Magisches Kompendium - Chaosmagie - Erste Schritte der chaosmagischen Theorie und Praxis. Frater LYSIR
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Diese Individualität ist in der Chaosmagie absolut wichtig, denn diese Individualität wird im eigenen Inneren gebildet. Und dies führt zu der Frage, was das Wort „Energie“ eigentlich wortwörtlich bedeutet? Nun, der Begriff „Energie“ kommt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus den beiden Wörtern ἐν (en) und ἔργον (ergon) zusammen, was zum Wort Enérgeia führt, aus welchem sich dann das Wort „Energie“ ergibt bzw. gebildet hat. Wenn man dann in die Übersetzungen geht, findet man, dass die griechische Silbe „ἐν“ (en) wie folgt übersetzt bzw. gedeutet werden kann: (1) in, innerhalb (räumlich), (2) auf (räumlich), (3) an, bei (räumlich), (4) unten (Teil von etwas) oder (5) in, innerhalb, binnen (zeitlich).
Das griechische Wort „ἔργον“ (ergon) bedeutet so viel wie: (1) Werk, Arbeit (etwas schaffen), (2) Tat, Handlung, Wirken (etwas vollbringen), (3) Geschäft, Verrichtung (eine Tat). Zusätzlich kann man über das Wort „ergon“ sagen, dass es eine spezifische oder individuelle Funktion oder Aufgabe besitzt, in Bezug auf eine „Sache“ bzw. „Angelegenheit“, wobei die Funktion/Aufgabe die für diese Sache/Angelegenheit essenziell/bedeutungsvoll ist. Es ist also ein sehr „starkes“ oder „machtvolles“ Wort, das in seiner Grundbedeutung nicht „mal eben“ oder „leichtfertig“ verwendet werden sollte.
Wenn man sich dann auf eine Umschreibung des Wortes „Energie“ einlassen will, kann man die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „ENERGIE“ einfach als ein „inneres Werk“ oder ein „in (sich selbst) Wirken“ erklären. Und wenn man sich jetzt die magischen Ziele der Chaosmagie anschaut, dann ist diese Übersetzung genau das, was man selbst als einen essenziellen Zielpunkt deklarieren sollte. So wie es in der Magie im Allgemeinen darum geht, sich zu evolutionieren, sich zu entwickeln, sich zu erkennen und in die Transformation, in die Transzendenz zu gehen, so bezieht sich dies natürlich auch auf die Chaosmagie, was aber in diesem Zusammenhang bedeutet, dass man für sich feststellen muss, dass es immer ein „inneres Werk“ oder ein „in (sich selbst) Wirken“ sein wird, welches den ersten Dominostein um stoßen wird, um sich selbst zu vergöttlichen.
Diese Vergöttlichung ist absolut wichtig, denn dadurch, dass man sich selbst als schöpfen das Prinzip erkennt, vereinigt man sein Chaos, mit dem eigenen Kosmos. Wenn man will, könnte man hier auch ein weiteres, physikalisches Fachwort anführen, was genau darauf passt, dass sich Chaos und Kosmos vereinen. Es wäre die Fachvokabel Entropie!
