Ströme meines Ozeans. Ole R. Börgdahl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ströme meines Ozeans - Ole R. Börgdahl страница 19

Автор:
Серия:
Издательство:
Ströme meines Ozeans - Ole R. Börgdahl

Скачать книгу

die jeglichen Raum für Passagiere nimmt und nur anwendbar ist, wenn ein solches Gefährt beinahe die Abmaße einer Lokomotive besitzt. Ich fand den disqualifizierten Sieger des Rennens dennoch schön und habe mich gefreut, dass er wenigsten ehrenhalber den zweiten Platz zuerkannt bekommen hat. Der Sieg wurde schließlich an zwei Wettbewerber gegeben, die zeitgleich ins Ziel kamen. Beide Siegergefährte wurden von Gasolinmotoren angetrieben und waren in der Tat eleganter als der Dampfwagen. Das gestrige Rennen wurde schon vor Wochen vom Petit Journal initiiert und trug den Titel: »Zuverlässigkeitsfahrt für Wagen ohne Pferde«. So sehe ich meine große Idee also scheitern. Die Strecke von Paris nach Rouen, auf der sich die Automobile beweisen mussten, beträgt hundertsechsundzwanzig Kilometer. Als Preisgeld wurden immerhin fünftausend Francs ausgeschrieben. Ich weiß allerdings nicht, ob sich die Sieger den Betrag jetzt teilen müssen, oder aber jedes Team die fünftausend Francs erhält. Alles in allem war unser Ausflug nach Rouen ein kleiner Höhepunkt des Sommers, auch weil wir miterleben konnten, wie sich die modernen Menschen künftig fortbewegen werden. Ich persönlich ziehe allerdings die vertrauten Gerüche der Pferde dem Gestank der Gasolinmotoren vor. Außerdem kann ich mich beim Pferd für die geleistete Arbeit bedanken, wie dagegen soll ich eine Maschine streicheln.

      Paris, 27. Juli 1894

      Ich glaube Jeanette hat mich angesteckt. Diesmal habe ich nicht gemutmaßt. Ich habe unseren Urlaub noch abgewartet und jeden Tag gezählt. Als ich jetzt zwanzig Tage darüber war, bin ich am Donnerstag schließlich zu einem Arzt gegangen. Ich wurde untersucht und jetzt besteht kein Zweifel mehr. Jeanette ist mir zwei Monate voraus, sie wird ihr Kind noch in diesem Jahr bekommen, bei mir wird es erst im nächsten Jahr soweit sein, es wird Februar oder März werden. Victor weiß es noch nicht, ich werde es ihm aber heute Abend sagen, es soll meine große Überraschung sein.

      Paris, 29. Juli 1894

      Wir haben am Wochenende lange gesprochen. Victor hat sich krankgemeldet, aber er ist alles andere als krank, er ist so munter, wie lange nicht mehr. Victor ist so glücklich, dass wir ein Kind erwarten und es lenkt ihn von allem ab. Dennoch belasten ihn die Vorkommnisse in der Kaserne. Warum verdirbt uns diese Sache nur alles. Morgen wird Victor auch noch nicht zum Dienst gehen, er trifft sich mit Colonel Dubois.

      Paris, 31. Juli 1894

      Warum sind Mutter und Vater noch nicht hier in Paris, ich könnte sie jetzt so gebrauchen. Victors Gespräch mit Colonel Dubois. Ich bin ganz aufgeregt, eine Versetzung nach Nantes, wie langweilig. Der Colonel hat uns ein ganz neues Ziel empfohlen, Ozeanien, Polynesien, wir könnten nach Tahiti gehen. Tahiti ist seit Kurzem französisches Protektorat, wird aber schon seit Jahrzehnten von Frankreich zivilisiert. Das Militär ist natürlich auch vertreten, vor allem die Marine, aber auch Truppen. Ich bin ganz euphorisch. Es gibt nur eine Schwierigkeit, Victor muss eine Freigabe bekommen. Es wird nicht reichen, dass er selbst den Wunsch hat, nach Tahiti versetzt zu werden. Dieser Leverne könnte es ihm verderben, wenn er es darauf anlegt. Wenn wir uns wirklich für Tahiti entscheiden, dann braucht Victor Colonel Dubois Hilfe und der Colonel will uns helfen.

