Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft. Georg Blumenthal

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Die Befreiung von der Geld- und Zinsherrschaft - Georg Blumenthal

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Zur Klarheit darüber ist bisher keiner gelangt. Und obwohl man in den Kreisen der Fachgelehrten bereits so weit gekommen ist, den „Wert“ als etwas „Subjektives“ d. h. in unserer eigenen Anschauung — nicht aber in den Dingen selbst liegendes — zu betrachten, haben sich die Wertgläubigen doch bisher nicht von diesem Spuk losmachen können. Wohl sterben sie nach und nach aus, aber zu bekehren waren sie nicht. Ich will hier nur das Eine sagen: so lange wir von der „Wertlehre“ befangen sind, stehen wir machtlos dem Gelde gegenüber und dadurch auch allen Wirkungen etwaiger Fehler desselben.

      In neuerer Zeit war es namentlich Silvio Gesell, der durch sein Werk „Die neue Lehre von Geld und Zins“ viel Licht in dies bis dahin dunkle Gebiet brachte. Im Gegensatz zu anderen Theoretikern ging er bei seinen Untersuchungen nicht vom Wertgedanken, d. h. nicht von dem „festen inneren Wert“ aus, der irgendwelchen Gütern, Waren oder dem Gelde innewohnt, oder als Eigenschaft anhaften soll, sondern er ging lediglich aus von dem Verhältnis, welches durch Angebot und Nachfrage zwischen Geld und Ware bzw. Arbeitsmarkt besteht. In bisher unwiderlegter Beweisführung zeigt er uns, dass die ganze Wertlehre von einer Einbildung — von einer Illusion — ausgeht, von der bei näherem Zusehen nichts übrig bleibt, als der Preis. Der Preis tritt bei Gesell’s Untersuchungen an die Stelle des sogenannten Wertes, der also niemals als feste „innere“ Eigenschaft dem Gelde oder der Ware innewohnt. Im Preise aber drückt sich immer nur ein Verhältnis aus, und zwar das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zwischen Geld und Ware. Der Preis ist das einzige Reale, das Wirkliche, worauf es ankommt, womit wir zu rechnen haben. Gesell ersetzt deshalb die bisherige Theorie des Wertes durch die Theorie des Preises. Mit dem Gegenstand der Wertlehre können wir im praktischen Leben nichts anfangen, alles dreht sich nur um den Preis. Preise müssen wir bezahlen und Preise können wir erzielen.

      Was man auch aus den Umschreibungen der Wert-Theoretiker heraus als „Wert“ aufzufassen versuchen mag — es wird durch die tatsächlichen Preise, wie sie sich aus Angebot und Nachfrage ergeben, illusorisch und überflüssig gemacht; selbst im Falle seiner Realität könnte es immer nur im Preise mit einbegriffen sein.7 Unsere weitere Untersuchung wird die Haltlosigkeit der Wert-Lehre auch denen klar machen, die noch immer von diesem Aberglauben befangen sind. Und den Marxisten wird endlich die Erkenntnis aufklaffen:

      Karl Marx meint mit dem sogenannten „Wert“ lediglich den vom arbeitlosen Einkommen (Mehrwert) befreiten Preis. Wenn alle Preise nur aus Löhnen bestehen, ist das Problem gelöst, mit dem Marx sich vergeblich abmühte.

      Ich stütze mich also in meinen weiteren Ausführungen lediglich auf die Theorie Gesell’s und wir treten damit in eine völlig neue Betrachtung der volkswirtschaftlichen Probleme ein.

      V. Angebot und Nachfrage.

      Das natürliche Gesetz der Volkswirtschaft ist der Austausch materieller und intellektueller Güter und Leistungen. Dieser volkswirtschaftliche Güteraustausch hat aber zur Voraussetzung das Angebot und die Nachfrage, d. h. die auszutauschenden Güter müssen sich anbieten und das Geld muss die Nachfrage für sie vertreten und ihren Austausch vermitteln.

      Verschiebt sich nun aus irgendeinem Grunde das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage, so verschieben sich natürlich auch die Preise entsprechend. Wird z. B. die Nachfrage nach Waren (also das Geldangebot) größer, so werden die Warenpreise steigen, und die „Kaufkraft“ des Geldes (also der mit Waren gemessene Preis des Geldes) wird entsprechend sinken. Wird umgekehrt das Geldangebot, d. h. die Nachfrage nach Waren kleiner, so sinken die Warenpreise und der Preis (also die Kaufkraft) des Geldes steigt.

      Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt also immer den Preis.

