Die Schuld des Anderen. Edgar Wallace
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Читать онлайн книгу Die Schuld des Anderen - Edgar Wallace страница 4
»Es gibt noch seltsamere Dinge.«
»Neulich habe ich mit Villier Lecomte gesprochen«, sagte Helder, der nicht lockerließ.
Gold wurde aufmerksam. Es war klar, daß sich Helder nicht nur mit ihm unterhalten wollte, sondern daß er etwas ganz Bestimmtes, das Comstock Bell betraf, an die richtige Adresse bringen wollte.
»Mit wem haben Sie gesprochen?«
»Mit Villier Lecomte – Sie kennen ihn doch?«
Gold kannte Lecomte sehr gut und wußte, daß er ein hoher französischer Kriminalbeamter war. Ohne zu übertreiben, konnte man sagen, daß er mit ihm so gut bekannt war wie mit seinem eigenen Bruder – aber es gab viele Gründe, aus denen er es nicht gern sah, daß das jemand wußte.
»Nein«, antwortete er deshalb, »nur den Namen muß ich schon irgendwo gehört haben.«
»Er ist ein hohes Tier bei der Pariser Kriminalpolizei. Neulich war er hier, und ich sprach mit ihm.«
»Sehr interessant«, entgegnete Gold. »Und was hat er Ihnen denn erzählt?«
»Ob, er wußte einiges über Comstock Bell«, erwiderte Helder und beobachtete Gold dabei scharf.
»Und wie kommt es, daß Mr. Bell die Aufmerksamkeit der französischen Polizei auf sich gelenkt hat? Er hat doch niemand ermordet?«
»Aber wissen Sie denn wirklich nicht, daß Comstock Bell früher einmal Mitglied des ›Klub der Verbrecher‹ war?«
›Klub der Verbrecher‹? Noch nie etwas davon gehört«, sagte Gold lachend.
Helder zögerte. Es standen außer ihnen noch andere Leute in der Nähe der Brüstung und schauten auf die Leute hinunter. Eine junge Dame zum Beispiel, die sich neben ihnen über das Geländer lehnte, konnte ohne weiteres jedes Wort ihres Gesprächs verstehen.
»Gut, ich will es Ihnen sagen; selbst auf die Gefahr hin, daß es nichts Neues für Sie ist. Meiner Meinung nach kann man Ihnen überhaupt nichts Neues erzählen! Also – vor einigen Jahren, als Bell in Paris studierte, gründete er mit einer Anzahl anderer Studenten den ›Klub der Verbrecher‹. Es war so eine Idee, wie sie querköpfige junge Leute manchmal haben, jedes Klubmitglied legte ein Gelübde ab, irgendwie das Gesetz zu übertreten, und zwar mußte es ein Verbrechen sein, das bei Entdeckung mindestens eine Gefängnisstrafe eintrug.«
»Sehr lustig! Wie viele der Mitglieder sind denn schon aufgehängt worden?«
»Niemand, soviel ich weiß. Der Klub wurde rechtzeitig aufgelöst, ohne daß man jemand festgenommen hätte. Die Mitglieder hatten übrigens Decknamen angenommen, die in den Geheimakten des Klubs vermerkt waren. Ein einziges schweres Verbrechen hätte man dem Klub eventuell zur Last legen können, gerade dieses Verbrechen wurde aber niemals ganz aufgeklärt, da man den mutmaßlichen Verbrecher nicht überführen konnte.«
»Es handelte sich doch nicht etwa um Falschmünzerei?« erkundigte sich Gold harmlos.
Helder lächelte.
»Sie wissen also doch von der Sache?«
»Wenn Sie die Geschichte von dem Studenten meinen, der eine Fünfzigpfundnote fälschte und sie in Zahlung gab – ja«, erwiderte Gold. »Ich erinnere mich jetzt ganz genau. Aber was hat denn das alles mit Comstock Bell zu tun?«
»Es ist mir zufällig bekannt, daß er Mitglied des ›Klubs der Verbrecher‹ war«, sagte Helder leichthin. »Ich weiß auch, daß die französische Polizei im Zusammenhang mit der Falschgeldgeschichte zwei Personen verdächtigte.«
Gold wandte sich ihm zu und sah ihm gerade ins Gesicht.
»Wenn Sie so viel wissen, können Sie mir vielleicht auch sagen, wer die beiden Leute sind?« fragte er in ungewöhnlich scharfem Ton.
Helder schaute sich nervös um.
»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen – einer der beiden ist Comstock Bell.«
»Und der andere?«
»Den kenne ich nicht. Er soll aber auch in London leben – ein Börsenmakler oder so etwas Ähnliches.«
»Ihre Mitteilungen sind wirklich interessant«, meinte Gold spöttisch und ging lächelnd die Treppe hinunter.
Comstock Bell war inzwischen in den Empfangssalon getreten. Er schien wirklich nicht in der besten Laune zu sein, als er auf die Frau des Klubpräsidenten zuging. Vom Billardzimmer drangen die Klänge einer Musikkapelle herüber. Jemand sprach ihn an. Er wandte sich halb um und erkannte Lord Hallindale.
»Bell, ich habe gerade nach Ihnen gesucht«, sagte der Lord. »Ich mache nächsten Monat eine Reise zum Mittelmeer und möchte Sie fragen, ob Sie keine Lust haben mitzukommen?«
Comstock Bell lächelte.
»Es tut mir leid, aber ich habe andere Pläne.«
»Werden Sie London verlassen?«
»Ja, ich habe die Absicht, nach den Vereinigten Staaten zu gehen. Meine Mutter fühlt sich nicht recht wohl, und ich möchte sie wieder einmal besuchen.«
Er ging weiter. Diese Ausrede hatte er schnell erfunden. Er beabsichtige keineswegs, England zu verlassen, bevor nicht eine gewisse Angelegenheit endgültig geregelt war.
Langsam schlenderte er zum Speisesaal, wo der Vortrag eines bekannten Pianisten eine Menge Zuhörer angelockt hatte.
Bell stand in der hintersten Reihe, aber da er sehr groß war, konnte er ohne Schwierigkeit über die Köpfe der anderen hinwegsehen. »Sie haben es gut«, flüsterte jemand neben ihm.
Als er sich umschaute, bemerkte er Mrs. Granger Collaks bewundernden Blick. Auch er war von der Schönheit dieser lebenslustigen Frau beeindruckt.
»Soll ich Sie ein wenig hochheben?« fragte er lächelnd.
Er hatte bis jetzt noch nie versucht, näher mit ihr bekannt zu werden, obwohl er wußte, daß sie ihn gerne sah.
»Sie können mich in eine ruhige Ecke führen«, sagte sie. »Dieser Trubel hier ist mir unangenehm.«
Er brachte sie zu einer Nische in der äußersten Wandelhalle und nahm neben ihr Platz.
Sie seufzte erleichtert auf.
»Comstock«, begann sie, »ich möchte, daß Sie mir helfen.«
Ihre Blicke