Reisen Band 1. Gerstäcker Friedrich

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Reisen Band 1 - Gerstäcker Friedrich

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und schneebedeckte Schlucht, über der der Nebel in schweren Masten lag. Und drüber? - Herr der Welten, was stiegen da für gigantische Gipfel empor - in der Sonne funkelnd mit ihren eis- und schneegekrönten Häuptern - hoch über die Wolken hinausragend, in andere hinein, und als auch über diese der Blick hinausschweifte, da - da war es, daß ich in staunender Bewunderung das Ungeheure dieser Berge nicht gleich zu fassen vermochte. Noch über den zweiten Wolkensaum ragten die gigantischen Kuppen hinaus, und es war fast, als ob der Himmel auf ihren Zackenkronen ruhe. Worte hatte ich nicht, und keine Seele war bei mir, der ich das, was ich fühlte, hätte mittheilen können; aber eine Thräne trat mir in's Auge - das Herz war zu übervoll, es mußte einen Ausfluß haben.

      Meine Begleiter waren indeß weit vorausgeritten, und ich mußte endlich daran denken sie wieder einzuholen. Dem Pferd /112/ also die Sporen gebend, sprengte ich die leise Anhöhe nieder, die sich, jedoch noch immer hier und da durch kleine flache Hügel unterbrochen, gegen Mendoza zu ausdehnte. Die Augen konnte ich aber kaum abwenden von dem eisigen Gebirgsgürtel, der dies ganze Land mit seinen Riesenarmen umspannt hielt, bis ich mich endlich genöthigt sah, mehr auf den Pfad zu achten. Die Straße wurde hier, die Nähe einer größeren Stadt verkündend, weit belebter, und zahlreiche Maulthierzüge sowie einzelne Reiter begegneten uns, die theils Producte in die Stadt gebracht, theils in größeren Quantitäten Wein, Mehl, getrocknete Früchte, Orangen, spirituöse Getränke u. s. w. dem innern Land zuführten.

      Das Land war hier auch stark besiedelt; überall standen kleine freundliche Häuser, hier einzeln, dort zu kleinen Villen zusammengebaut, und man begriff, sah man die weite Fläche, - die hier in Cultur lag, wie Mendoza die Korn- und Fruchtkammer fast der ganzen Argentinischen Republik genannt werden konnte.

      Da, wo eine schilfige Fläche, eine Art Sumpf die Bebauung bis jetzt gehindert, hörten die Plantagen für eine Strecke auf, und ich gewann wieder Zeit, den Blick jenen herrlichen Bergen zuzuwenden. Aber auch mit einer Art Schauder erfüllten sie mich, daß ich kleines, schwaches Menschenkind es wagen wollte dort hinüberzuwandern, wo der eisige Winter all' seine Schrecken zusammengeballt hielt und oft in so furchtbaren Stürmen und Wettern entfesselte, daß er Alles vernichtete, was ihm Trotz zu bieten wagte. Ein eigener Reiz lag aber auch wieder in diesem Gefühl selbstbewußter Kraft, mit dem der schwache Mensch selbst Schweres überwinden kann, und ich hatte bis jetzt nur Gefühl für das Große, Herrliche jener Gebirge - ihre Schrecken lagen mir noch zu fern, um dem Anblick auch nur einen Theil seines Genusses zu rauben.

      Und hier nun diese weiten fruchtbaren Flächen in dem warmen, sonnigen Thal (denn das Wetter war, obgleich wir uns mitten im Winter befanden, so mild wie bei uns im Mai) und ringsumher ein Anblick, der das Herz des Menschen nur mit Bewunderung und frommer Scheu erfüllen konnte; wie /113/ gut mußten da die Menschen sein, die hier lebten, wie mußte das Schöne und Herrliche, das sie täglich vor Augen hatten, ihr Herz läutern und es dem Besseren zuwenden.

      „Compaňero," sagte da plötzlich mein alter Begleiter, der jetzt dicht neben mir ritt, und deutete mit dem rechten Arm in die Höhe - „seht einmal dort!"

      Ich blickte empor, und wieder griff ich fast unwillkürlich dem Pferd in die Zügel, aber diesmal nicht aus staunender Bewunderung, sondern aus einem Gefühl des Schreckens und Grausens. Dicht neben der Straße war ein langer starker Pfahl, etwas schräg nach vorn neigend, in die Erde geschlagen, und von der Spitze desselben herab grinste das von langem schwarzen Haar wild umflatterte, bärtige, leichenblasse Angesicht eines Menschenhauptes.

      „Ein Raubmörder, der eine ganze Familie umgebracht hat," erzählte mein Alter; „gerade hier an der Stelle war es, wo er und seine Kameraden, von dem Sumpf begünstigt, ihre meisten Verbrechen an Reisenden ausübten. Der Gouverneur ließ seinen Kopf hier aufstecken, und seitdem hat man nicht mehr viel von Anfällen in der Gegend gehört. Arme, Hände und Beine desselben sind an anderen Orten ebenfalls ausgehangen."

