Jules Verne: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Teil 1. Jules Verne
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Wohl hatte Galilei schon 1620 die Verfinsterungen der Jupitermonde beobachtet, doch blieb diese wichtige Entdeckung in Folge der Gleichgültigkeit der Regierungen, des Mangels an hinreichend mächtigen Instrumenten und der durch die Schüler des großen italienischen Astronomen begangenen Irrtümer zunächst ohne Resultat.
Giovanni Domenico Cassini veröffentlichte im Jahre 1668 seine verbesserten „Tafeln der Bewegungen der Jupiter-Trabanten“, auf welche ihn Colbert im nächstfolgenden Jahre zur Direktion der Pariser Sternwarte berief.
Im Juli 1671 stellte Philipp de la Hire auf Uranienborg auf der Insel Hveen (im Øresund), und zwar an derselben Stelle wie Tycho de Brahe, seine berühmt gewordenen Beobachtungen an, und bestimmte u. A. mit Hilfe der Cassini'schen Tafeln durch Rechnung die Längen-Differenz zwischen Paris und Uranienborg mit früher nie erreichter Genauigkeit.
Im nämlichen Jahre sandte die Akademie der Wissenschaften den Astronomen Johann Richer nach Cayenne, um daselbst die Parallaxen der Sonne und des Mondes zu studieren und dabei die Entfernungen des Mars und der Venus von der Erde zu messen. Diese allseitig gelungene Reise hatte übrigens ganz unerwartete Folgen und wurde Veranlassung zu einer Menge Arbeiten über die genauere Gestalt der Erde. Richer machte nämlich die Beobachtung, dass ein Sekundenpendel aus Paris in Cayenne binnen vierundzwanzig Stunden um zwei Minuten achtundzwanzig Sekunden zurückblieb, ein Beweis, dass die Schwerkraft an letzterem Orte offenbar kleiner sein musste als am erstgenannten. Newton und Huyghens schlossen aus dieser Tatsache weiter, dass die Erde an den Polen abgeplattet sein müsse. Bald darauf aber führten die von Abbé Picard vorgenommenen Messungen eines Erdengrades und die von den Cassini's, Vater und Sohn, betriebenen Arbeiten über die Mittagslinie die genannten Gelehrten zu einer ganz entgegengesetzten Anschauung, nach der sie die Erde vielmehr als ein an den Polen verlängertes Ellipsoïd betrachteten. Es wurde das zum Anlass der leidenschaftlichsten Erörterungen und vieler umfangreicher Arbeiten, aus welchen die astronomische und mathematische Geographie ganz unerwarteten Gewinn zogen.
Picard hatte es unternommen, den Raum zwischen den Breitegraden von Amiens und Malvoisine, eine Strecke von etwa einundeindrittel Grad, direkt zu messen. Da die Akademie jedoch der Meinung war, dass man durch Vermessung einer längeren Linie noch exaktere Resultate erzielen müsse, beschloss sie, eine Messung der ganzen Länge Frankreichs von Nord nach Süd ausführen zu lassen. Als Meridian wählte man hierzu den der Sternwarte von Paris. Diese riesenhafte Triangulierungsarbeit wurde zwanzig Jahre vor Ausgang des 17. Jahrhunderts begonnen, später unterbrochen, wieder aufgenommen und endlich gegen 1720 zu Ende geführt.
Gleichzeitig erließ Ludwig XIV., auf Anregung Colbert's, den Befehl, eine neue Karte von Frankreich herzustellen. Verschiedene Gelehrte begaben sich hierzu zwischen 1679 und 1682 auf Reisen und bestimmten mittelst astronomischer Beobachtungen die Linie der Küsten am Atlantischen Ozean und am Mittelmeere.
Freilich stellte sich bald heraus, dass diese Arbeiten, sowie die durch Picard vollendete Meridian-Messung, die Bestimmung der Längen- und Breitenlage mehrerer größerer Städte Frankreichs und eine Spezialkarte der geometrisch aufgenommenen Umgebungen von Paris noch lange nicht hinreichten, eine vollständige Karte von Frankreich zu entwerfen. Man musste zu dem Ende ebenso zu Werke gehen wie bei der vorausgegangenen Meridian-Messung, musste nämlich das ganze Land mit einem System einander berührender Dreiecke bedecken. Hierdurch erst wurden die Unterlagen zu der großen Karte von Frankreich gewonnen, welche mit Recht den Namen der Cassinischen trägt.
Schon die ersten Beobachtungen Cassini's und de la Hire's führten die beiden Astronomen dahin, die Grenzen Frankreichs als weit beschränkter zu bestimmen, als man jene bisher angenommen hatte.
