Flieger für Frankreich. James R. McConnell
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Die nächste ernste Begegnung mit dem Feind fand ein paar Tage später statt. Rockwell, Balsley, Prince und Captain Thénault wurden von einer hohen Zahl Deutscher umzingelt, die, während sie sie umkreisten, auf sie aus weiter Distanz feuerten. Da ihnen klar war, dass sie zahlenmäßig unterlegen waren, suchten sich die Amerikaner und ihr Kommandant den sichersten Weg aus dieser Situation, indem sie das Flugzeug angriffen, das sich den französischen Linien am nächsten befand. Rockwell, Prince und der Captain konnten erfolgreich ausbrechen, aber Balsley wurde in die Zange genommen. Er griff den Deutschen an, der ihm am nächsten war, nur um sich ein Explosivgeschoss im Oberschenkel einzufangen. Als er versuchte, mit einem Sturzflug auszubrechen, kam seine Maschine ins Trudeln und legte sich auf den Rücken. Ersatzmagazine lösten sich dabei und die Kiste fiel ihm in die Arme. Er stürzte auf die Gräben zu, aber durch eine hohe Disziplin konnte er die Kontrolle wieder an sich reißen, korrigierte die Fluglage und landete ohne Unheil auf einer Wiese direkt hinter der Frontlinie.
Soldaten trugen ihn zu einem Unterstand bei einer nahegelegenen Festung und später wurde er in ein Feldlazarett getragen, wo er tagelang zwischen Leben und Tod schwebte. Zehn Fragmente eines Explosivgeschosses wurden aus seinem Magen entfernt. Er ertrug dies tapfer und wurde zum beliebtesten Offizier bei allen, mit denen er auf derselben Station lag. Als wir zu ihm herüberflogen, sagten sie zu uns: »Il est un brave petit gars, l’aviateur américain« [Er ist ein mutiger kleiner Kerl, dieser amerikanische Pilot]. Auf einer Ablage neben seinem Bett, in ein Taschentuch eingewickelt, hebt er die Fragmente der Kugel auf, die aus ihm herauskamen, und darunter ein paar Blatt Papier, auf denen er seiner Mutter in El Paso schreiben wollte.
Balsley wurde mit der Médaille militaire und dem Croix de Guerre ausgezeichnet, aber die Ehrungen machten ihm Angst. Er sah, wie sie Offiziere auf der Station mit Orden auszeichneten, bevor diese starben.
CHAPMANS LETZTER FLUG
Dann kam es zu Chapmans letztem Kampf. Bevor er abflog, hatte er zwei Säcke mit Orangen in seiner Maschine verstaut, die er Balsley mitbringen wollte, der gerne welche aussaugt, um seinen grauenhaften Durst zu löschen, wenn ein Flugtag zu Ende ist. Es gab einen Kampf gegen eine Überzahl, weit in den deutschen Linien, und Chapman griff gleichzeitig mehrere feindliche Flieger an, um das Feuer von seinen Kameraden abzulenken. Er ließ einen zur Erde herunterstürzen und hatte die anderen abgewehrt, als zwei weitere zu ihm herabschossen. So ein Kampf ist eine Sache von Sekunden und man kann nicht klar sehen, was passiert. Lufbery und Prince, die von Chapman so galant verteidigt worden waren, hatten es in französische Linien geschafft. Sie erzählten uns vom Kampf und wir warteten auf Chapmans Rückkehr. Er war immer der Letzte, deshalb waren wir nicht sonderlich besorgt. Dann rief ein Pilot aus einer anderen Escadrille an, dass er eine Nieuport hätte abstürzen sehen. Wenig später rief ein Späher von einem Beobachtungsflugzeug an und erzählte uns, wie er Zeuge von Chapmans Absturz geworden war. Die Flügel des Flugzeugs seien geknickt gewesen und es sei wie ein Stein gefallen, sagte er.
Wir sprachen danach mit leiser Stimme und konnten den Schmerz in den Augen der anderen sehen. Wenn es doch nur jemand anderes gewesen wäre, war, was wir alle dachten, denke ich. Victor zu verlieren, war nicht nur ein Verlust für uns, sondern auch für Frankreich und die Welt. Ich muss immer daran denken, wie er dort lag, und an die Orangen, die er für Balsley mitbringen wollte. Als ich das Flugfeld verließ, sah ich Victors Mechaniker an das Ende des Hangars lehnen. Er blickte in den Himmel, wo sein Kunde verschwunden war, und sein Gesicht war traurig.