      Paris, 2. August 1894

      Wir haben Colonel Dubois heute bei uns zu Hause empfangen. Seine Frau ist schon wieder in Brest, er selbst ist extra noch in Paris geblieben. Er hat darauf bestanden, dass auch ich bei dem Gespräch dabei bin, denn es wäre auch meine Entscheidung. Er wusste schon von unserer neuen Situation, Victor hatte ihm bereits erzählt, dass ich schwanger bin. Wenn wir uns wirklich für Ozeanien entscheiden, wenn der Colonel sich für Victors Versetzung verwendet, dann gibt es irgendwann kein zurück mehr. Es klang fast so, als wolle uns der Colonel die ganze Sache wieder ausreden. Um nach Tahiti zu gelangen, würden wir alleine zwei Monate brauchen, so weit ist es von Frankreich entfernt. Es ist also nicht möglich, für einen kurzen Besuch dort hinzufahren und wieder nach Europa zurückzukehren. Victor kann erst dann wieder von Tahiti fort, wenn er erneut versetzt wird, vorher nicht. Ich habe zwar nachgedacht, weil ich mir dessen bislang gar nicht so bewusst war, aber ich habe jetzt für mich entschieden, dass es mich nicht abschrecken soll. Es ist mir so wichtig endlich wieder ein normales Leben zu führen, und wenn dies zunächst einmal in Paris nicht möglich ist, dann gehe ich auch gerne weit, weit fort. Es muss sich jetzt einfach etwas ändern. Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob ich für unsere Sache auch in den Senegal gehen würde. Ich habe mir keine Antwort gegeben, denn die Frage steht nicht im Raume.

      Paris, 6. August 1894

      Mutter und Vater sind endlich in Paris, beide sind ganz aufgeregt. Mutter umsorgt mich wie eine Kranke. Ich bekomme tausend Ratschläge. Vater besteht darauf, dass ich zu einem Dr. Coulaud gehe, ein Bekannter von Onkel Joseph. Ich frage mich plötzlich, ob denn die ganze Familie schon über meinen Zustand Bescheid weiß. Die andere Sache scheint den Eltern die Laune zu verderben. Mutter will mich in ihrer Nähe wissen, sie hätte mich schon damals gerne in Liverpool gehabt. Ich bin plötzlich hin und her gerissen.

      Paris, 8. August 1894

      Victor war gestern in Brest und hat sich mit Colonel Dubois getroffen. Ich war in der Sorbonne, in der großen Bibliothek. Es gibt Bücher über Ozeanien, über die Inseln. Ich habe auch einige Fotografien gefunden. Es gibt dort Palmen und Kokosnüsse, es sieht so malerisch aus. Dorthin zu reisen, dort zu leben, wäre eine Erfahrung fürs Leben, etwas, an das wir uns ein ganzes Leben lang erinnern werden.

      Paris, 9. August 1894

      Victor war gestern erst spät wieder zurück. Er hat mich noch einmal gefragt, ob ich es wirklich will. Ich habe ihm versichert, dass ich will. Colonel Dubois hat zugesagt, jetzt für uns zu handeln. Victor wird selbst nichts unternehmen, der Colonel wird sich für ihn verwenden. Wenn der Colonel Erfolg hat, werden sie für Victor um eine Freigabe aus dem Stabsdienst ersuchen. Das Ministerium wird die Freigabe erwirken und davor kann kein Leverne, nicht einmal der Brigadegeneral ein Veto einlegen. Ich habe lange mit Mutter gesprochen. Wir sind doch noch jung und werden ja auch wieder zurückkehren.

      Paris, 10. August 1894

      Ich habe mich heute im Spiegel angeschaut, natürlich ohne meine Kleider. Zunächst war ich mir sicher, eine ganz kleine Wölbung zu sehen, aber dann wieder nicht. Es kann ja auch noch nicht sein, denn ich bin doch erst in der siebten Woche.

      Paris, 14. August 1894

      Es geht jetzt wohl ganz schnell, heute kam ein Telegramm von Colonel Dubois, direkt zu uns nach Hause. Victor soll sich vorbereiten. Sie haben mit Colonel Dubois gesprochen und sie wollen Victor jetzt vorladen. Wenn er die Vorladung erhält, dann wird auch Leverne davon erfahren, das ist sicher. Wenn Victor zum Dienst geht, muss er damit rechnen, dass Leverne es bereits weiß.

      Paris, 15. August 1894

      Heute Morgen war mir furchtbar übel und ich habe mich dann auch gleich übergeben. Eigentlich habe ich mit so etwas gerechnet und es schon viel früher erwartet. Mutter wollte noch in Paris bleiben, aber dann ist sie doch mit Vater gefahren. Ich habe die beiden vor einer Stunde zum Bahnhof gebracht.

      Paris, 18. August 1894

      Wir dachten schon, bis zum Wochenende würde nichts mehr geschehen, doch dann kam gestern ein Brief. Leverne hat ihn Victor persönlich überreicht, natürlich ungeöffnet, aber ich war überzeugt, Leverne hatte ihn schon ein paar Tage verwahrt. Ich hatte aber wohl unrecht, denn der Brief trug das Datum vom 16. August. Ein Tag für die

Скачать книгу