Frühlings Erwachen - kurze Fassung. Франк Ведекинд
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thea: Wenn ich Kinder habe, kleid ich sie ganz in Rosa, rosa Hüte, rosa Kleidchen, rosa Schuhe. Nur die Strümpfe – die Strümpfe schwarz wie die Nacht! Wenn ich dann spazieren gehe, lass ich sie vor mir hermarschieren. – Und du, Wendla?
wendla: Wisst ihr denn, ob ihr welche bekommt?
thea: Warum sollten wir keine bekommen?
martha: Tante Euphemia hat allerdings auch keine.
thea: Gänschen! – weil sie nicht verheiratet ist.
wendla: Tante Bauer war dreimal verheiratet und hat nicht ein einziges.
martha: – Wenn du welche bekommst, Wendla, was möchtest du lieber, Knaben oder Mädchen?
wendla: Jungens! Jungens!
thea: Ich auch Jungens!
martha: Ich auch. Lieber zwanzig Jungens als drei Mädchen.
thea: Mädchen sind langweilig!
martha: Wenn ich nicht schon ein Mädchen geworden wäre, ich würde es heute gewiss nicht mehr.
wendla: Das ist, glaube ich, Geschmackssache, Martha! Ich freue mich jeden Tag, dass ich ein Mädchen bin. Glaub mir, ich wollte mit keinem Königssohn tauschen. – Darum möchte ich aber doch nur Buben!
thea: Das ist doch Unsinn, lauter Unsinn, Wendla!
wendla: Aber ich bitte dich, Kind, es muss doch tausendmal erhebender sein, von einem Manne geliebt zu werden als von einem Mädchen!
martha: Bist du nicht stolz auf dich, Wendla?
wendla: Das wäre doch einfältig.
martha: Wie wollt ich stolz sein an deiner Stelle.
thea: Sieh doch nur, wie sie die Füße setzt – wie sie geradeaus schaut – wie sie sich hält, Martha! – Wenn das nicht Stolz ist!
wendla: Wozu nur?! Ich bin so glücklich, Mädchen zu sein; wenn ich kein Mädchen wär, brächt ich mich um, um das nächste Mal …
Melchior geht vorüber und grüßt.
thea: Er hat einen wundervollen Kopf.
martha: So denke ich mir den jungen Alexander, als er zu Aristoteles in die Schule ging.
wendla: Er soll der Drittbeste in seiner Klasse sein.
thea: Professor Knochenbruch sagt, wenn er wollte, könnte er Primus sein.
martha: Er hat eine schöne Stirn, aber sein Freund hat einen seelenvolleren Blick.
thea: Moritz Stiefel? – Ist das eine Schlafmütze!
martha: Ich habe mich immer ganz gut mit ihm unterhalten.
thea: Er blamiert einen, wo man ihn trifft. Auf dem Kinderball bei Rilows bot er mir Pralinés an. Denke dir, Wendla, die waren weich und warm. Ist das nicht …? – Er sagte, er habe sie zu lang in der Hosentasche gehabt.
wendla: Denke dir, Melchi Gabor sagte mir damals, er glaube an nichts – nicht an Gott, nicht an ein Jenseits – an gar nichts mehr in dieser Welt.
Erster Akt, Vierte Szene
Parkanlagen vor dem Gymnasium. – Melchior, Otto, Georg, Robert, Hänschen Rilow, Lämmermeier.
melchior: Kann mir einer von euch sagen, wo Moritz Stiefel steckt?
georg: Dem kann’s schlecht gehn! – O dem kann’s schlecht gehn!
otto: Der treibt’s so lange, bis er noch mal ganz gehörig ’reinfliegt!
lämmermeier: Weiß der Kuckuck, ich möchte in diesem Moment nicht in seiner Haut stecken!
robert: Eine Frechheit! – Eine Unverschämtheit!
melchior: Wa – wa – was wisst ihr denn?
robert: Kurz und gut, Moritz Stiefel ist ins Konferenzzimmer gedrungen.
melchior: Ins Konferenzzimmer …?
otto: Ins Konferenzzimmer! – Gleich nach Schluss der Lateinstunde.
georg: Er war der Letzte; er blieb absichtlich zurück.
lämmermeier: Als ich um die Korridorecke bog, sah ich ihn die Tür öffnen.
melchior: Hol dich der …!
lämmermeier: Wenn nur ihn nicht der Teufel holt!
georg: Vermutlich hatte das Rektorat den Schlüssel nicht abgezogen.
robert: Oder Moritz Stiefel führt einen Dietrich.
otto: Ihm wäre das zuzutrauen.
lämmermeier: Wenn’s gut geht, bekommt er einen Sonntagnachmittag.
robert: Nebst einer Bemerkung ins Zeugnis!
otto: Wenn er bei dieser Zensur nicht ohnehin an die Luft fliegt.
hänschen rilow: Da ist er!
melchior: Blass wie ein Handtuch.
Moritz kommt in äußerster Aufregung.
lämmermeier: Moritz, Moritz, was du getan hast!
moritz: – – – Nichts – – nichts – –
robert: Du fieberst!
moritz: – Vor Glück – vor Seligkeit – vor Herzensjubel –
otto: Du bist erwischt worden?!
moritz: Ich bin promoviert! – Melchior, ich bin promoviert! – O jetzt kann die Welt untergehn! – Ich bin promoviert! – Wer