Überleben im Überfluss. Rob Kenius

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Überleben im Überfluss - Rob Kenius

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Das ist eine Veränderung unserer Kultur und die ist innerhalb weniger Jahrzehnte vonstatten gegangen. Wie weit wir uns dabei von natürlichen Verhaltensweisen entfernt haben, ist durch einen Vergleich mit wild lebenden Tieren in unserer Nähe leicht zu erkennen.

      Die Ernährung der Spatzen auf dem Dach oder der Amsel im Garten und der Eichhörnchen in den Bäumen hat sich in der kurzen Zeit von hundert Jahren nicht sichtbar verändert. Sie picken Körner und suchen wie eh und je nach Nüssen, die sie selber versteckt haben, und sie scheinen dabei nichts zu vermissen außer den Nüssen, deren Verstecke sie nicht wiederfinden.

      Der Mensch aber, der ebenfalls isst und trinkt, weil sein Körper sich von dem der Tiere kaum unterscheidet, der Mensch ist in den Fokus der Nahrungsmittel-Industrie geraten und die will in erster Linie Geld mit uns als Konsumenten verdienen.

      Für das Geldverdienen aber gilt schon lange eine sehr einfache Grundregel, die wohl jeder ohne viel Nachdenken bestätigen wird, auch wenn er sie nicht bedingungslos akzeptiert:

       Je mehr, desto besser.

      Diese Regel gilt nicht für uns, die Käufer und erst recht nicht für das Essen. Je mehr, desto besser ist beim Einkauf falsch, denn das führt zum sinnlosen Geldausgeben. Es ist erst recht falsch beim Essen, denn das macht krank und dick, untätig und schlaff.

      Für das Überleben im Überfluss müssen wir also Widerstand leisten gegen den Konsumdruck. Dazu ist es gut, wenn wir die Methoden durchschauen, mit denen wir manipuliert werden.

      1.04 Süße Kinder

      Viele Tricks in der Nahrungsmittelindustrie richten sich an Kinder; denn die sind unkritisch und leicht zu verführen. Süßigkeiten spielen eine große Rolle im Überangebot, sind aber gefährlich für die körperliche Entwicklung. Für die Kleinsten sind die süßen Sachen bunt gefärbt und leicht zu lutschen in Sichtverpackungen, die zum Mitnehmen reizen. Einige Supermarktketten platzieren die Quälware direkt an der Kasse, wo die Kinder unruhig werden, während die Eltern auf der Stelle treten und sich kaum noch gegen die Quälgeister wehren können.

      Was macht ausgerechnet Süßigkeiten so beliebt bei den Kleinen? Wir wissen doch, dass sie ungesund sind.

      Die Vorliebe für Süßes ist ein Relikt aus alten Zeiten. Die positive Bewertung entspricht der Situation vor fünfhundert Jahren, als es noch keine industrielle Herstellung von Zucker gab und auch keine Zuckerrübenfelder und Zuckerrohr-Plantagen. Damals war die Süße etwas Kostbares wegen des hohen Energie-Gehalts.

      Es gab auch in Europa vor fünfhundert Jahren viel mehr Kinder pro Familie und die wurden nicht alle gut ernährt. Der Instinkt der Kinder, gerne Süßes zu Essen, war überlebenswichtig; die Kindersterblichkeit war hoch. Teils wegen schlechter Ernährung wurden viele Kinder nicht erwachsen.

      Aber inzwischen ist es genau umgekehrt.

      In der Konsum-Zone europäischer Kinder gibt es Nahrungs- und Genussmittel in Überfluss, darunter alles, was Kalorien liefert: Zucker, Mehl, Fett, Kuchen, Butter, Wurst... Aber die meisten Kinder haben auch heute noch den Instinkt, Süßes zu mögen. Es ist also ein Anachronismus und wir wissen, dass dieser Instinkt irgendwann gebremst werden muss, am besten gleich am Anfang, damit sie nicht Gewichtsprobleme bekommen, wenn die schnelle Wachstums-Phase vorbei ist.

      So ist die objektive Interessenlage von Kindern und Eltern. Dem stehen die Interessen der Süßwaren-Industrie gegenüber:

      Zucker ist ein billiges Industrie-Produkt. Mit süßen Sachen lässt sich gut Geld verdienen, also werden Süßigkeiten auf den Markt gedrückt. Und der Teufel hat es so gewollt, dass durch Zucker leicht eine Art Suchteffekt entsteht. Wer viel Süßes isst, will mehr Süßes essen.

