Charles Darwin: Die Vögel und die geschlechtliche Zuchtwahl. Carles Darwin

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Charles Darwin: Die Vögel und die geschlechtliche Zuchtwahl - Carles Darwin gelbe Buchreihe

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Männchen von dem erwachsenen Weibchen verschieden geworden ist, das erstere in derselben Weise auch von den Jungen beider Geschlechter verschieden ist. Die Allgemeinheit dieser Tatsache ist durchaus merkwürdig. Sie gilt für beinahe alle Säugetiere, Vögel, Amphibien und Fische, auch für viele Crustaceen, Spinnen und einige wenige Insekten, nämlich gewisse Orthopteren und Libellen. In allen diesen Fällen müssen die Abänderungen, durch deren Anhäufung das Männchen seine eigentümlichen männlichen Merkmale erlangt hat, in einer etwas späten Periode des Lebens eingetreten sein, sonst würden die jungen Männchen ähnlich ausgezeichnet worden sein; und in Übereinstimmung mit unserem Gesetze werden sie nur auf erwachsene Männchen vererbt und entwickeln sich nur bei diesen. Wenn andererseits das erwachsene Männchen den Jungen beider Geschlechter sehr ähnlich ist (wobei diese mit seltenen Ausnahmen einander gleich sind), so ist es meist auch dem erwachsenen Weibchen ähnlich; und in den meisten dieser Fälle treten die Abänderungen, durch welche das junge und alte Tier ihre gegenwärtigen Merkmale erlangten, wahrscheinlich in Übereinstimmung mit unserer Regel während der Jugend auf. Hier kann man aber wohl zweifeln, denn zuweilen werden die Besonderheiten auf die Nachkommen in einem früheren Alter vererbt als in dem, in welchem sie zuerst bei den Eltern erscheinen, so dass die Eltern sich änderten, als sie erwachsen waren, und ihre Eigentümlichkeiten dann auf die Nachkommen vererbt haben können, während diese jung waren. Überdies gibt es viele Tiere, bei denen die beiden Geschlechter einander sehr ähnlich und doch von ihren Jungen verschieden sind; und hier müssen die Merkmale der Erwachsenen spät im Leben erlangt worden sein; trotzdem werden diese Merkmale in scheinbarem Widerspruch gegen unser Gesetz auf beide Geschlechter vererbt. Wir dürfen indessen die Möglichkeit oder selbst Wahrscheinlichkeit nicht übersehen, dass Abänderungen der nämlichen Natur zuweilen gleichzeitig und in gleicher Weise bei beiden Geschlechtern, wenn sie ähnlichen Bedingungen ausgesetzt sind, zu einer im Ganzen späteren Periode des Lebens auftreten; und in diesem Falle werden die Abänderungen auf die Nachkommen beider Geschlechter in einem entsprechenden späten Lebensalter vererbt. Hier würde denn kein wirklicher Widerspruch gegen unsere Regel eintreten, dass die Abänderungen, welche spät im Leben auftreten, ausschließlich auf das Geschlecht vererbt werden, bei dem sie zuerst erscheinen. Dieses letztere Gesetz scheint noch allgemeiner zu gelten als das andere, dass nämlich Abänderungen, welche in einem der beiden Geschlechter früh im Leben auftreten, zu einer Vererbung auf beide Geschlechter neigen. Da es offenbar unmöglich war, auch nur annäherungsweise zu schätzen, in einer wie großen Anzahl von Fällen durch das ganze Tierreich hindurch diese beiden Sätze Gültigkeit haben, so kam ich auf den Gedanken, einige auffallende und entscheidende Beispiele zu untersuchen und mich auf das aus ihnen erhaltene Resultat zu verlassen.

       Einen ausgezeichneten Fall bietet für diese Untersuchung die Familie der hirschartigen Tiere dar. Bei sämtlichen Arten, mit Ausnahme einer einzigen, entwickelt sich das Geweih nur beim Männchen, trotzdem es ganz sicher durch das Weibchen überliefert wird und auch wohl imstande ist, sich gelegentlich abnormer Weise bei diesem zu entwickeln. Andererseits ist beim Rentier das Weibchen mit einem Geweihe versehen, so dass bei dieser Art das Geweih entsprechend unserem Gesetze zeitig im Leben auftreten müsste, lange bevor die beiden Geschlechter zur Reife gelangen und in ihrer Konstitution sehr auseinander gehen. Bei allen den anderen Arten der Hirsche müsste das Geweih später im Leben auftreten und infolge hiervon nur bei demjenigen Geschlechte zur Entwicklung gelangen, bei dem es zuerst am Urerzeuger der ganzen Familie erschien. Ich finde nun bei sieben zu verschiedenen Sektionen der Familie gehörigen und verschiedene Gegenden bewohnenden Spezies, bei welchen nur die Männchen Geweihe tragen, dass das Geweih zuerst in einer Zeit erscheint, welche von neun Monaten nach der Geburt, und dies beim Rehbock, bis zu zehn oder zwölf oder selbst noch mehr Monaten nach derselben variiert, letzteres bei den Hirschen der sechs anderen größeren Spezies. [Ich bin Herrn Cupples sehr verbunden, welcher von Mr. Robertson, dem erfahrenen Oberwildwart des Marquis of Breadalbane, Erkundigungen über den Rehbock und den Hirsch in Schottland für mich eingezogen hat. In Bezug auf den Damhirsch bin ich Mr. Eyton und anderen für Mitteilungen zu Dank verpflichtet. Wegen des Cervus alces von Nord-Amerika s. Land and Water, 1868, p. 221 u. 254. und wegen Cervus virginianus und strongylocerus desselben Kontinents s. J. D. Caton in: Ottawa Acad. of Natur. Science. 1868, p. 13. Wegen des Cervus Eldi von Pegu s. Lieutenant Beavan in: Proceed. Zoolog. Soc. 1867, p. 762.] Aber bei dem Rentier liegt der Fall sehr verschieden. Denn wie ich von Professor Nilsson höre, welcher freundlich genug war, meinetwegen spezielle Untersuchungen in Lappland anstellen zu lassen, erscheinen die Hörner bei den jungen Tieren innerhalb der ersten vier oder fünf Wochen nach der Geburt, und zwar zu derselben Zeit bei beiden Geschlechtern. Wir haben daher hier ein Gebilde, welches sich zu einer äußerst ungewöhnlich frühen Lebenszeit in einer Spezies der Familie entwickelt und welches auch allein in dieser einen Spezies beiden Geschlechtern eigen ist.