      Dieselbe Wirkung hat natürlich auch eine Veränderung im Angebot von Waren, d. h. die aus dem Warenangebot bestehende Nachfrage nach Geld. Schrumpfen aus irgendeinem Grunde (z. B. durch Krieg, Spekulationsmanöver und dergl.) die Warenbestände oder das Angebot derselben zusammen, während das Geldangebot unverändert bleibt oder gar vergrößert wird, so steigen demgemäß die Warenpreise, während der Geldpreis sinkt, d. h., man erhält also für eine bestimmte Warenmenge eine größere Geldsumme als bisher. Sind aber Angebot und Nachfrage auf beiden Seiten dauernd gleich, so ergeben sich aus diesem festen Verhältnis auch feste Preise, worauf ja die Währung hinzielt.

      Ein dauernd festes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ist also die Voraussetzung jeder zuverlässigen, wirklichen Währung, d. h. die Preise sollen „währen“. Und die Vorbedingung für dies dauernd feste Verhältnis bestände wiederum in dem volkswirtschaftlichen Gleichgewicht zwischen Ware und Geld, also in einem gleichgroßen und gleichstarken Angebotsdrang dieser beiden Faktoren. Wird dies Gleichgewicht gestört, d. h. ist einer der beiden Faktoren in der Lage, sein Angebot oder die Nachfrage gegenüber dem anderen Faktor einzuschränken oder zu verweigern (z. B. das Geld die Nachfrage nach Ware), so stockt der Warenaustausch und weiterhin auch die Produktion. Je nach Dauer und Umfang solcher Stockungen wird dadurch unter Umständen die ganze Volkswirtschaft in Mitleidenschaft gezogen und stillgelegt (Krise).

      Nicht in der Stockung, in der Zurückhaltung und der Anhäufung, auf einer oder der anderen Seite, liegt aber das Heil der Arbeit und der Volkswirtschaft, sondern im allseitigen Angebot und allseitiger Nachfrage — im glatten Austausch — in der Zirkulation! Es verhält sich damit, wie mit dem Kreislauf des Blutes:

      Die Zirkulation ist Gesundheit und Leben; —

      die Stockung aber Krankheit und Tod.

      Da die Waren und Leistungen sich nicht unmittelbar austauschen lassen, sondern dazu der Vermittlung des Geldes bedürfen, so stehen sich, wie ich bereits andeutete, auf dem „Markt“, d. h. beim Austausch (Kauf und Verkauf, Handel, Arbeitsmarkt usw.) zunächst immer Ware (Arbeit) und Geld als Angebot und Nachfrage gegenüber. Und zwar vertritt — wie wir noch deutlich sehen werden — Ware und Arbeit notgedrungen stets in stärkerem Maße das Angebot, als es etwa das Geld resp. die Besitzer ersparter Geldüberschüsse (Banken, Börsen, Kaufleute und sonstige Kapitalisten) tun.

      Dass sich dies während des Krieges umgekehrt verhält, ändert nichts an der jahrtausendalten Regel. Und dass es uns als ganz unerhört und ungewöhnlich auffällt, beweist nur, wie sehr wir an die Regel gewöhnt sind, dass das Angebot von Waren und Arbeitskräften stets dringender und größer ist, als das Angebot von Geld.

      Auch das Geld bietet sich zwar an, indem es seinerseits Nachfrage nach Waren und Arbeitskräften hält, soweit dies die persönlichen Bedürfnisse der Geldbesitzer erfordern. Aber ein volkswirtschaftliches Geldangebot, d. h. ein Geldangebot, welches nicht nur auf den unmittelbaren Bedürfnissen der Konsumenten beruht, sondern aus dem Umlauf und der Anlage ersparter Überschüsse besteht, findet überhaupt nur unter ganz bestimmten Bedingungen statt.

      Warum dies so ist — und welcher Art die Bedingungen sind, von deren Erfüllung das Geld seinen Umlauf — und somit die volkswirtschaftliche Nachfrage nach Arbeitsprodukten und Arbeitskräften abhängig macht, soll im Folgenden klar und deutlich gezeigt werden.

      VI. Die Ausnahmestellung des Geldes in der Volkswirtschaft.

      Alle Waren, Produkte und Arbeitsleistungen unterliegen naturgemäß einem Angebots-Zwange, also dem natürlichen Gesetze des Austausches, dem sie sich wohl gelegentlich auf kurze Zeit — nie aber dauernd entziehen können. Die Waren und alle sonstigen Produkte der menschlichen Arbeit verderben, veralten, bedürfen fortwährend allerlei weiterer Aufwendungen und müssen daher zur Vermeidung von Verlusten und Unkosten aller Art seitens ihrer Besitzer beständig dem Markt, dem Austausch gegen Geld, zur Verfügung gestellt werden. Ebenso muss jeder Arbeiter, gleichviel, ob er mit der Hand oder mit dem Gehirn

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