Kleiner Mann - was nun? mehrbuch-Weltliteratur. Ханс Фаллада

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Kleiner Mann - was nun? mehrbuch-Weltliteratur - Ханс Фаллада

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      »Hände besehen bringt Streit«, sagt Lämmchen.

      »Aber ich besehe sie ja gar nicht«, sagt er. »Ich küsse sie ja. Ich küsse ja deine Hände, Lämmchen.« –

      Es klopft mit sehr hartem Knöchel gegen die Tür. »Rüberkommen! Vater ist da!«

      »Gleich«, sagt Lämmchen und löst sich aus seinem Arm.

      »Schnell uns ein bißchen zurecht machen. Vater flaxt ewig.«

      »Wie ist er denn, dein Vater?«

      »Gott, du wirst ja gleich sehen. Ist ja auch egal. Du heiratest mich, mich, mich, ohne Vater und Mutter.«

      »Aber mit dem Murkel.«

      »Mit dem Murkel, ja. Nette unvernünftige Eltern bekommt er. Nicht eine Viertelstunde können sie vernünftig sitzen ...« Am Küchentisch sitzt ein langer Mann in grauen Hosen, grauer Weste und einem weißen Trikothemd ohne Jacke, ohne Kragen. An den Füßen hat er Pantoffeln. Ein gelbes faltiges Gesicht, kleine scharfe Augen hinter einem hängenden Zwicker, ein grauer Schnurrbart, ein fast weißer Kinnbart.

      Der Mann liest die »Volksstimme«, aber nun, da Pinneberg und Emma hereinkommen, läßt er das Blatt sinken und betrachtet den jungen Mann.

      »Sie sind also der Jüngling, der meine Tochter heiraten will? Sehr erfreut, setzen Sie sich hin. Übrigens werden Sie es sich noch überlegen.«

      »Was?« fragt Pinneberg.

      Lämmchen hat sich auch eine Schürze umgebunden und hilft der Mutter. Frau Mörschel sagt ärgerlich: »Wo der Bengel nur wieder bleibt. Die ganzen Puffer werden zäh.«

      »Überstunden«, sagt Herr Mörschel lakonisch. Und zu Pinneberg zwinkernd: »Sie machen auch manchmal Überstunden, nicht wahr?«

      »Ja«, sagt Pinneberg. »Ziemlich oft.«

      »Aber ohne Bezahlung –?«

      »Leider. Der Chef sagt ...«

      Herrn Mörschel interessiert nicht, was der Chef sagt. »Sehen Sie, darum wär mir ein Arbeiter für meine Tochter lieber: wenn mein Karl Überstunden macht, kriegt er sie bezahlt.«

      »Herr Kleinholz sagt ...« beginnt Pinneberg von neuem.

      »Was die Arbeitgeber sagen, junger Mann«, erklärt Herr Mörschel, »das wissen wir lange. Das interessiert uns nicht. Was sie tun, das interessiert uns. Es gibt doch 'nen Tarifvertrag bei euch, was?«

      »Ich glaube«, sagt Pinneberg.

      »Glaube ist Religionssache, damit hat 'en Arbeiter nischt zu tun. Bestimmt gibt es ihn. Und da steht drin, daß Überstunden bezahlt werden müssen. Warum krieg ich 'nen Schwiegersohn, dem sie nicht bezahlt werden?«

      Pinneberg zuckt die Achseln.

      »Weil ihr nicht organisiert seid, ihr Angestellten«, erklärt ihm den Fall Herr Mörschel. »Weil kein Zusammenhang ist bei euch, keine Solidarität. Darum machen sie mit euch, was sie wollen.«

      »Ich bin organisiert«, sagt Pinneberg mürrisch. »Ich bin in 'ner Gewerkschaft.«

      »Emma! Mutter! Unser junger Mann ist in 'ner Gewerkschaft? Wer hätte das gedacht! So schnieke und Gewerkschaft!« Der lange Mörschel hat den Kopf ganz auf die Seite gelegt und besieht seinen künftigen Schwiegersohn mit eingekniffenen Augen. »Und wie nennt sich Ihre Gewerkschaft, mein Junge? Nur raus damit!«

      »Deutsche Angestellten-Gewerkschaft«, sagt Pinneberg und ärgert sich immer mehr.

