Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz". Franz Kugler
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In den ersten Lebensjahren, wie auch noch mannigfach in späterer Zeit, bis kriegerische Beschäftigungen den Körper abgehärtet hatten, war die Gesundheit des Kronprinzen schwankend; die traurigen Erfahrungen, die man bereits an zwei früh verstorbenen Prinzen gemacht hatte, ließen auch für ihn gegründete Besorgnisse entstehen. Zugleich hatte dieser körperliche Zustand, vielleicht aber auch eine Gemütsanlage, welche die äußeren Eindrücke früh mit Bestimmtheit aufzufassen und nachdenklich zu verarbeiten nötigte, ein eigentümlich schweigsames, fast schwermütiges Wesen zur Folge, welches jene Besorgnisse noch mehr zu rechtfertigen schien. Umso emsiger war man auf die körperliche Ausbildung des jungen Prinzen bedacht.
Friedrichs Schwester Wilhelmine
Mit voller Zärtlichkeit hing dieser an seiner älteren Schwester, die sich in ihren Erholungsstunden nur mit dem Knaben beschäftigte. Dieses innige Verhältnis hat bis an den Tod der Schwester ausgedauert.
Eine Szene aus diesen Kinderjahren ist durch ein schönes Gemälde des damaligen Hofmalers Pesne der Nachwelt überliefert worden.
Hofmaler Pesne mit Frau und Tochter
Der Prinz hatte eine kleine Trommel zum Geschenk erhalten, und man bemerkte mit Freude, dass es ihm, im Gegensatz gegen sein sonstiges stilles Wesen, Vergnügen gewährte, den Marsch, den man ihn gelehrt, rüstig zu üben. Einst hatte ihm die Mutter erlaubt, diese Übung in ihrem Zimmer vorzunehmen; auch die Schwester war mit ihren Spielsachen dabei. Der Letzteren wurde das Trommeln des Bruders zu viel und sie bat ihn, lieber ihren Puppenwagen ziehen zu helfen oder mit ihren Blumen zu spielen. Aber sehr ernsthaft erwiderte der kleine Prinz, so gern er sonst jeder Bitte der Schwester nachgab: „Gut trommeln ist mir nützlicher als spielen und lieber als Blumen.“ Diese Äußerung schien der Mutter so wichtig, dass sie schleunig den König herbeirief, dem das selten geäußerte soldatische Talent des Knaben die größte Genugtuung gewährte. Dem Hofmaler musste die Szene, ohne dass die Kinder die Absicht merkten, noch einmal vorgespielt werden.
Der König war gern im Kreise seiner Familie; seine Zuneigung zu den Kindern zeigte sich häufig auch darin, dass er selbst an ihren Spielen teilnahm. Einst trat der alte General Forcade ungemeldet in das Zimmer des Königs, als dieser eben mit dem kleinen Prinzen Ball spielte. „Forcade“, sagte er zu ihm, „Er ist auch Vater; Er weiß: Väter müssen mit ihren Kindern zuweilen Kinder sein, müssen mit ihnen spielen und ihnen die Zeit vertreiben.“
Es ist schon bemerkt, dass die Königin ihren Wohltätigkeitssinn auf ihre Kinder überzutragen bestrebt war. Den Kronprinzen machte sie früh zu ihrem kleinen Almosenier. Die Hilfsbedürftigen, die sich vertrauensvoll an die bekannte Milde ihres Herzens gewandt hatten, ließ sie zu sich kommen, bezeugte ihnen ihr Mitleid, und die Betrübten wurden dann durch den kleinen Almosengeber mit Geschenken entlassen. Diese schöne Sitte war von den erfreulichsten Folgen auf das Gemüt des Kronprinzen; schon früh gab er das Zeugnis, wie lebendig er die Lehre der Mutter seinem Herzen eingeprägt hatte.
