Die Zeit Constantins des Großen. Jacob Burckhardt

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Die Zeit Constantins des Großen - Jacob Burckhardt

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ungehemmt der Blütenregen gemeinschaftlicher Huldigungen für beide. »Wie der Rhein seit Maximians jenseitigen Eroberungen getrost vertrocknen darf, so braucht auch der Euphrat Syrien nicht mehr zu decken, seit Diocletian ihn überschritten . . . Ihr verschiebt die Triumphe um immer neuer Siege willen; ihr eilt zu immer grössern Dingen hin . . .« Auch viel kleinere Taten werden kühnlich zu grossen aufgestutzt. Bei Anlass der Zusammenkunft des Jahres 291, als Diocletian aus dem Orient, Maximian über die Alpen mitten im Winter nach Mailand eilten, ruft zum Beispiel Mamertinus aus: »Wer nicht mit Euch reiste, konnte glauben, Sonne und Mond hätten Euch ihr tägliches und nächtliches Gespann geliehen! Gegen den strengen Frost schützte Euch die Macht Eurer Majestät; während alles erfror, folgten Euch laue Frühlingslüfte und Sonnenschein. Geh doch, Hannibal, mit deiner Alpenreise!« – Wozu ganz wohl passt, dass seit der Herrschaft dieser Kaiser selbst die Erde plötzlich fruchtbarer geworden sei. In ähnlichem, nur mehr bukolischem Ton hatte einige Jahre vorher der Dichter Calpurnius Siculus (in der achten oder vierten Ekloge) den Caesar Numerian besungen, in dessen Gegenwart die Wälder vor Ehrfurcht schweigen, die Lämmer munter werden, die Wolle und die Milch reichlicher, Saaten und Bäume üppiger, denn unter seiner sterblichen Gestalt birgt sich ein Gott, vielleicht der höchste Juppiter selber. – Etwas feiner weiss der Redner Eumenius mit dem gebildeten Caesar Constantius Chlorus umzugehen Paneg. IV und V (Pro scholis und Ad Constantium), aus den Jahren 295 und 297., wenn er zum Beispiel die Jugend Galliens vor die grosse Weltkarte zu führen verspricht, welche in der Halle zu Autun (zwischen dem Apollstempel und dem Kapitol mit dem Heiligtum der Minerva) auf die Mauer gemalt war. »Dort lasst uns nachsehen, wie Diocletians Milde das wild empörte Ägypten beruhigt, wie Maximian die Mauren niederschmettert, wie unter deiner Rechten, o Herr Constantius, Batavien und Britannien das verkümmerte Antlitz wieder aus Wäldern und Fluten emporheben, oder wie du, Caesar Galerius, persische Bogen und Köcher zu Boden trittst. Denn jetzt erst ist es eine Freude, den gemalten Erdkreis zu betrachten, da wir nichts mehr darauf erblicken, was nicht unser wäre.« Neben der schwungvollen Schilderung dieses erneuten »goldenen Zeitalters« mag man dem Redner die spielende Symbolik gerne nachsehen, welche er mit der Vierzahl der Regenten treibt. Sie erscheint ihm als Grund und Fundament der Weltordnung in den vier Elementen, den vier Jahreszeiten, selbst den vier Weltteilen orbis quadrifariam duplici discretus Oceano, Paneg. V, 4. Worte, deren Deutung den Kennern der damaligen geographischen Ansichten überlassen bleibe.; nicht umsonst folgt je nach vier abgelaufenen Jahren das Lustrum; am Himmel sogar fliegt ein Viergespann vor dem Sonnenwagen, und wiederum sind den zwei grossen Himmelslichtern, Sonne und Mond, zwei kleinere, Morgenstern und Abendstern beigegeben. – Es sollte uns nicht wundern, wenn irgendwo im alten Gallien etwa ein Mosaikboden ausgegraben würde, welcher diese Ideen zu einer grossen Prachtkomposition verarbeitet enthielte. Die bildende Kunst und die Rhetorik mussten bei Aufgaben dieser Art oft auf die gleichen Mittel angewiesen sein. Eumenius zeichnet sich übrigens nicht bloss durch Takt und Talent vor den andern Lobrednern aus; wir werden in ihm einen ganz ehrwürdigen Patrioten kennenlernen, der nicht zu eigenem Vorteil schmeichelte. Hier wie in tausend Fällen muss das geschichtliche Urteil das, was die Zeit und die Umgebung dem einzelnen auferlegt, und das, was er kraft eigenen Entschlusses tut, sorgfältig zu scheiden suchen.

      Ob am Hofe Diocletians die Sprache um einige Grade knechtischer und mehr mit Phrasen der Anbetung vermischt war, wissen wir nicht. Jedenfalls muss das Zeremonienverhältnis, soweit es die kaiserliche Person betraf, noch ziemlich unentwickelt und unschuldig gewesen sein; gewiss hielt es noch keinen Vergleich aus mit dem spätern byzantinischen Hofe, wo Kaiser Constantinus Porphyrogennetos im zehnten Jahrhundert in Person den Hofmarschall machen muss, um Mit- und Nachwelt durch ein systematisches Buch in jenes Labyrinth heiliger Bräuche einzuweihen, deren Knechtschaft die allerheiligsten und gottgeliebtesten Autokratoren sich allmählich hatten gefallen lassen, seitdem kirchliches und höfisches Zeremoniell sich gegenseitig durchdrungen und gesteigert hatten.