      Der lange Mann krümmt sich völlig zusammen, so stark überkommt es ihn. »Die Dag! Mutter, Emma, haltet mich fest, unser Jüngling ist ein Dackel, das nennt er 'ne Gewerkschaft! Ein gelber Verband, zwischen zwei Stühlen. Oh Gott, Kinder, so ein Witz ...«

      »Na, erlauben Sie mal«, sagt Pinneberg wütend. »Wir sind kein gelber Verband! Wir werden nicht von den Arbeitgebern finanziert. Wir zahlen unsern Bundesbeitrag selber.«

      »Für die Bonzen! Für die gelben Bonzen! Na, Emma, da hast du dir ja den richtigen ausgesucht. Einen Dag-Mann! Einen richtigen Dackel!«

      Pinneberg sieht hilfesuchend zu Lämmchen, aber Lämmchen sieht nicht her. Vielleicht ist sie es gewöhnt, aber wenn sie es gewöhnt ist, für ihn ist es doch schlimm.

      »Angestellter, wenn ich so was höre«, sagt Mörschel. »Ihr denkt, ihr seid was Besseres als wir Arbeiter.«

      »Denk ich nicht.«

      »Denken Sie doch. Und warum denken Sie das? Weil Sie Ihrem Arbeitgeber nicht 'ne Woche den Lohn stunden, sondern den ganzen Monat. Weil Sie unbezahlte Überstunden machen, weil Sie sich unter Tarif bezahlen lassen, weil Sie nie 'nen Streik machen, weil Sie immer die Streikbrecher sind ...«

      »Es geht doch nicht nur ums Geld«, sagt Pinneberg. »Wir denken doch auch anders als die meisten Arbeiter, wir haben doch andere Bedürfnisse ...«

      »Anders denken«, sagt Mörschel, »anders denken, Sie denken genau so wie ein Prolet ...«

      »Das glaub ich nicht«, sagt Pinneberg, »ich zum Beispiel ...«

      »Sie zum Beispiel«, sagt Mörschel und kneift die Augen ganz gemein ein und feixt. »Sie zum Beispiel haben sich doch Vorschuß genommen?«

      »Wieso?« fragt Pinneberg verwirrt. »Vorschuß –?«

      »Na ja, Vorschuß«, grinst der andere noch mehr. »Vorschuß da, bei der Emma. Nicht sehr fein, Herr. Mächtig proletarische Angewohnheit ...«

      »Ich ...«, fängt Pinneberg an und ist sehr rot und hat Lust, die Türen zuzudonnern und zu brüllen: Oh, so rutscht mir doch alle ...!

      Aber Frau Mörschel sagt scharf: »Ruhig bist du jetzt, Vater, mit deinen Flaxen! Das ist erledigt. Das geht dich gar nichts an.«

      »Da kommt der Karl«, ruft Lämmchen, denn draußen klappte eine Tür.

      »Also her mit dem Essen, Frau«, sagt Mörschel. »Und recht habe ich doch, Schwiegersohn, fragen Sie mal Ihren Pastor, unfein ist das ...«

      Ein junger Mensch kommt herein, aber jung ist nur eine Altersbezeichnung, er sieht völlig unjung aus, noch gelber, noch galliger als der Alte. Er knurrt: »N'Abend«, nimmt von dem Gast keinerlei Notiz und zieht Jacke und Weste aus, dann das Hemd. Pinneberg sieht es mit steigender Verwunderung.

      »Überstunden gemacht?« fragt der Alte.

      Karl Mörschel knurrt nur etwas.

      »Laß doch jetzt die Scheuerei, Karl«, sagt Frau Mörschel, »komm essen.«

      Aber Karl läßt schon das Wasser am Ausguß laufen und fängt an, sich sehr intensiv zu waschen. Bis zu den Hüften ist er nackt, Pinneberg geniert sich etwas, Lämmchens wegen. Aber die scheint nichts dabei zu finden, es ist ihr wohl selbstverständlich.

      Pinneberg ist vieles nicht selbstverständlich.

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