Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs. Jochen Klepper

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Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs - Jochen Klepper gelbe Buchreihe

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König ist, wie gesagt, sehr friedfertig, der Krieg als solcher wird in Kleppers Roman sehr in Frage gestellt. Diese Botschaft hat man bei Erscheinen des Buches sicher noch nicht so herausgelesen wie wir es heute tun. dass er ein stark ausgeprägtes Sündenbewusstsein hat, zeigt sich in den Momenten, in denen er Todesurteile aussprechen muss. Einmal fragt er den Pastor Johann Anastasius Freylinghausen, ob „der lebendige Gott den Soldatenstand segnet, in dem es doch schließlich und immer wieder zum Vergießen von Menschenblut kommt?“

      Der König hat zudem ein Herz für die Armen, schon als Kronprinz wusste er um die Elendshütten und -viertel in seinem zukünftigen Königreich, Höflinge sind ihm zuwider. Zu seinen Freunden zählt er den Alten Dessauer und Prinz Eugen, den edlen Ritter. „Fürchte Gott“ heißt seine Devise, für seine Untertanen gilt aber auch „Ordre parieren, nicht räsonieren“.

      Dann wieder legt er fast demokratische Tugenden an den Tag. Sein Verhalten gegenüber ledigen Müttern ist geradezu fortschrittlich zu nennen. Der König, der sich als „Sachverwalter Gottes auf Erden“ versteht, kommt zu der Erkenntnis, dass die vormals übliche harte Bestrafung der Mütter unehelicher Kinder Gottes Schöpferwillen widerspricht. Nur Kindsmörderinnen werden bestraft. Der König erneuert die Rechtsprechung. Vieles nimmt er selbst in die Hand. Nicht wenige Richter waren bisher bestechlich, nun ruft Friedrich Wilhelm I. das Volk auf, „mitzuschaffen an dem Rechte seines Landes, mit zu wachen über Preußens Redlichkeit“. Er schafft Einrichtungen, die der Allgemeinheit zum Wohl dienen, zum Beispiel ein Pestlazarett, und gibt Anstöße zur Entstehung des Krankenkassenwesens. Er gründet ein Waisenhaus, verfasst selbst ein Lehrbuch für die Erziehung des neuen Staatsbeamten und Staatsbürgers, gibt dem Land eine neue Verfassung und führt die allgemeine Schulpflicht ein.

      Durch die Abschaffung der Leibeigenschaft und der Prügelstrafe bricht Friedrich Wilhelm die verkrusteten Strukturen auf und legt die Fundamente für eine gerechtere Lastenverteilung, indem er diese gegenüber dem Adel durchsetzt, der wiederum recht unzufrieden ist, sieht er doch seine Rechte mehr und mehr bedroht. Durch Anwerbung von Fachleuten aus anderen Gebieten, Einführung neuer landwirtschaftlicher Geräte verhilft er den verwahrlosten Ostgebieten zum Aufschwung.

      Gegenüber der Königin Sophie Dorothea und der wachsenden Kinderschar (14 an der Zahl), von denen viele in jungen Jahren sterben, ist er, zumindest in den Anfangsjahren, ein liebevoller Gatte und Vater.

      Der König und sein Volk bleiben indes von Schicksalsschlägen nicht verschont. „Ein unheimliches Sterben unter den Regimentern war angebrochen (481), „durch Potsdam ging ...der Würgeengel“, Teuerungswellen kamen über das Land.

      Intrigen, Emporkömmlinge und Günstlinge, die sich überschätzen, machen Friedrich Wilhelm I. oft das Leben schwer. Immer wieder findet er unzuverlässige Berater, was ihn wiederum tief verletzt. Der König führt die Briefzensur ein, als er glaubt, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange sei. Schuld an diesem Gerücht ist der Abenteurer Michael Clement, der ihm gefälschte Briefe vorgelegt und ihn in große Unannehmlichkeiten gegenüber den europäischen Höfen gebracht hat. Den König schmerzt dies besonders, weil er Clement persönlich vertraut hatte.

      Am Ende beugt sich der Rebell vor der Königsmacht als Inbild göttlicher Majestät und ist bereit, den Frevel, die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht zu haben, mit dem Tode zu sühnen. Denn Clement erkennt schließlich, nachdem er zum Tode verurteilt ist, Größe und Tragik des Königtums an: „Könige, Majestät, Könige im Glauben, sind wandelnde Gleichnisse unter den Menschen, sind Hüter der heiligen Ordnung Gottes, für die er sich in seinem Sohne hingab. Haushalter seiner Geheimnisse sind die Könige der Erde – auch dort, wo sie morden.“ Der König aber fragte sich: „Was hatte Gott mit einem Menschen vor, den er vom Rebellentum zu solcher Demut vor der Ordnung führte?“

      Könige sind, heisst es an einer Stelle: „Sachverwalter des Glaubens auf Erden“. „Ihr Wandel sei voller Gleichnisse; Tod und Leben, Gnade und Gericht und alle Ordnung sei in ihre Hand gegeben.“ Zu dieser Ordnung gehören freilich auch Folter und Hinrichtungen.