      Glücklich sind Kinder, deren Mutter sie in der frühen Kindheit nicht mit Süßigkeiten erst beruhigt und dann verwöhnt hat; die sind besser gewappnet für das Überleben im Überfluss.

      1.05 Der Einkaufswagen

      Kaum sind die Kinder etwas größer und glauben, bald erwachsen zu sein, gehen sie einkaufen. Mit Erschrecken kann man feststellen, dass viele junge Konsumenten nicht Lebensmittel einkaufen, sondern schicke Verpackungen. Schachteln und Tüten, zu denen wir nie greifen würden. Kartoffeln? Zwiebeln? Grünes Gemüse? Kopfsalat? Blattspinat? Fehlanzeige.

      Und die Nahrungsmittel-Industrie, behauptet, dass genau das, was auf der Verpackung abgebildet ist, auch so auf dem Teller landet, wenn man den Inhalt fünf Minuten in die Mikrowelle legt oder in Milch einrührt oder, wenn man den Genuss noch steigern will, vier Minuten in den Backofen schiebt, um ihn mit Käse zu überbacken.

      Aber, mal langsam! Warum sollte es nicht so sein?

      Weil die Nahrungsmittel-Industrie nach ganz anderen Kriterien vor sich geht, als sich um die Gesundheit der Konsumenten zu kümmern. Man verwendet

       Farbstoffe,Konservierungsmittel undGeschmacksverstärker.

      Schonende Behandlung, Nachhaltigkeit, sorgfältige Auswahl der Substanzen, das sind verbale Versprechen, die außen auf die Verpackungen gedruckt werden. Aber Werbesprüche und Trendvokabeln machen keinen satt und zufrieden und keinen Konsumenten gesunder; sie schützen auch nicht vor Übergewicht.

      Was sollten wir also tun, um gesund zu leben und nicht zu viel aus dem Überflussangebot zu essen?

      1.06 Ein Blick aufs Label

      Das gesunde Essen beginnt beim Einkauf und da ist besonders wichtig, was wir nicht kaufen und was wir nicht essen wollen. Bei jedem neuen Produkt, das wir zum ersten mal kaufen, sollten wir das Kleingedruckte lesen, auch wenn diese Informationen sehr winzig und schwer zu finden sind . Nach Möglichkeit nichts essen, was Farbe, Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker enthält.

      In vielen Fällen genügt schon ein flüchtiger Blick. Wenn es mehr als drei Stoffe sind, ist Vorsicht geboten, bei mehr als fünf Substanzen sollte man die Packung auf jeden Fall zurück ins Regal legen. Unter den fünf Substanzen sind mindestens zwei Geschmacksverstärker und ein Konservierungsstoff. Wenn wir diese Produkte ausschließen, bleibt von dem riesigen Angebot ein Anteil übrig, der weniger als die Hälfte ausmacht. Konservierungsstoffe sind als Konservierungsstoffe gekennzeichnet; bei Geschmacksverstärkern ist es etwas schwieriger.

      Der bekannteste Geschmacksverstärker ist Glutamat, eine Substanz, die auch in der Muttermilch vorkommt, seine starke Wirkung ist also psychologisch zu erklären. Schwierig ist es mit den Abkürzungen nach EU-Norm. Die meisten Geschmacksverstärker sind auf den Verpackungen mit Kürzeln der Art E6** gekennzeichnet. Es gibt auch einige, die mit E3** beginnen. Wo etwas in der Art drauf steht, ist mehr künstlicher Geschmack drin, als gut tut.

      Warum sollen wir keine Farbe essen, keine Konservierungsmittel und keine Geschmacksverstärker?

       Gute Frage, ausführliche Antwort:

      Farbe ist keine Nahrung. In Lebensmitteln dient sie nur der Täuschung, damit das Produkt besser, frischer oder appetitlicher aussieht. Durch Farbstoffe sollen die Konsumenten verführt werden; für gute Ernährung sind gefärbte Speisen überflüssig und deuten auf zweifelhafte Absichten des Herstellers.

      Konservierungsmittel sind dazu da, Mikroorganismen, die sich heimlich an die Lebensmittel heran machen, abzutöten. Bakterien, genauer gesagt Bakterien, Archaeen und Eukaryoten, leben zu Milliarden in unserem

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