Die blaue Hand. Edgar Wallace

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Die blaue Hand - Edgar Wallace

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ging an diesem Morgen zuerst zum Ministerium des Innern. Er wollte das Geheimnis aufklären, das über Madge Benson lag. Weder das Polizeipräsidium noch die Zentraldirektion der Gefängnisse waren gewillt gewesen, einem Privatmann irgendwelche Auskunft zu geben, und in seiner Verzweiflung hatte er sich direkt ans Büro des Unterstaatssekretärs gewandt. Glücklicherweise hatte er dort einen Freund, einen Mann von mittlerem Alter, mit dem er während des Krieges in Frankreich war.

      Er empfing ihn in seinem Büro mit einer Wärme, die Jim zeigte, daß er nicht vergessen war.

      »Nehmen Sie Platz. Ich kann Ihnen leider nur wenig in dieser Angelegenheit mitteilen.« Er nahm ein Blatt Papier von seinem Schreibtisch auf. »Eigentlich dürfte ich Ihnen ja überhaupt nichts darüber sagen – aber hier ist die Auskunft, die mir die Gefängnisdirektion gesandt hat.«

      Jim las die wenigen Zeilen, die darauf standen.

      »Madge Benson, 26 Jahre alt, Hausmädchen. Ein Monat Gefängnis wegen Diebstahls. Verurteilt vom Polizeigericht in Marylebone. 5. Juni 1911. Überführt nach Holloway-Gefängnis. Entlassen am 2. Juli 1911.«

      »Wegen Diebstahls?« sagte Jim nachdenklich. »Man weiß natürlich nicht, was sie gestohlen hat?«

      Der Beamte schüttelte den Kopf.

      »Ich würde Ihnen den Rat geben, den Gefängniswärter in Marylebone aufzusuchen. Diese Leute haben oft ein außerordentlich gutes Gedächtnis für Personen. Außerdem könnten Sie ja auch noch die Akten über ihre Verurteilung einsehen. Aber es wäre besser, wenn Sie Mr. Salter darum bitten, einen Antrag zu stellen. Einem Rechtsanwalt wird man die Auskunft nicht verwehren.«

      Aber das war ja gerade das, was Jim nicht tun wollte.

      10

      Eunice Weldon gewöhnte sich rasch an ihre neue Umgebung. Durch die Krankheit ihrer Herrin bekam sie mehr Arbeit, als sie erwartet hatte. Es war richtig, wie Digby Groat ihr gesagt hatte, daß sie noch viel zu tun bekäme. Er ließ sie auch die Haushaltungsbücher durchsehen und ordnen, und sie war erstaunt, wie sparsam, ja fast geizig die alte Frau war. Eines Nachmittags, als sie den alten Sekretär aufräumte, hielt sie plötzlich in ihrer Arbeit inne, um dieses alte, schöne Möbelstück zu bewundern.

      Es war halb Schreibtisch, halb Bücherschrank. Das Schreibtischfach war mit Glastüren geschlossen, die an der Innenseite mit grünseidenen Vorhängen bedeckt waren.

      Sie wunderte sich über die Dicke der beiden Seitenteile. Sie hatte etwas Ähnliches noch nicht gesehen. Sie strich mit der Hand bewundernd über die glatte, polierte Oberfläche des dunklen Mahagoniholzes, als sie fühlte, daß eine Stelle der Schrankwand unter dem Druck ihrer Finger nachgab. Zu ihrem Erstaunen fiel eine kleine Klappe aus der Seitenwand herunter, deren feine Scharniere so geschickt angebracht waren, daß man sie für gewöhnlich nicht sehen konnte. Eine Geheimschublade in einem alten Sekretär ist keine außergewöhnliche Entdeckung; aber sie war neugierig, was dieses Fach wohl enthalten könnte, das sie so zufällig gefunden hatte. Sie tastete mit ihrer Hand hinein und zog ein zusammengelegtes Aktenstück heraus, das den einzigen Inhalt der Schublade bildete.

