Jochen Klepper: Der Vater Roman eines Königs. Jochen Klepper
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Wie in seinem Tagebuch setzt der Schriftsteller, der in der Geschichte den Weg ins Gericht Gottes zu erkennen glaubte, auch in dem streng komponierten Roman über jedes Kapitel ein Bibelwort. Er will, wie er selbst bekennt, „Dichtung als Bibelexegese“ und lässt sein Dichten mit allem, was dazugehört, auch mit der Bilder schaffenden Fantasie, vom Wort Gottes ausgehen.
Klepper dichtet mit dem Wortschatz und dem Sprachgut der Bibel und versteht sich in seinem Sein als Dichter als Knecht des göttlichen Wortes. Er hat sich mithin in den Dienst des göttlichen Wortes gestellt.
Hat man sein Tagebuch gelesen, wird man auch aufmerksamer für bestimmte Bruchstellen seiner eigenen Konfessionen, die der Dichter in seinen Vater-Roman behutsam, wenn auch spärlich eingearbeitet hat. Kleppers Bruder Erhard entdeckte, als er den Roman las, eine Ähnlichkeit zwischen ihrer Mutter und der Königin Sophie Dorothea. Klepper griff natürlich auch bei der Gestaltung des Vaters auf eigene Leiderfahrungen zurück.
Indem er diesem Schicksal nachspürt, der Tragödie des von den Seinen unverstandenen Vaters, der sich leidend und büßend Gott unterwirft, sublimiert Klepper besondere Erfahrungen seines eigenen Lebens: die Trauer um den Vater, den er nicht zu lieben vermochte und der nun fern von ihm dahinsiecht. Klepper hat hier zweifellos sein eigenes Kindheitstrauma vom gefürchteten Vater zu bewältigen versucht.
Am 9. August 1935 notiert Klepper in sein Tagebuch: „...die Last des Buches drückt mich sehr, und die Liebe zu Friedrich Wilhelm kann nichts daran ändern.“ (Eine nachgetragene Liebe zum eigenen Vater à la Peter Härtling?)
1934 schreibt Jochen Klepper in sein Tagebuch kurz vor dem Tod des Vaters: „Vater und ich sind uns ja eine der schwersten Prüfungen gewesen, die Gott uns auferlegt hat, und was Sünde und Gnade, Führung Gottes ist, haben wir in großen Erregungen und Leiden aneinander erfahren. Es ist das einzige Mal, dass ich im Leben die Bitte des Vaterunsers ganz begriffen habe, im jahrelangen Prozess: „Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern.“
Zudem sind in manchen Gedanken und Überlegungen des Königs auch die ganz persönlichen Gedanken und Überlegungen des Autors enthalten. Vor allem wenn der König über Gottes verschlungene Wege und über Gottes Beziehung zu sich selbst nachdenkt, wird man an Tagebuchaufzeichnungen von Klepper erinnert.
An einer Stelle im Roman heißt es: „...er fühlte sein Leben von einem harten dunklen Griff durchstoßen. Aber er glaubte, er sei die Hand Gottes; und darum musste sie ertragen sein.“ So ähnlich dachte auch Klepper über seine Situation. Derartige Sätze findet man in seinem Tagebuch zuhauf wie: „Mir kann nur noch Gott helfen“, oder „Es konnte nur Gottes Befehl sein“.
Manchmal dachte der König, Gott müsse ihm in all den Leiden, Widerständen und Wirren der Arbeit ein sichtbares Zeichen geben, das ihm half.“ „Aber dies eben ist Gottes Zeichen“ – der König entsann sich eines Wortes des toten Roloff-, „dass er seine Knechte durchhalten, wagen und erdulden lässt im Aussichtslosen und im Unerkennbaren.“ Vielleicht liegt das Zeichen Gottes darin, dass er kein Zeichen gibt. Diese Überlegung stellt auch Klepper in seinem Tagebuch an und er lässt den König ebenso denken.