       Bei mehreren Arten von Antilopen sind die Männchen allein mit Hörnern versehen, während in einer größeren Zahl beide Geschlechter Hörner haben. In Bezug auf die Periode der Entwicklung derselben teilt mir Mr. Blyth mit, dass im zoologischen Garten gleichzeitig einmal ein junger Kudu (Antilope strepsiceros), bei welcher Art nur die Männchen gehörnt sind, und das Junge einer nahe verwandten Spezies, nämlich das Eland (Antilope oreas), lebten, bei welchem beide Geschlechter gehörnt sind. Nun waren in strenger Übereinstimmung mit unserem Gesetz bei dem jungen männlichen Kudu, trotzdem derselbe bereits zehn Monate alt war, die Hörner merkwürdig klein, wenn man die schließlich von ihnen erreichte Größe in Betracht zieht, während bei dem jungen männlichen Eland, obgleich er nur drei Monate alt war, die Hörner bereits sehr viel größer waren als bei dem Kudu. Es ist auch der Erwähnung wert, dass bei der gabelhörnigen Antilope [Antilokapra amerikana. Ich habe Dr. Kanfield für Angaben in Betreff der Hörner des Weibchens zu danken; s. auch seinen Aufsatz in: Proceed. Zoolog. Soc. 1866, p. 209. s. auch Owen, Anatomy of Vertebrates. Vol. III, p. 627.] nur einige wenige Weibchen, etwa eines unter fünf, Hörner haben; diese finden sich in einem rudimentären Zustand, wennschon sie zuweilen über einen Zoll lang werden. Es befindet sich daher diese Spezies, was den Besitz von Hörnern seitens der Männchen allein betrifft, in einem intermediären Zustand, und die Hörner erscheinen nicht eher, als ungefähr fünf oder sechs Monate nach der Geburt. Im Vergleich daher mit dem Wenigen, was wir von der Entwicklung der Hörner bei anderen Antilopen wissen und was in Bezug auf die Hörner der Hirsche, Rinder usw. bekannt ist, treten die der Gabelhorn-Antilope in einer intermediären Lebensperiode auf, d. h. weder sehr früh, wie bei Rindern und Schafen, noch sehr spät, wie bei den größeren Hirschen und Antilopen. Bei Schafen, Ziegen und Rindern, bei denen die Hörner in beiden Geschlechtern gut entwickelt sind, wenn sie auch in der Größe nicht völlig gleich sind, können sie schon bei der Geburt oder bald nachher gefühlt oder selbst schon gesehen werden. [Mir ist versichert worden, dass bei den Schafen in Nord-Wales schon zur Zeit der Geburt die Hörner immer gefühlt werden können und zuweilen selbst einen Zoll lang sind. In Bezug auf das Rind sagt Youatt (Cattle, 1834, p. 277), dass der Vorsprung des Stirnbeines bei der Geburt die Haut durchbohrt und dass die Hornsubstanz sich bald auf demselben bildet.] Unser Gesetz lässt uns indess in Bezug auf einige Schafrassen im Stich, z. B. bei den Merinos, wo nur die Widder gehörnt sind. Denn infolge eingezogener Erkundigungen [Prof. Victor Carus hat für mich bei den höchsten Autoritäten in Bezug auf die Merino-Schafe in Sachsen Erkundigungen eingezogen. An der Guineaküste in Afrika gibt es indessen eine Schafrasse, bei welcher wie bei den Merinos nur die Widder allein Hörner haben; und Mr. Winwood Reade teilt mir mit, dass in einem von ihm beobachteten Falle ein junger, am 10. Februar geborener Widder zuerst am 6. März die Hörner zeigte, so dass die Entwicklung der Hörner in diesem Falle zu einer späteren Lebensperiode eintrat, unserem Gesetze zufolge, als bei dem Waliser Schaf, bei dem beide Geschlechter gehörnt sind.] bin ich nicht imstande, zu sagen, dass die Hörner bei dieser Rasse später im Leben entwickelt werden als bei gewöhnlichen Schafen, bei denen beide Geschlechter gehörnt sind. Es ist aber bei domestizierten Schafen das Vorhandensein oder das Fehlen der Hörner kein scharf fixiertes Merkmal, denn eine gewisse Zahl von Merinomutterschafen trägt kleine Hörner und einige Widder sind hornlos, während bei den meisten Rassen gelegentlich auch hornlose Mutterschafe geboren werden.

      Dr. W. Marshall hat neuerdings die Protuberanzen, welche so häufig am Kopf von Vögeln auftreten, speziell studiert [Über die knöchernen Schädelhöcker der Vögel, in: Niederländ. Archiv für Zoologie. Bd. I. Heft 2. 1872.]

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