      Frevler, die wie der Abenteurer Clement die bestehende Ordnung in Gefahr gebracht haben, müssen mit dem Tode sühnen, und daher darf der König nicht wie ein Privatmann einfach vergeben. Er wird darüber schwer krank. Den Prediger Roloff, der von seiner Gemeinde skeptisch betrachtet wird, aber sozusagen als gewissen des Königs hier auftritt, dem es schwer fällt, „den Menschen die Botschaft von Gottes Gnaden zu bringen, denn vor dem frohen Boten stand das Kreuz“ – wählt sich der König zum Hofprediger. Er steht dem König an den existentiellen Stationen des Königslebens bei.

      Die Beziehung des Königs zu Roloff und anderen Geistlichen (Pater Bruns) findet Klepper vorgezeichnet in der Bibel, in der Beziehung König und Prophet: Saul / Samuel 1. Sam 9-15, David / Nathan 2. Sam 12, Ahabs / Elia 1. Könige 17, Jerobeus II. / Amos 2. Sam 12, Ahas / Jesaja 7.

      Wie ein roter Faden zieht sich durch Kleppers Roman von Anfang an das tiefe Unverständnis der Königin Sophie Dorothea gegenüber ihrem Mann – und vor allem für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem König und dem Kronprinzen, dem späteren Friedrich dem Großen, der unbedingt eine männliche Erziehung erhalten soll, obwohl seine Neigungen in eine ganz andere Richtung tendieren.

      Mit psychologischer Einfühlsamkeit schildert Klepper die Gefühlswelt Friedrichs, der zwischen Vater und Mutter geradezu zerrieben wird, denn auch die Mutter nimmt Einfluss auf seine Erziehung und das durchaus nicht im Sinne ihres Mannes.

      Als dies dem König bewusst wird und er entdeckt, dass Friedrich der Kronprinz Schulden gemacht hat, dass sich in der Bibliothek des Sohne kein Neues Testament befindet, wird Friedrichs Musikunterricht eingeschränkt, die „geliebten französischen Romane“ weggeschlossen, der Sohn wird stattdessen auf die Jagd geschickt und hart angefasst. Durch diese Erziehungsmethoden gewinnt der König nicht unbedingt das Herz seines Sohnes.

      Vater und Sohn entfernen sich immer mehr voneinander und sind am Ende geradezu tödliche Feind geworden.

      Der König selbst wird immer strenger und verhärtet sich. Er lässt sich sogar zu Tätlichkeiten hinreißen, schlägt seine Untertanen, prügelt sie, wenn es sein muss, auch mal mit dem Stock, selbst den Kronprinzen traktiert er auf diese Weise. Gleichzeitig steigert sich seine Schwermut ins Unerträgliche. Als er entdeckt, dass der Sohn das Land verlassen wollte, er nennt es desertieren, will er den Sohn sogar hinrichten lassen. Am liebsten hätte er auch seine älteste Tochter, die in Friedrichs Pläne eingeweiht war, vors Gericht gestellt. Eine Mitwisserin Friedrichs wird öffentlich ausgepeitscht und Leutnant von Katte, ein enger Vertrauter des Prinzen, zum Tode verurteilt und unter dem Fenster des Thronfolgers hinrichtet. „Aber da war kein Zorn in ihm, und er war nur vom Schmerz übermannt.“

      Der König hatte in seinem Sohn „den Gefährten in der Schwere des Amtes“ gesehen, er hatte versucht, ihn in die erkannte Gottesordnung zu zwingen. Die Flucht war Ausbruch aus dieser Ordnung, die Strafe ihre Wiederherstellung. Davon handelt vor allem das Kapitel „Der Gott von Geldern“. Hier hat Klepper den ansonsten in strenger Konsequenz und historischer Verantwortung nachgezeichneten Lebensweg Friedrich Wilhelms I. verlassen. Am 19.August 1937 schreibt er an die befreundete Familie Meschke: „Der Gott von Geldern ist für mich die einzige Lösung gewesen, Theologie in Epik umzuwandeln und in der Bildersprache zu bleiben, das irre Herumfahren auf dieser Reise ist historisch, die Begegnung mit dem Gott von Geldern aber Erfindung, an der ich schwer laborierte.“

      Klepper schildert, wie Friedrich Wilhelm in Geldern während eines Gottesdienstes auf die Pièta des schmerzensreichen Vaters stößt, deren Anblick ihn „ins innerste Herz“ trifft. Der Vater hält den toten Sohn auf den Knien, der sich im Gehorsam opferte, den der Vater aus Liebe geopfert hat.

      Angetan von den „Leiden des ewigen Vaters“ wendet sich Friedrich Wilhelm an den Gemeindepastor, der sein Anliegen jedoch genau so wenig begreift wie die daraufhin um Rat gefragten Kantoren

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