„Sie raubten dem Lande“, sagt Desbourugh Cooley in seiner „Geschichte der Reisen“, „mehrere Längengrade von der Küste der Bretagne bis zur Bay von Biskaya und rückten ebenso die Küste von Languedoc und der Provence um etwa einen halben Grad herein.“ Diese Veränderungen gaben Ludwig XIV. Gelegenheit zu einem hübschen Scherze, indem er bei der Begrüßung der heimgekehrten Akademiker wörtlich äußerte: „Ich sehe mit Bedauern, meine Herren, dass Ihre Reise mir ein gutes Stück von meinem Reiche gekostet hat!“
Die Kartenzeichner hatten bisher übrigens auf die Berichtigungen der Astronomen kaum Rücksicht genommen. Schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts verbesserten Peirese und Gassendi einen „500 Meilen“ betragenden Fehler der gewöhnlichen Karte des Mittelmeeres, welche die Entfernung zwischen Marseille und Alexandrien um ebenso viel zu hoch angab. Diese doch wahrlich nicht geringfügige Berichtigung wurde vollständig außer Acht gelassen, bis zu der Zeit, da der Hydrograph Jean Matieu de Chazelles nach der Levante gesendet wurde, um das Gradbuch (Hafenbuch) des Mittelländischen Meeres herzustellen.
„Man hatte allgemein bemerkt“, heißt es in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften, „dass die Karten alle die Ausdehnung der Landgebiete Europas, Afrikas und Amerikas zu groß angaben und den Pazifischen Ozean zwischen Asien und Amerika um ebenso viel zu klein darstellten. Diese Fehler veranlassten denn auch mannigfache Irrtümer. Im Vertrauen auf ihre Karten täuschten sich z. B. die Lotsen bei der Reise de Chaumont's, des Gesandten Ludwig's XIV., nach Siam, sowohl bei der Hin- wie bei der Rückfahrt und legten eine weit größere Strecke zurück, als sie glaubten. Auf der Fahrt vom Cap der Guten Hoffnung nach der Insel Java meinten sie, von der Sundastraße noch weit entfernt zu sein, während sie sich schon sechzig Meilen jenseits derselben befanden und bei günstigem Winde zwei Tage lang zurückfahren mussten, um in dieselbe einzulaufen; bei der Rückreise vom Cap der Guten Hoffnung nach Frankreich aber trafen sie auf die Insel Flores, das westlichste Eiland der Azoren, während sie fünfhundert Meilen östlich desselben zu segeln glaubten, und mussten dann noch zwölf Tage einen östlichen Kurs ein halten, um die Gestade Frankreichs zu erreichen.“
Die Verbesserungen der Karte von Frankreich waren, wie eben erwähnt, ziemlich umfängliche. Man überzeugte sich, dass Perpignan und vorzüglich Collioures weit östlicher lagen, als man bisher annahm. Um eine deutliche Vorstellung hiervon zu gewinnen, genügt es, die dem ersten Teile des 7. Bandes der Memoiren der Akademie der Wissenschaften beigegebene Karte von Frankreich zu betrachten. Diese trägt den astronomischen Beobachtungen, von welchen wir oben sprachen, Rechnung, während das alte, im Jahre 1679 von Sanson veröffentlichte und untergedruckte Kartenbild die hinzugekommenen Veränderungen vor Augen führt.
Cassini sprach mit vollem Rechte öffentlich das Urteil aus, dass die Kartographie nicht mehr auf der Höhe der Wissenschaft stehe. Sanson z. B. hatte noch blindlings die Längenbestimmungen des Ptolemäus beibehalten, ohne die Fortschritte der Astronomie irgendwie zu berücksichtigen. Seine Söhne und Enkel veranstalteten nur vervollständigte Ausgaben der alten Karten, und die übrigen Geographen folgten demselben Geleise. Erst Wilhelm Delisle entwarf neue Karten unter Benützung der modernen Errungenschaften und verwarf kurz entschlossen alles, was vor ihm geleistet worden war. Sein Eifer trieb ihn so sehr, dass er die ganze Arbeit binnen fünfundzwanzig Jahren vollendete. Joseph Nikolaus, ein Bruder des Vorigen, lehrte inzwischen Astronomie in Russland und lieferte Wilhelm zu dessen Karten sehr wertvolles Material. Gleichzeitig besuchte Delisle de la Coyère, der jüngste der drei Brüder, die Küsten des Eismeeres, bestimmte astronomisch die Lage der wichtigsten Punkte und ging dann mit auf Behrings Schiff an Bord, kam aber bei Kamtschatka ums Leben.
Wenn sich alle drei Delisle verdient machten, so kommt Wilhelm unbestreitbar der Ruhm zu, die Kartographie gründlich umgewandelt zu haben.
„Es gelang ihm“, sagt Cooley, „die alten und neuen Messungen in Übereinstimmung zu bringen und aus sehr vielen Unterlagen glücklich zu kombinieren; statt seine Verbesserungen ferner nur auf einen Teil der Erde zu beschränken, umfasste er damit die ganze Erdkugel, weshalb er mit Recht als der Schöpfer der neueren Geographie angesehen wird. Bei einer Reise durch Paris erwies ihm auch Peter der Große dadurch seine Hochachtung, dass er jenem einen Besuch abstattete und über