      Durfte sie es wohl lesen? Wenn es so sorgfältig und geheim aufgehoben wurde, hatte Mrs. Groat sicherlich nicht den Wunsch, daß es von fremden Augen gesehen wurde. Trotzdem glaubte sie, daß sie als Sekretärin die Pflicht hatte, zu wissen, um was es sich handelte, und so öffnete sie das Schreiben. Am Kopfende des Dokumentes war ein Stück Papier angeheftet, auf das Mrs. Groat geschrieben hatte:

      »Dies ist mein letzter Wille, der gleichlautend ist mit den Instruktionen, die ich Mr. Salter in einem versiegelten Briefumschlag übergeben habe.«

      Das Wort ›Salter‹ war ausgestrichen, und der Name einer anderen Rechtsanwaltsfirma war darübergeschrieben.

      Das Testament war auf ein gewöhnliches, vorgedrucktes Formular geschrieben, wie man es überall kaufen kann. Der eigentliche Inhalt war sehr kurz:

      ›Ich hinterlasse meinem Sohne Digby Francis Groat ein Legat in Höhe von zwanzigtausend Pfund, außerdem mein Haus in London, 409, Grosvenor Square, mit der gesamten Einrichtung. Mein übriges Vermögen vermache ich Ramonez, Marquis von Estremeda, in Madrid.‹

      Die Namen der Zeugen, die das Testament unterschrieben hatten, waren Eunice unbekannt, und da sie ihren Stand als Dienstboten angegeben hatten, war es möglich und höchstwahrscheinlich, daß sie schon seit langem ihre Stellung aufgegeben hatten. Denn Mrs. Groat behielt ihre Dienstboten gewöhnlich nicht sehr lange bei sich.

      Was sollte sie mit diesem Dokument machen? Sie entschloß sich,. Digby zu fragen.

      Als sie später die Schubladen ihres Schreibtisches durchsuchte, entdeckte sie eine kleine Miniatur, die eine schöne Frau darstellte. Nach der Kleidung und der Frisur mußte das Bild nach 1880 angefertigt worden sein. Die Gesichtszüge waren kühn, aber sehr schön, und die dunklen Augen sprühten vor Lebensfreude. Das Gesicht eines Mädchens, das seinen eigenen Weg ging, dachte Eunice, als sie das feste, runde Kinn betrachtete.

      Sie hätte gern gewußt, wen das Bild darstellte und zeigte es Digby Groat bei Tisch.

      »Ach, das ist ein Bild meiner Mutter«, sagte er gleichgültig. Eunice war erstaunt, und er mußte lachen.

      »Wenn man sie jetzt sieht, würde man nicht glauben, daß sie früher so ausgesehen hat. Aber sie muß in ihrer Jugend sehr schön gewesen sein – ein wenig zu schön«, fügte er hinzu.

      Plötzlich nahm er die Miniatur aus der Hand und schaute auf die Rückseite des Bildes.

      »Entschuldigen Sie«, sagte er, und sie sah, daß er blaß geworden war. »Meine Mutter schreibt manchmal sonderbare Dinge auf die Rückseite ihrer Bilder –«

      Seine Gedanken mußten in der Ferne weilen, und er machte einen zerstreuten Eindruck. Das war ein ungewöhnlicher Zustand für ihn, denn er war meistens sehr konzentriert und gesammelt.

      Er änderte das Thema des Gespräches und stellte eine Frage an sie, die er schon lange beabsichtigt hatte.

      »Miss Weldon, wissen Sie, wie Sie zu dieser Narbe an Ihrem Handgelenk gekommen sind?«

      Sie schüttelte lächelnd den Kopf.

      »Es tut mir leid, daß ich sie Ihnen gezeigt habe; sie sieht häßlich aus.«

      »Wissen Sie nichts darüber?«

      »Nein, meine Mutter hat es mir nicht gesagt. Es sieht aber so aus, als ob es eine Brandwunde war.«

      Er untersuchte den kleinen, roten, runden Fleck sehr genau.

      »Es ist natürlich absurd, zu denken, daß Ihre Mutter einen Anfall bekam, weil sie die Narbe sah.«

      »Ich nehme es aber doch an – es muß ein merkwürdiges Zusammentreffen sein.«

      Er hatte sich große Mühe gegeben, seine Mutter darüber auszufragen, aber er hatte keinen Erfolg damit gehabt. Seit drei Tagen lag sie apathisch in ihrem Bett und hatte ihn wahrscheinlich weder gehört noch gesehen, als er seine Besuche im Krankenzimmer machte.

      Sie erholte sich jetzt langsam, und bei der ersten Gelegenheit wollte er eine eingehende Erklärung von ihr fordern.

      »Haben Sie

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