Hannover Herrenhausen
Die Eltern pflegten, in der ersten Zeit nach ihrer Vermählung jährlich eine Reise nach Hannover zu machen, um den Vater der Königin zu besuchen; seit seinem dritten Jahre wurde der Kronprinz auf diesen Reisen mitgenommen. In Tangermünde ließ der König gewöhnlich einige Stunden anhalten, um sich dort mit den Beamten der Provinz über Gegenstände der Verwaltung zu besprechen. Bei diesen Gelegenheiten versammelte sich stets ein großer Teil der Einwohner, um den jungen Kronprinzen zu sehen; die Königin erlaubte ihm gern, zu dem Volke hinauszugehen. Einst bat er einen der Zuschauer, ihn zu einem Bäcker zu führen; hier öffnete er schnell seine kleine Börse und schüttete seine ersparte Barschaft in die Hand des Bäckers, mit der Bitte, ihm dafür Semmeln, Zwieback und Brezeln zu geben. Er selbst nahm einen Teil der Esswaren, das Übrige mussten seine Begleiter und ein Bedienter tragen. Dann wandte er sich zu den Einwohnern, die ihm in Scharen gefolgt waren, und teilte seine Beute freudig an Kinder und Greise aus. Die Eltern hatten den Vorgang vom Fenster des Amtshauses angesehen und ließen, als die erste Spende beendet war, noch eine zweite holen, um dem Prinzen das Vergnügen der Austeilung zu verlängern. Jährlich, bis zum zwölften Jahre, erneute der Kronprinz diese Spende in Tangermünde und legte dazu stets schon einige Zeit vor der Abreise etwas von seinem kleinen Taschengelde zurück. Die Tangermünder nannten ihn mit Entzücken nur ihren Kronprinzen. Nach seiner Thronbesteigung äußerte Friedrich öfters, dass er an diesem Orte zum ersten Mal das Vergnügen genossen habe, sich von Untertanen geliebt und Dankestränen in den Augen der Kinder und Greise zu sehen.
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Drittes Kapitel – Die Knabenzeit
Drittes Kapitel – Die Knabenzeit
Mit dem Anfange des siebenten Jahres endete die weibliche Erziehung des Kronprinzen. An die Stelle der Gouvernanten traten nunmehr der Generalleutnant Graf von Finkenstein als Oberhofmeister, und der Oberst von Kalkstein als Unter-Gouverneur. Die Söhne dieser beiden verdienten Männer, sowie die markgräflichen Prinzen des Hauses, wurden die Spielgefährten des Thronerben; das kindliche Verhältnis zu dem jungen Grafen von Finkenstein ging nachmals in eine wirkliche Freundschaft über, und Friedrich blieb diesem, der später sein Kabinetts-Minister wurde, fortdauernd mit hohem Vertrauen geneigt.
Der König gab den beiden Hofmeistern eine ausführliche Instruktion, welcher gemäß sie die Erziehung des Kronprinzen leiten sollten. Als Hauptpunkt wird darin eine reine christliche Frömmigkeit, als zu welcher der Zögling vornehmlich hinzuführen sei, vorangestellt: – „und muss er (so heißt es u. a. in der Instruktion) von der Allmacht Gottes wohl und der Gestalt informiert werden, dass ihm alle Zeit eine heilige Furcht und Venerazion vor Gott beiwohne, denn dieses ist das einzige Mittel, die von menschlichen Gesetzen und Strafen befreite souveräne Macht in den Schranken der Gebühr zu halten.“ Sodann sollte dem Prinzen Ehrfurcht, Hochachtung und Gehorsam gegen seine Eltern eingeprägt werden. Doch setzte der König die schönen Worte hinzu: „Gleichwie aber die allzu große Furcht nichts Anderes als knechtische Liebe und sklavische Effekten hervorbringen kann, so soll sowohl der Oberhofmeister, als der Sougouverneur dahin arbeiten und ihr Möglichstes anwenden, meinem Sohne wohl begreiflich zu machen, dass er keine solche Furcht, sondern nur eine wahre Liebe und vollkommen Vertrauen vor mich haben und in mich setzen müsse, da er denn finden und erfahren solle, dass ihm mit gleicher Liebe und Vertrauen begegnet würde.“ Überall wird in der Instruktion auf strengste Sittlichkeit gedrungen; dem Stolz und Hochmut, wenn diese sich zeigten, ebenso den Einflüsterungen der Schmeichelei