Die Entropie, aus dem Griechischen kommend (ἐντροπία), ist hier in der wortwörtlichen Übersetzung „eine Wendung“ (direkt wortwörtlich an / in Wendung), eine Wendung, die sich zum Chaos jedoch bewegt. Physikalisch durchlaufen alle Prozesse, die in irgendeinem System ablaufen einen Umstand, der eine Zunahme von Entropie bewirkt, also eine Zunahme einer Wendung. Dies wird eigentlich als der Schritt von der Ordnung ins Chaos gedeutet, sodass die Schöpfung in diesem Kontext eine Negentropie ausführt. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch einfach nur eine Kurzbezeichnung für eine „negative Entropie“ oder eben eine Antientropie, sodass das Leben in diesem Zusammenhang genau das ist. Wenn also jedes System, im physikalischen Sinne, spontane Prozesse besitzt, sodass hier eine Entropie, eine Unordnung, ein Durcheinander, eine Konfusion, ein Wirrwarr, ein Chaos anfängt, ausgeführt wird, bestrebt wird, umgesetzt wird, bedeutet das, dass hier wieder der Satz „Wie Oben, so Unten“, bzw. „Wie Innen, so Außen“ definitiv greift, denn letztlich geht alles wieder zurück zur Quelle, zur Unität, zurück zum Abgrund, zum Abyss! So ist die Entropie einfach als ein besonderes „Chaos“ zu deuten, oder auch als „ein Maß für Chaos“, was bedeutet, dass man auf der Skala von 0-100% schauen muss, wie viel Kosmos, wie viel Chaos, wie viel Schöpfung, wie viel Zerstörung und wie viel Entropie man benötigt, um seine eigenen magischen Ziele zu erreichen. Für den Chaosmagier bedeutet das, wenn man das eigene Leben zu 100 %, in allen kosmischen Bereichen, in allen Ebenen, in allen Ausläufern erfassen, begreifen und verstehen will, dann müsste hier die Entropie auf „Null“ sinken, denn dann hätte man alle Informationen, die es im Kosmos gibt! Doch man hat auch alle Informationen, wenn die Entropie ist, wie sie ist, da die Informationen immer und überall vorhanden sind. Sie sind nur vom Chaos umgeben, vom Chaos durchsetzt, vom Chaos durchzogen! Und auch hier greift wieder die Chaosmagie hinein, denn die Chaosmagie versucht hier die entsprechenden Informationen herauszuziehen, dingbar zu machen, was wiederum zeigt, dass die Chaosmagie eine echte Herausforderung ist! Wenn Chaos und Kosmos zusammenarbeiten, wird es also immer zu spezifischen, energetischen Bewegungen kommen, wenn man so will zu besonderen energetischen Kontraktionen, genauso wie zu energetischen Expansionen. Tja, und genau hierbei ist man schon wieder in der kabbalistischen Mystik angekommen. Es geht bei dieser Thematik darum, dass man sich die Frage stellt, wie die Schöpfung überhaupt möglich war. Die verschiedenen Kabbalisten haben im Mittelalter hier interessante Ideen entwickelt, die, in Bezug auf die Chaosmagie, wichtig sind, da es hier um einen energetischen Akt geht, der sich in diesem Zusammenhang auf alle magischen Operationen anwenden lässt.
Wenn man sich dann also, im kabbalistischen Sinne, mit der Frage beschäftigt, wie Schöpfung überhaupt möglich war, dann kann man kurz und knapp sagen, dass hier eine Art Kontraktion stattgefunden hat! Eine Kontraktion? Ein Zusammenziehen?
Nun, wenn man sich im mystischen und religiösen Kontext auf die Entstehung des Abyss beziehen will, dann findet man wieder das hebräische (oder auch kabbalistische) Fachwort „Tzimtzum“! Der Begriff „Tzimtzum“ oder auch „Zimzum“ bezieht sich auf eine Idee des Kabbalisten Isaak Lurias, der in der Mitte des 16. Jh. die Eingebung hatte, dass der Kosmos sich durch eine „Kontraktion / Konzentration“ erschaffen hat. Hierbei ging es um ein Zusammenziehen des „göttlichen Lichtes“, eine Art des Rückzugs von der Existenz in die Nicht-Existenz, ein zyklischer Prozess, der auch wieder mit einem Mors Mystica verglichen werden kann, wenn es darum geht, dass „etwas“ seine Grundfesten reflektiert. In diesem Fall wäre es die Schöpfung selbst. Kontraktion! Expansion! Chaos und Kosmos!
Man könnte hier auch einfach sagen, dass man eine gewisse Ruhephase benötigt, dass man in die Kontraktion gehen muss, um dann gewaltig in eine Expansion zu schreiten, sodass man hier definitiv über sich hinaus wächst. Die Chaosmagie agiert mit diesem Schema, was wiederum bedeutet, dass die Rituale so konzipiert sind, dass man auch hier immens viele Überraschungen erleben kann. Im Klartext bedeutet das, dass chaosmagische Rituale ohne weiteres über sich hinauswachsen können, sodass in diesem Zusammenhang auch erst einmal eine Kontraktion stattfindet, dass man sich zum Beispiel bewusst und meditativ zurückzieht, dass man sich energetisch hochfährt, um dann in einer energetischen Expansion seine Ziele nicht nur zu erreichen, sondern möglicherweise auch zu überflügeln. Natürlich kommt