Die Herrschaft von Gottes Gnaden kann nach Kleppers Ansicht nicht bestritten werden, sofern sich ihr Träger seiner Rolle als Diener Gottes voll bewusst ist. Denn allein der Glaube, nicht der Glanz seiner Machtentfaltung verschafft dem Herrscher seine hervorragende Würde.
Klepper hat hier eine Gestalt der Vergangenheit vergegenwärtigt, um an ihr anschaubar zu machen, was Glauben konkret bedeutet, aber auch was politische Verantwortung vor Gott bedeutet. Er hält seiner Zeit einen Spiegel vor.
„Herr, lass uns wieder einen König sehen,
bevor die Welt die Könige vergisst.
Denn sonst vermögen wir nicht zu verstehen,
nach welchem Maß man deine Ordnung misst.“
So lautet der Beginn eines Gedichtzyklus' aus den Vorarbeiten zum „Vater“.
„Bald wird sich das Jahrtausend wieder neigen,
und Gottes neue Stunde bricht herein.
Wird dann der König seinen Thron besteigen
und deine Ordnung bei den Völkern sein? …
Die Völker stehen ganz erstarrt in Waffen,
und der gilt viel, der neuen Tod erdenkt.
Auch wenn sie Sicheln zu den Schwertern schaffen,
bleibt dennoch nur der Untergang verhängt...
Nur wer das Kreuz sieht, hat von fern verstanden
die Heiligkeit im irdischen Gericht.
Wenn Könige dein Golgatha nicht fanden,
so fanden sie auch ihre Throne nicht.“
Rita Thalmann schreibt hierzu in „Jochen Klepper: Ein Leben zwischen Idyllen und Katastrophen“, dass Klepper in den Jahren zwischen 1935 und 1937 zu der Überzeugung gelangt sei, „dass für Deutschland und auch die anderen Völker Europas nur ein durch Leiden und Sühne für vergangene Irrtümer geläutertes Königtum die verlorene göttliche Ordnung zu verkörpern vermag, obwohl er weiß, dass die noch bestehenden Monarchien in Europa diesem Ideal nur wenig entsprechen.
Offensichtlich hing Klepper an Kaiser- und Königtum. Er korrespondierte mit dem ehemaligen Kaiser Wilhelm II. und war stolz auf Antworten aus dem Hause Doorn. Am 27. Januar 1939 schreibt er in sein Tagebuch: „...80. Geburtstag des Kaisers. Ein halbes Jahrhundert wäre er nun Kaiser. – Es geht einem durch und durch.“
Klepper war kein Mann der Demokratie. Mit Kritik hatte er nichts im Sinn, er war auch kein Mann des Widerstands, wäre er nicht zufällig mit einer Jüdin verheiratet gewesen, hätte er im 3. Reich sicher nicht, vermuten viele seiner Biografen, allzu viel auszustehen gehabt; für ihn waren Nation, Vaterland, Heimat unantastbare Begriffe, lange Zeit aber auch die Obrigkeit.
Am 6. August 1937 findet sich im Tagebuch folgende Bemerkung: „...im übrigen hat Römer 13 gültig zu bleiben.“ Diese Stelle aus dem Römerbrief lautet: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott, wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.“ (Römer 13,1,) Und an anderer Stelle vom 6.08.1937 in seinem Tagebuch: „Es bleibt bei Römer 13, dem Gehorsam gegen eine mir auch noch so entgegengesetzte Obrigkeit,
Aber am 15. Dezember 1938 zeigt ein Tagebucheintrag eine deutliche Distanz zum unbedingten Obrigkeitsdenken: „Ihlenfelds und meine Einstellung wieder völlig gleich. Auch ihm ist nun die Obrigkeit zertrümmert.“
Im „Vater“ wird auch ein Loblied auf preußische Tugenden gesungen, wie Pflichterfüllung, Genügsamkeit, Gottesfurcht und Staatstreue. Klepper erweist sich in diesem Roman als Verehrer eines vom soldatischen Pflichtgefühl