge Leute herbei und fragte nach dem Preise der Äpfel. Aber da verlangte sie einen so hohen Preis, daß die Leute ganz bestürzt wurden und nicht kaufen wollten.
Und siehe, schließlich mußte die Pfarrfrau wirklich trotz ihrer wundervollen Auslage sehen, wie die Marktbesucher ihre Einkäufe bei ihren Nachbarn machten! Aber sie gab nicht nach und setzte ihren Preis nicht um einen einzigen Heller herunter, ja, sie verlangte gerade doppelt soviel wie alle andern. Sie dachte wohl, später am Tage, wenn die Fremden ihr Obst verkauft hätten, würden ihre Äpfel schon an die Reihe kommen.
Vielleicht rechnete sie auch noch mit etwas anderem. Sie wußte wohl, wieviel Branntwein immer auf dem Brobyer Markt getrunken wurde, und daß mittags um zwölf Uhr kaum noch ein nüchterner Mann da zu finden war, und so meinte sie, die Bauersleute würden es am Nachmittag nicht mehr so genau mit dem Gelde nehmen.
Und es sah auch aus, als sollte Schneewittchens Stiefmutter recht behalten. Je später es wurde, desto mehr Leute versammelten sich um ihren Stand. In erster Linie alle Kinder, Jungen und Mädchen, die auf dem Markt waren. Diese standen um den Tisch herum, mit einem Finger im Mund, und schauten gar sehnsüchtig nach den Äpfeln hinüber, es hätte einem wirklich das Herz rühren können. Die Kinder hatten natürlich nichts, um zu kaufen, aber es standen auch Erwachsene herum, die ihre Augen nicht von dem schönen Obst abwenden konnten.
Immer wieder trat der eine oder der andere näher und fragte nach dem Preis. Aber die Pfarrfrau blieb dabei und verlangte ebensoviel wie am Morgen. Jetzt, wo alle andern Äpfel verkauft waren, wollte sie nicht abschlagen, denn sie war fest überzeugt, daß sie nun doch noch an die Reihe käme.
Schneewittchens Stiefmutter sah wohl, wie aller Gesichter um sie her vor Verlangen nach den Äpfeln glühten, und jeden Augenblick dachte sie: ‘Jetzt können sie nicht mehr widerstehen, es muß nur erst einer anfangen.’
Aber es währte länger und immer länger, und schließlich glaubte sie selbst, sie müsse am Ende mit ihren schönen Äpfeln wieder heimfahren.
Doch nun wollte sie einen letzten Versuch machen, und so trug sie der Magd auf, Fräulein Schneewittchen zu holen, die zwischen den Marktbuden umherging, um für alle daheim, die nicht mit auf den Jahrmarkt gedurft hatten, kleine Geschenke einzukaufen.
Als Schneewittchen zu ihrer Stiefmutter hinkam, sagte diese, Schneewittchen solle jetzt eine Weile ihre Stelle einnehmen und die Äpfel verkaufen; sie habe nun solange auf einem Fleck gestanden und ganz kalte Füße bekommen, sie müsse sich deshalb ein wenig Bewegung machen.
Ach, Schneewittchen war es außerordentlich zuwider, da auf dem Brobyer Markt verkaufen zu sollen! Aber sie wagte sich der Mutter nicht zu widersetzen. So zog sie denn deren Handschuhe an, band sich den Schal um und nahm den Platz hinter dem Tisch ein. Und nach vielen Ermahnungen, sich streng an den festgesetzten Preis zu halten, durchaus nicht mit sich handeln zu lassen und selbst keine Äpfel zu essen, ging die Stiefmutter ihres Wegs.
Aber wenn die Mutter gedacht hatte, die Leute würden von ihrer Stieftochter eher kaufen als von ihr, dann hatte sie sich verrechnet.
Das Fräulein mußte hinter ihrem Tisch stehen und ihre Äpfel bewachen, konnte jedoch nicht einen einzigen davon verkaufen. Es ging ihr genau wie der Mutter; der dichte Kreis von großen und kleinen Leuten verringerte sich zwar nicht, aber niemand kaufte.
Doch nun kamen zwei halbbetrunkene Bauernburschen mit ihren Mädchen am Arm daher und drängten sich durch den Haufen der Herumstehenden vor. Es war eine laute, ausgelassene Gesellschaft, die Burschen hatten Geld in der Tasche, mit dem sie klimperten, und sie waren in der richtigen Laune, etwas draufgehen zu lassen. Schneewittchen bekam zwar Angst vor ihnen und wäre am liebsten davongelaufen, blieb dann aber doch stehen, in der Hoffnung, nun endlich etwas zu verkaufen.
