Der rote Komet. Robert Heymann

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Der rote Komet - Robert Heymann

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       Robert Heymann

       Der rote Komet

      

       Scratch Verlag

       Impressum neobooks

      Robert Heymann

      Der rote Komet

      Scratch Verlag

      e-book 103

      erste Auflage 01.10.2021

      © Saphir im Stahl

      Verlag Erik Schreiber

      An der Laut 14

      64404 Bickenbach

       www.saphir-im-stahl.de

      Titelbild: Sebastian Faulhaber

      Lektorat: Peter Heller

      Vertrieb: neobooks

      Wunder der Zukunft

       Romane aus dem dritten Jahrtausend

       Band 2

      Der rote Komet

       von

       Robert Heymann

      Leipzig—Berlin

       Julius Püttmann

       1909

      I.

      „Siehst du die purpurne Röte, die in gerader Linie sich herab auf die Erde senkt?“ fragte Romulus Futurus in größter Aufregung seinen Freund John Crofton, den berühmten Berichterstatter des „New York Herald“ in Berlin. „Bist du nun überzeugt, daß ich die Wahrheit gesprochen habe? Noch kannst du den roten Kometen nicht erkennen, und niemand wird imstande sein, ihn mit bloßem Auge zu sehen. Aber jetzt gibst du zu, daß meine Diagnose richtig war?“

      John Crofton, ein Mann von etwa sechsunddreißig Jahren, mit echt amerikanischem Typus, beugte sich schweigend nieder und sah durch eines der großen Riesenferngläser hinauf zum Horizont. Es war abends um 9 Uhr am 10. Oktober des Jahres 2439.

      „Berlin steht augenblicklich in der Ekliptik des „Steinbocks“, des „Wassermanns“, der „Fische“, des „Widders“, des „Stieres“ und der „Zwillinge“, fuhr der große Astronom zu sprechen fort. „Im Osten stehen „Castor und Pollux“, die Zwillingssterne, die in letzter Zeit eine seltsame Lichtfülle verbreiten. Oestlich zwischen dem Horizont und dem Scheitelpunkt erblickst du die „Capella“ im „Fuhrmann“.

      „Ist das jener Doppelstern, von dem der eine strahlender erscheint als der andere?“ fragte Crofton, immer noch durch das Fernrohr blickend.

      „Ganz recht. Schon die ältesten Astronomen schreiben der „Capella“ das Alter der Sonne zu. Diese beiden Sterne brauchen hundertundvier Tage, um sich umeinander zu bewegen.“

      „Wenn ich nicht irre,“ meinte John Crofton, „so haben verschiedene Gelehrte den Untergang der Welt durch einen Zusammenstoß mit der „Capella“ prophezeit?“

      Romulus Futurus lächelte. Das stand ihm wohl an; denn er war ein großer, kräftiger Mann mit schwarzem, leicht meliertem Vollbart und sinnenden Augen.

      „Das kam daher, weil diese Zwillingssterne sich im Laufe der letzten Jahrzehnte fast unmerklich der Erde genähert haben, allerdings um ein Minimum, das nur die Mathematik der Astronomen hat feststellen können. Du wirst dich erinnern, John, daß man zuerst den roten Schimmer, der seit einiger Zeit unsere Erde erfüllt, der „Capella“ zugeschrieben hat.“

      „Bis du aufgetreten bist, Romulus, und mit Hilfe deiner neuen, fabelhaften Erfindung, der lichtempfindlichsten photographischen Platte der Welt, dem „Lumen“, nachwiesest, daß ein neuer Komet, vorläufig unsichtbar durch einen dichten Nebelmantel, der Erde sich nähere. Auf diese Entdeckung hin wurde dir ja auch der Ehrenname ‚Futurus‘ verliehen.“

      John Crofton sprach die Wahrheit. Dieser Komet, der die beiden Männer in der Sternwarte beschäftigte, war bis jetzt noch nicht sichtbar geworden. Aber die Erde stand im Zeichen eines roten Schimmers seit mehr denn sieben Monaten, umflossen von einem purpurnen Glanz, der sich wie ein fabelhafter Regenbogen scharf vom Himmel abhob und alles mit einer aufregenden Lichtfülle übergoß.

      Einige Wochen hatte ein Taumel die Welt erfaßt, denn niemand hatte anders geglaubt, als daß der Weltuntergang schon hereinbreche. Das kam in der Hauptsache wohl daher, weil man zuerst die „Capella“ für den verhängnisvollen Kometen hielt, und weil die Astronomen berechnet hatten, daß, wenn sie der Erde überhaupt nur so nahe kommen würde, wie die Sonne, jedes Leben unten unmöglich werden müßte.

      „Fabelhaft! Einfach fabelhaft!“ begann John Crofton plötzlich, indem er den Blick auf einen großen photographischen Apparat heftete, der mitten in der Sternwarte stand. „Da drinnen befindet sich also deine phänomenale Erfindung, Romulus?“

      Der Astronom lächelte.

      „Ich habe bis jetzt nur gehört, Romulus, daß du imstande gewesen bist, den roten Kometen zu photographieren, ehe ihn eines Menschen Auge überhaupt hat wahrnehmen können; nicht einmal durch die größten und sichersten Fernrohre war er zu sehen. Was ist das für ein unglaubliches Ding, das um so vieles lichtempfindlicher ist, als das menschliche Auge?“

      „Das ist eine Platte, die ich dir gerne zeigen möchte, wenn sie nicht mit dem Augenblick unbrauchbar werden würde, da sie mit dem Lichte in engste Berührung kommt,“ entgegnete Romulus Futurus. „Diese photographische Platte ist von solcher Vollendung und Lichtempfindlichkeit, daß die Dinge bei der Aufnahme sich nicht so reproduzieren, wie man sie seit langen Zeiten kennt und wie das menschliche Auge sie sieht.

      Nein!“ fuhr Romulus Futurus in wachsender Begeisterung fort, während seine Augen leuchteten. „Wenn alle Sinne trügen, so spricht meine photographische Platte die lauterste Wahrheit, denn sie zeigt alles so, wie es ist. Man wird in unserem Jahrtausend erkennen müssen, daß fast alles anders ist, als man bislang angenommen hat; ja ich behaupte, daß meine neueste Erfindung die äußersten Grundsätze umstoßen wird.“

      In der Tat, Romulus Futurus hatte recht. Das erkannte auch die deutsche Nation, als sie ihn in Anerkennung seiner Verdienste und Fähigkeiten zum Kultusminister machte. War doch das Ereignis auf die Prophezeiung erfolgt! Während man erst nur einen dichten, grauen Nebel am Himmel gesehen hatte, war plötzlich dieser rote Strahl auf die Erde geglitten, der von Woche zu Woche, ja beinahe von Tag zu Tag sich verstärkte und die Menschen in einen wahren Sinnestaumel versetzte. Schließlich hatte Romulus Futurus der Akademie der Wissenschaften die Photographie des roten Kometen gezeigt, desselben, den bis jetzt noch niemand hatte wahrnehmen können.

      — Bis dorthin hatte Romulus einen anderen Namen besessen; „Futurus“ war der Ehrenname, den ihm die Akademie auf die Entdeckung des Kometen hin verlieh. Denn in damaliger

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