      Wenn nun auch vom Throne abwärts das Titel- und Rangwesen allmählich die römische Gesellschaft überwältigte, so ist dies nicht notwendig die Schuld Diocletians. Der natürliche Erstarrungsprozess des antiken Lebens musste unvermeidlich diese Form annehmen; seit langer Zeit war die Regierung eine fast vollständige Soldatenherrschaft gewesen; eine solche aber wird jederzeit auch die ganze Staatsmaschine nach ihrem Bilde, das heisst mit strenger, äusserlich kennbarer Ordnung nach Graden und Würden umschaffen, weil die Subordination ihre Seele ist. Viele äussere Einrichtungen dieser Art, die man Diocletian beizulegen geneigt ist, können schon unter frühern Kaisern eingetreten sein; die definitive Umgestaltung des Staatswesens aber erfolgte erst unter Constantin.

      Allerdings vermehrte schon Diocletian die Zahl der Beamten beträchtlich. Gewiss nicht so sehr die vier Höfe als die vier Verwaltungen haben damals die Lasten gesteigert. Wenn man den Lactantius De mort. persec. 7. anhört, so ergeben sich folgende schreckliche Klagpunkte gegen seine Regierung: »Jeder der vier Herrscher hielt für sich allein schon mehr Soldaten als frühere Kaiser überhaupt gehabt hatten. Die Steuern stiegen unerhört; die Zahl der Empfangenden übertraf so sehr die Zahl der Gebenden, dass die erschöpften Kolonen die Äcker verliessen und das angebaute Land zum Wald wurde. Um alles mit Schrecken zu erfüllen, wurden die Provinzen in Stücke zerschnitten und jedes Land, jede Stadt mit Beamtenscharen überlastet, mit Steuereinnehmern, Vikarien der Präfekten u. a., wovon das Ergebnis war, dass wenig Gemeinnütziges vorkam, vielmehr nichts als Verurteilungen, Ächtungen, Aussaugereien ohne Zahl und Ende, begleitet von unerträglichen Gewalttaten usw.« Ja, Diocletian wird eines ganz unmässigen Aufsammelns von Schätzen angeklagt.

      Wir halten inne, um einen sonst nicht weniger parteiischen Christen zu Worte kommen zu lassen Euseb., Hist. eccl. VIII, 13.. »Welche Worte sollen genügen«, ruft Euseb, »um die Fülle der Güter und die gesegneten Zeiten zu schildern vor der Verfolgung, als die Kaiser noch mit uns in Frieden und Freundschaft lebten, als mit Festen, Schauspielen, Gastmählern und aller Fröhlichkeit ihre Vicennalien in tiefem Frieden gefeiert wurden!« – Was bleibt nun wohl von jenen Klagen mit einigem Rechte übrig?

      Dass Diocletian die Truppenzahl vermehrte, war äusserst notwendig und zweckmässig, weil er, wie wir sehen werden, das halbe Reich den Usurpatoren und den Barbaren wieder aus den Händen reissen musste. Wie hoch er die Kriegsmacht zu bringen hatte, konnte niemand besser beurteilen als er selber. Über das Mass der Vermehrung haben wir keine nähere Kunde; dass sie im Verhältnis zu den Heeren eines Aurelian und Probus mehr als eine Vervierfachung gewesen sei, mag jenem Romanschreiber glauben wer will.

      Dann die gewöhnliche Anklage wegen des Thesaurierens, welcher ein Fürst gar nicht entgehen kann. Viele Herrscher haben wirklich in einer falschen Ansicht vom Alleinwert des edeln Metalls grosse Schätze gesammelt und es im rechten Augenblick nicht übers Herz bringen können, sie zweckmässig auszugeben; der orientalische Despotismus ist sogar durchweg mit dieser Unsitte behaftet, und die Untertanen machen es dem Despoten nach und vergraben jedes Silberstück in die Erde. Allein bei Diocletian kann hievon schwerlich die Rede sein; die Ausgaben für die Wiedergewinnung und Herstellung des erschütterten Reiches waren zu enorm, als dass noch ein unverhältnismässig grosser Überschuss in der Kasse geblieben wäre. Schon die Grenzbefestigungen allein, jene Kastelle von den Niederlanden bis ans Rote Meer, samt ihren Besatzungen beseitigen jenen Gedanken selbst für die letzte, ruhigere Zeit seiner Regierung.

      Das Reich musste sich allerdings recht sehr anstrengen, allein wo so grosse, meist glücklich erreichte Zwecke vorliegen wie hier, darf man wenigstens den Herrscher von der vulgären Beschuldigung entbinden, als hätte er die Menschen nur geplagt, um das Gold und Silber gleichsam allein aufzuessen. Wohl kann bei seinen vielen Bauten der Verdacht der Verschwendung entstehen, allein bei weitem das meiste waren (wie es scheint) politische Geschenke an bestimmte Städte, wodurch man mehr als eine Garnison ersparen konnte. Neben der Bauverschwendung Constantins kommen diese Ausgaben überdies kaum in Betracht. Der Palast von Spalatro war wohl ein grosses Viereck, die einzelnen Räume aber weder an Höhe noch an Grösse ausgezeichnet und mit den Riesenhallen der Thermen in Rom nicht zu vergleichen. Beim Umbau von Nikomedien mag es gewalttätig hergegangen sein, wie einst bei den Städtebauten der Diadochen und später bei der Neugründung von Byzanz, dass aber überall – ubicunque – wo Diocletian ein schönes Landgut, eine zierliche Wohnung sah, dem

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