Wolfsblut. Jack London
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»Ich hab' die Matrosen von Haifischen erzählen hören, die ein Schiff verfolgten,« bemerkte Bill, als er, nachdem er das Feuer geschürt hatte, wieder unter die Decke kroch. »Diese Wölfe sind aber wie Haifische auf dem Lande. Sie verstehen ihr Geschäft besser als wir und folgen unserer Spur nicht zum Vergnügen. Sie kriegen uns; sie kriegen uns ganz sicher, Heinrich.«
»Sie haben dich schon halb und halb, wenn du so redest,« versetzte Heinrich ärgerlich. »Man ist schon halb besiegt, wenn man es eingesteht, und du bist halb gefressen, wenn du noch weiter so schwatzest.«
»Sie haben bessere Leute als dich und mich gekriegt,« antwortete Bill.
»Ach, hör auf mit deinem Unken! Das bekommt einer auf die Dauer satt.«
Heinrich drehte sich verdrießlich auf die Seite, wunderte sich jedoch, dass Bill nicht böse wurde. Das sah ihm nicht ähnlich, denn ein scharfes Wort kränkte ihn leicht. Heinrich dachte noch lange vor dem Einschlafen darüber nach, und sein letzter Gedanke war: ›Es lässt sich nicht leugnen, Bill ist fürchterlich trübselig gestimmt. Ich werd' ihn morgen ein bißchen aufheitern müssen.‹
3. Kapitel. Heulender Hunger
Der Tag begann günstig. Kein Hund war in der Nacht verschwunden, und in besserer Stimmung begaben sich die Männer auf die Fahrt durch das Schweigen, die Dunkelheit und die Kälte. Bill schien die trüben Ahnungen der letzten Nacht vergessen zu haben und scherzte und spaßte sogar mit den Hunden, die um die Mittagszeit den Schlitten an einer schlechten Wegstelle umgeworfen hatten.
Die Verwirrung war fürchterlich. Der Schlitten war zwischen einem Baumstamm und einem ungeheuren Felsblock eingeklemmt und noch dazu um und umgekehrt. Die Männer waren gezwungen, die Hunde auszuspannen, und als sie sich über den Schlitten beugten, um ihn aufzurichten, bemerkte Heinrich, dass Einohr zur Seite schlich.
»Hierher, Einohr!« rief er ihm zu, indem er sich aufrichtete und nach dem Hund umwandte. Aber Einohr begann über den Schnee zu laufen, indem er die Stricke hinter sich herschleppte, denn auf der zurückgelegten Bahn stand die Wölfin und wartete auf ihn. Als er näher kam, wurde er plötzlich vorsichtig. Anstatt zu laufen, machte er kurze, zierliche Schritte und blieb dann stehen. Er betrachtete sie aufmerksam und misstrauisch, doch voller Verlangen. Sie schien ihm zuzulächeln, indem sie ihm die Zähne in mehr schmeichelnder als drohender Weise zeigte. Sie machte spielend ein paar Schritte auf ihn zu und blieb dann stehen. Einohr ging näher, immer noch auf der Hut, mit gespitzten Ohren, erhobenem Schwanz und den Kopf hoch in der Luft. Er machte den Versuch, sie zu beschnuppern, aber sie sprang scheu wie spielend rückwärts, und jedesmal, wenn er sich näherte, wich sie zurück und lockte ihn so Schritt für Schritt aus der Sicherheit der menschlichen Gefährten. Einmal, als ob eine unbestimmte Warnung ihm durch den Kopf geschossen wäre, blickte er sich nach dem umgeworfenen Schlitten, den Gefährten und den beiden Männern um, die ihm fortwährend zuriefen. Allein was auch immer in seinem Geiste vorgehen mochte, es wurde durch die Wölfin zerstreut, die auf ihn zukam, ihn einen Augenblick beschnüffelte und dann wieder scheu vor ihm zurückwich, als er sich von neuem ihr näherte.
Mittlerweile hatte sich Bill der Büchse erinnert, die eingeklemmt unter dem umgeworfenen Schlitten lag, doch bis Heinrich ihm geholfen hatte, denselben aufzurichten, standen Einohr und die Wölfin dicht beisammen, und die Entfernung war für einen Schuss zu groß.
Zu spät erst sah Einohr seinen Fehler ein. Bevor die Männer sehen konnten, was vorging, hatte er sich umgedreht und begann auf sie zuzulaufen. Plötzlich sahen sie, wie ein Dutzend hagere, graue Wölfe über den Schnee springend sich im rechten Winkel der Bahn näherten und ihm den Rückzug abschnitten. Augenblicklich verschwand die Scheu und die spielerische Laune der Wölfin. Wild knurrend sprang sie auf Einohr los. Er parierte den Angriff mit der Schulter und versuchte, da ihm der gerade Rückweg zum Schlitten abgeschnitten war, im Bogen dahin zu gelangen. Allein immer mehr Wölfe erschienen und nahmen die Verfolgung auf, während die Wölfin nur wenige Schritte hinter ihm herlief.