BEFÖRDERUNGEN UND AUSZEICHNUNGEN
Inzwischen waren Prince und Hall zu Hilfsoffizieren befördert worden und wir Corporals waren zu Sergeants umgewandelt worden. Ich muss offen zugeben, dass ich ein Gefühl von deutlicher Befriedigung fühlte, diesen Dienstgrad in der besten Armee der Welt innezuhalten. Ich war, in meiner eigenen Einschätzung, eine viel wichtigere Person als der Second Lieutenant, der ich in der Miliz zu Hause gewesen war. Das nächste eindrucksvolle Ereignis war die Verleihung der Auszeichnungen. Wir hatten an der Zeremonie für Cowding bei Luxeuil teilgenommen, aber dieses Mal wurden drei von vier Kameraden für die Abschüsse deutscher Flieger ausgezeichnet, die sie heruntergeholt hatten. Rockwell und Hall erhielten die Médaille militaire und das Croix de Guerre und Thaw, da er Lieutenant war, den Légion d’honneur und eine weitere Palme für die Bandschnalle des Croix de Guerre, das er zuvor erhalten hatte. Thaw, der für diese Verleihung extra aus Paris angereist war, trug seinen Arm immer noch in einer Schlinge.
Es gab auch Auszeichnungen für Chapman, aber der arme Victor, der so oft in den Tagesbefehlen erwähnt wurde, war nicht anwesend, um sie in Empfang zu nehmen.
DER EINSATZ AM MORGEN
Unsere tägliche Routine geht unverändert weiter. Immer wenn es das Wetter erlaubt – also wenn es nicht regnet und die Wolken nicht zu tief hängen –, fliegen wir, zu den Stunden, die das Generalkommando vorschreibt. Es gibt die Regel, dass die erfolgreichsten Einsätze diejenigen sind, die am Morgen stattfinden.
Wir werden geweckt, wenn es noch dunkel ist. Verschlafen versuche ich das Französisch, das der Ordonnanzoffizier spricht, »C’est l’heure, monsieur«, und das mich aus dem Schlaf reißt, mit den komplett amerikanischen Wörtern und der Musik von »When That Midnight Choo Choo Leaves for Alabam’« in Einklang zu bringen, das ein bestimmter wacher Pilot im nächsten Raum trällert. Ein paar Minuten später, nachdem ich etwas Kaffee heruntergeschluckt habe, werden wir zum Flugfeld gefahren. Der Osten ergraut, als die Schleier vom Hangar zur Seite gezogen werden und unsere Maschinen von den Mechanikern herausgerollt werden. Alle Piloten, deren Flugzeuge betriebsbereit sind – bis auf die, die zurückbleiben und Wache schieben – bereiten sich auf den Abflug vor. Wir sind zumeist zu viert oder sechst auf einem Einsatz, außer wenn an diesem Tag zu viele Flüge angeordnet wurden, dann fliegen nur noch zwei oder drei zur selben Zeit ab.
Nun ist der Osten rosa und über uns ist der Himmel vom Grau zu einem blassen Blau gewechselt. Es ist hell genug, um zu fliegen. Wir ziehen unsere pelzgefütterten Schuhe und Anzüge an und passen die Fliegermützen aus Leder und die Brillen an. Es finden viele Unterhaltungen statt – vielleicht, weil niemand da ist, mit dem man reden kann, wenn man abgehoben hat.
»He du«, ruft ein Pilot dem anderen zum Spaß zu, »ich hoffe, dass dir ein Boche deinen Morgen versaut, so dass ich dir die fünfzig Francs nicht zurückzahlen muss, die du letzte Nacht gewonnen hast!«
Diese Finanzauskunft betrifft ein Pokerspiel.
»Das tust du, oder?«, antwortet der andere, während er sich in seine Maschine schwingt. »Na, ich verzichte gerne auf die Fünfzig, wenn ich sehen kann, wie dich der Boche zum Landen zwingt. Du gibst einen tollen Anblick ab, wenn du in ’ner deutschen Stadt die Straße entlanggehst, in diesen Holzschuhen und Schlafanzughosen. Warum ziehst du dich nicht selbst an? Weißt du nicht, dass Flieger schick auszusehen haben?«
IN GANG KOMMEN
Die Spötteleien werden durch das ohrenbetäubende Brüllen von Motoren, die getestet werden, zum Schweigen gebracht. Kurz kehrt Stille ein, nur um durch eine Serie von Explosionen unterbrochen zu werden, die beim Testen der Maschinenkanonen entstehen. Ich erkundige mich laut, in welcher Höhe man sich über dem Feld treffen wird.
»Fünfzehnhundert Meter – leg los!«, ist der antwortende Ruf.
»Essence et gaz!« [Öl und Benzin!], rufe ich dem Techniker zu, der mir gerade die Benzin- und Luftdrosselklappen