Die jungen Leute drängten sich auch ganz bis zum Tisch hin, und der vorderste fragte gar nicht nach dem Preis, sondern legte sofort seine große Faust auf einen Haufen der schönsten Äpfel. Zugleich sah er die Pfarrerstochter an und versuchte so nüchtern und bieder wie nur möglich auszusehen.
‘Woher sind denn diese Äpfel?’ fragte er.
Und die Pfarrerstochter antwortete, sie seien aus ihres Vaters Garten.
‘Ja, da bin ich schon oft gewesen, ich kenne Euren Vater und auch Euch recht wohl. Das ist ein guter Mann, Euer Vater.’
Schneewittchen erwiderte einige freundliche Worte, denn es gefiel ihr, daß der Bursche so gut von ihrem Vater sprach.
‘Ja, Ihr und Euer Vater seid alle beide gute Leute’, fuhr der Bursche fort. ‘Ja, Ihr seid so gut, daß Ihr es einem armen Burschen wohl gönnet, Eure Äpfel zu versuchen, ohne dafür zu bezahlen.’
Und ehe Schneewittchen recht begriff, was er im Schilde führte, hatte er eine Handvoll der schönen Äpfel ergriffen und war auf und davon gelaufen.
Und das Mädchen, das er am Arm gehabt hatte, packte auch rasch ein paar Äpfel und lief hinter ihm drein. Ganz ebenso machte es dann auch das nächste Paar.
Aber Schneewittchen war auf so etwas natürlich gar nicht gefaßt gewesen. Wie hätte sie sich das denken können! Sie war ganz außer sich, als diese Burschen und Mädel sich mit so vielen Äpfeln, für die sie kein Geld bekommen hatte, aus dem Staube machten. Im ersten Augenblick wollte sie ihnen nachlaufen, um ihnen die Äpfel wieder abzujagen; sie wagte es aber doch nicht, sondern schickte den Knecht und die Magd nach, die hinter ihr standen. Zugleich aber sah sie, daß der ganze Volkshaufen sich noch näher an den Tisch herandrängte.
‘Jetzt kaufen sie doch noch’, dachte sie, und ihr gesunkener Mut hob sich wieder.
Aber die und kaufen! Oh, kein Gedanke, sondern sie sprangen vor, packten so viele Äpfel, als sie konnten, und riefen zugleich, sie und ihr Vater seien ja so gut, da verlangten sie sicher nicht, daß arme Leute so ein paar Äpfel bezahlten. Und alle die kleinen Jungen, die sich den ganzen Tag lang an den Äpfeln fast blind gesehen hatten, rissen ihre Mützen herunter und füllten sie sich; und alle die kleinen Mädchen, denen vor lauter Begierde das Wasser im Munde zusammengelaufen war, stürzten auch vor und strichen sich die Äpfel ungezählt in ihre Schürzen.
Schneewittchen legte sich weit über die Äpfel vor, um sie mit ihrem Körper zu beschützen. Aber was half das? Sie weinte und bat und rief, sie machten sie unglücklich. Aber wer fragte danach? Es waren nicht nur kleine Buben und Mädel, die die Äpfel an sich rissen, sondern auch Erwachsene, und alle lachten vergnügt und hielten die ganze Sache nur für einen kleinen Jahrmarktsscherz. Und sooft wieder jemand einen Apfel packte, rief er ihr zu, sie und ihr Vater seien ja so gute Leute, daß sie ihnen wohl ein paar Äpfel gönnten.
Schneewittchen schlug um sich, und Schneewittchen rief nach Hilfe, aber die Äpfel waren verloren. Die Marktleute stülpten den Tisch um, wälzten die Kisten und Fässer herbei und rissen die Äpfel an sich. Es waren auch viele Raufbolde auf dem Markt, die sich nun mit in den Tumult mischten. Da gab es Streit und eine wilde Schlägerei, und Schneewittchen mußte sich zurückziehen und ihre Äpfel im Stich lassen, sonst wäre sie zertreten worden.
Gerade da kam die Mutter zurück und fand die Stieftochter ausgeplündert, verlassen und vor Zorn und Entsetzen laut weinend. Die Stiefmutter faßte sie am Arm und schüttelte