      So lautete der kurze Bericht, und da oben starrte indeß das gräßliche Haupt des Verbrechers still und unverwandt nach den herrlichen, von flüssigem Gold umflutheten Bergen - den Zeugen göttlicher Allmacht hinüber - ein furchtbarer Punkt in diesem sonst so freundlichen Thal.

      Mir war dadurch der Genuß um Vieles verbittert worden. - Der Mord tritt uns zu oft entgegen in der ganzen Republik, und jene Massen von Kreuzen, die stillen Ankläger vergossenen Blutes, die ich täglich auf meiner Bahn gefunden, kamen mir jetzt vor wie die blutigen Spuren einer Schreckensthat, der ich den ganzen Weg gefolgt sei, und deren Ziel ich jetzt erreicht habe.

      Doch fort, fort mit den finsteren Gedanken, wo die Natur in solcher Schönheit uns anlacht. Die munteren Pferde trugen uns rasch und fröhlich dem nicht mehr fernen Ziel, der kleinen freundlichen Berg- und Grenzstadt Mendoza, entgegen, und /114/ als wieder überall geschäftige Villen, mit Weingärten erfüllte Flächen und fruchtbare, von thätigem Fleiß zeugende Felder uns umschlossen, als reges Menschengewühl uns umgab, war auch der Eindruck verwischt, der einen Augenblick den vollen Genuß all' des Neuen, Herrlichen, was ich erblickte, getrübt hatte.

      Nachmittags um zwei Uhr etwa ritten wir in Mendozas freundliche breite Straßen ein. Die Stadt ist ganz nach der altspanischen Art mit den niederen flachen Häusern erbaut, - aber weit reinlicher als Buenos-Ayres, und mir schien fast jedes Haus ein Freund zu sein, denn hinter mir lagen jetzt die am La Plata mit solchen Schrecknissen bevölkerten Pampas, hinter mir der lange Ritt und die wilde Horde der blutdürstigen Indianer. - Ausruhen konnte ich von all' den überstandenen Strapazen, und selbst Landsleute waren mir in dem freundlichen kleinen Gebirgsplätzchen versprochen. - Was d a n n noch vor mir lag - die vom Schnee geschlossenen Cordilleren, die Abgründe dort und die Gefahren der Schneestürme -, lag zu weit, wenigstens drei, vier Tage voraus, um mir darüber jetzt schon den Kopf zu zerbrechen oder Sorgen zu machen. Das war Zeit, wenn sich einmal eine wirkliche Ursache dafür fand, und hatte mir der alte Herr da oben durch die Pampas geholfen, würde er mich ja auch wohl nicht acht Tage später im Schnee stecken lassen. Also den Kopf oben und der Gefahr in's Auge geschaut, und jetzt vor allen Dingen erst einmal im neuen Gefühl wirklicher Sicherheit ausgeruht von dem U e b e r -s t a n d e n e n.

      5.

      Mendoza.

      Am Fuße der Kordilleren, gegen die scharfen West- und Nordweststürme durch die hohen schroffen Bergrücken geschützt, liegt an der westlichen Grenze der Argentinischen Republik /115/ das kleine freundliche Städtchen Mendoza, für das ich schon auf dem Ritt dahin, und lange ehe ich das Vergnügen hatte, es persönlich kennen zu lernen, eine gewisse Achtung hegte. Die meisten Caravanen, denen wir begegneten - und wir trafen deren viele - kamen von Mendoza; wo man Mehl, Käse, Wein, Branntwein oder Früchte sah - welcher andere Ort hatte sie erzeugt als Mendoza?

      Die Stadt selbst? - nun daran ist freilich weiter nichts zu sehen. - Es ist ein kleiner freundlicher Ort von circa 8000 Seelen; die Häuser sehen denen in allen anderen Theilen der Republik sprechend ähnlich, und sind so einfach aus Lehm gebaut, daß man immer ängstlich ist, der nächste starke Regen müßte die ganze Stadt einmal in einen einzigen Lehmhaufen zusammenwaschen, aus dem heraus sich dann die einzelnen Schornsteine höchst erstaunt die Verwüstung beschauen würden. Das geschieht aber nicht: der Lehm ist fest gestampft und nutzt sich dadurch, selbst bei den härtesten Regenschauern, nur sehr wenig und unbedeutend ab.

      Ihre Verbindung mit dem umliegenden oder entfernteren Land besteht aber auch freilich nur zu Lande. Der kleine Fluß Mendoza, der nicht weit davon fließt, ist nur, wenn der Schnee der Cordilleren thaut, hoch genug um befahren zu werden, und dann eben wieder seines schnellen Steigens und seiner reißenden Strömung wegen schwer befahrbar. Wohin also auch Mendoza seine Producte versendet, oder woher es seine anderen Bedürfnisse beziehen will, muß dies stets und allein durch Caravanen geschehen, die entweder in Maulthierzügen oder den schon beschriebenen großen unbehülflichen, aber zweckmäßigen Güterkarren oder Transportwagen bestehen.

      Mendoza ist die wirkliche Fruchtkammer des benachbarten Landes,

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