»Wo willst du hin?« fragte Heinrich plötzlich und legte die Hand auf den Arm des Gefährten. Bill riss sich los. »Ich kann das nicht länger mit ansehen,« sagte er. »Sie sollen keinen von den Hunden mehr haben, wenn ich's verhindern kann.«
Mit der Flinte in der Hand sprang er in das Gebüsch neben der Bahn. Seine Absicht war klar genug. Er wollte den Bogen, den Einohr beschrieb, noch vor dessen Verfolgern berühren, und er hoffte, mit der Büchse in der Hand und im hellen Licht des Tages würde es ihm möglich sein, den Wölfen Furcht einzujagen und den Hund zu retten.
»Höre, Bill,« rief ihm Heinrich nach, »sei vorsichtig. Wage dich nicht zu weit vor!«
Heinrich setzte sich auf den Schlitten und wartete, für ihn war weiter nichts zu tun. Bill war ihm gänzlich aus dem Gesicht verschwunden, aber er konnte Einohr sehen, wie er hin und wieder im Gebüsch oder hinter den Tannen verschwand und wieder zum Vorschein kam. Heinrich hielt das Schicksal des Hundes für hoffnungslos und dieser schien sich seiner Gefahr vollkommen bewusst zu sein, denn er rannte in dem weiteren Bogen, während das Rudel Wölfe den Inneren und kleineren Kreis beschrieb. Es war eine vergebliche Hoffnung, dass Einohr über die Verfolger einen so großen Vorsprung gewinnen würde, dass er an ihnen vorbei und quer zum Schlitten gelangen konnte.
Rasch näherten sich die verschiedenen Linien dem verhängnisvollen Punkte. Draußen im Schnee, von Bäumen und Gebüsch verdeckt, das wusste Heinrich, waren die Wölfe mit Einohr und Bill zusammengekommen. Nur zu schnell, viel schneller als er es erwartet hatte, war es geschehen. Er hörte einen Schuss, dann noch zwei in rascher Aufeinanderfolge und wusste, dass Bills Munition verbraucht wäre.
Dann erhob sich ein fürchterlicher Lärm, ein wütendes Knurren und Kläffen. Er erkannte Einohrs gellenden Todesschrei, er hörte das Wehgeschrei eines sterbenden Wolfs, dann war alles aus. Das wütende Geknurr hörte auf, das wilde Gekläff erstarb und tiefes Schweigen senkte sich über das einsame Land.
Der Mann blieb noch eine Zeitlang auf dem Schlitten sitzen. Er brauchte nicht hinzugehen, um zu sehen, was sich zugetragen hatte; er wusste es als wäre es vor seinen Augen geschehen. Einmal fuhr er auf und griff hastig nach der Axt, die auf dem Schlitten festgebunden war. Aber er setzte sich wieder und brütete weiter, während die beiden noch übrigen Hunde sich zitternd an ihn schmiegten.
Endlich erhob er sich müde, wie wenn alle Widerstandskraft aus seinem Körper gewichen wäre, und schickte sich an, die Hunde vor den Schlitten zu spannen. Er schlang einen Strick um die Schulter und zog mit den Hunden gemeinsam. Er wanderte nicht weit. Sobald die Dunkelheit hereinbrach, schlug er schnell das Lager auf und trug für einen reichlichen Holzvorrat Sorge. Er fütterte die Hunde, kochte das Abendessen und machte das Bett dicht neben dem Feuer zurecht.
Allein er sollte keine Ruhe finden. Bevor er die Augen schloss, waren die Wölfe für seine Sicherheit viel zu nahe gekommen. Man brauchte sich nicht mehr anzustrengen, um sie zu sehen. Sie waren alle in engem Kreise dicht um das Feuer, er konnte sie deutlich sehen. Einige lagen, andere saßen, noch andere krochen auf dem Bauche heran oder schlichen vor- und rückwärts, und einige schliefen sogar. Hier und da sah er einen, der wie ein Hund zusammengerollt im Schnee dalag und sich des Schlafes erfreute, der ihm versagt war.
Er unterhielt ein helles Feuer, denn er wusste, dass das das einzige Mittel sei, ihre gierigen Zähne von seinem Leibe fernzuhalten. Die beiden Hunde hielten sich dicht in seiner Nähe und schmiegten sich, wie um Schutz flehend, an ihn und knurrten wütend oder winselten erschrocken, wenn ein Wolf sich zu nahe heranwagte. In solchen Augenblicken pflegte der ganze Kreis lebendig zu werden. Die Wölfe sprangen