Die blaue Hand. Edgar Wallace

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Die blaue Hand - Edgar Wallace

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– es ist nur –«

      »Vielleicht kommt es doch daher, daß du irgendeinen Druck im Gehirn hast«, sagte er kalt. »Dergleichen muß durch Operation entfernt werden –«

      Sie hatte ihren Stuhl zurückgeschoben und das Zimmer fluchtartig verlassen, bevor er zu Ende gesprochen hatte. Er nahm das Armband, sah verächtlich darauf und steckte es wieder in die Tasche. Ihre krankhafte Neigung kannte er nun schon seit langer Zeit. Er hatte alles versucht, sie davon abzubringen und glaubte auch, daß es ihm gelungen wäre. Um so mehr war er durch dieses letzte Vorkommnis verbittert. Er ging in die Bibliothek, wo kostbare Bücherschränke aus Rosenholz standen. Ein silbernes Gitter war vor dem Kamin befestigt, und die ganze Ausstattung zeigte den größten Luxus. Er setzte sich nieder und schrieb einen Brief an Lady Waltham. Er packte das Armband und den Brief sorgfältig in einen kleinen Kasten und klingelte dann. Ein Mann in mittleren Jahren mit einem dunklen, abstoßenden Gesicht kam herein.

      »Jackson, bringen Sie das sofort zu Lady Waltham. Meine Mutter geht heute Abend in ein Konzert – wenn sie fort ist, durchsuchen Sie ihre Räume genau.«

      »Das habe ich schon getan, Mr. Groat, aber ich konnte nichts finden.« Er war im Begriff zu gehen, als Digby ihn zurückrief.

      »Haben Sie der Haushälterin – gesagt, daß sie sich um das Zimmer für Miss Weldon kümmert?«

      »Jawohl, Sir. Sie wollte ihr zuerst ein Zimmer im obersten Stock geben, wo das Personal schläft, aber das habe ich nicht zugelassen.«

      »Sie soll das beste Zimmer im ganzen Haus bekommen. Sorgen Sie dafür, daß der ganze Raum mit Blumen geschmückt ist. Stellen Sie auch noch den Bücherschrank und den chinesischen Tisch in ihr Zimmer, die jetzt bei mir stehen.«

      Der Mann nickte.

      »Und wie soll das mit dem Schlüssel werden, Sir?« fragte er zögernd.

      »Meinen Sie den Schlüssel zu ihrem Zimmer?« fragte Digby und schaute auf.

      Der Mann nickte. »Wünschen Sie, daß man die Tür von innen abschließen kann?« fragte er bedeutungsvoll.

      Mr. Groats Lippen zogen sich böse zusammen.

      »Sie sind verrückt!« sagte er. »Natürlich will ich, daß man die Tür von innen verschließen kann. Bringen Sie auch einen Riegel an, wenn keiner vorhanden sein sollte.«

      Jackson schaute erstaunt auf.

      Zwischen den beiden schien ein engeres Verhältnis zu bestehen als gewöhnlich zwischen Herr und Diener.

      »Ist Ihnen schon jemals ein Mann namens Steele begegnet?« fragte Digby plötzlich.

      Jackson schüttelte den Kopf. »Wer ist das?« fragte er.

      »Der Sekretär eines Rechtsanwaltes. Tun Sie sich nach ihm um, und beobachten Sie ihn gelegentlich, wenn Sie einmal freie Zeit haben – aber nein, lassen Sie die Sache lieber Bronson machen. Er wohnt ja in Featherdale Mansions.«

      Eunice Weldon hatte ihre wenigen Habseligkeiten gepackt, der Wagen wartete vor der Tür. Es tat ihr nicht leid, daß sie die dumpfe, unordentliche Wohnung aufgeben mußte, in der sie nun die beiden letzten Jahre gewohnt hatte. Der Abschied von der etwas nachlässigen Wirtin fiel ihr nicht schwer, und sie konnte Jim Steeles Ansicht nicht teilen, der mit ihrer neuen Stellung so unzufrieden war.

      Sie war noch zu jung, um einen neuen Posten nicht als den Beginn eines geheimnisvollen Abenteuers anzusehen, der alle möglichen, wunderbaren Ereignisse in sich barg. Sie seufzte, als sie daran dachte, daß diese kleinen Gespräche beim Tee, die eine so angenehme Unterbrechung ihres alltäglichen Lebens waren, nun aufhören mußten. Und doch war sie davon überzeugt, daß Jim alle Anstrengungen machen würde, sie wiederzusehen.

      Sie würde Stunden, ja vielleicht sogar halbe Tage für sich haben. Plötzlich erinnerte sie sich daran, daß sie nicht einmal seine Adresse hatte! Aber er kannte ja ihren Aufenthaltsort. Dieser Gedanke beruhigte sie, denn sie hätte ihn gar zu gern wiedergesehen. Sie sehnte sich mehr nach ihm, als sie es jemals geglaubt hatte. Wenn sie die Augen schloß, erschien ihr sein schönes Gesicht, und seine lachenden, blauen Augen sahen sie treuherzig an. Die Bewegung seiner Schultern, wenn er ging, der Klang seiner Stimme beim Sprechen, alle seine charakteristischen Eigentümlichkeiten standen klar vor ihr.

      Und der Gedanke, daß sie ihn nicht wiedersehen sollte –

      ›Aber ich will ihn sehen, ich muß ihn sehen‹, sagte sie zu sich selbst, als das Auto vor dem imposanten Portal ihrer neuen Wohnung am Grosvenor Square hielt.

      Sie war bestürzt, als sie die große Schar der Diener sah, die herauskam, um ihr behilflich zu sein. Aber es tat ihr doch gut.

      »Mrs. Groat möchte Sie sehen, Miss«, sagte ein finster dreinschauender Mann.

      Sie wurde in einen kleinen Raum auf der Rückseite des Hauses gebracht, der ihr dürftig möbliert erschien, obwohl ihn Mrs. Groat schon für luxuriös ausgestattet hielt.

      Die alte Frau lehnte jede Ausgabe für Dekorationen oder schöne Möbel ab. Nur die Furcht vor ihrem Sohn hielt sie davon ab, sich über jeden kleinen Betrag aufzuregen, der für sie ausgegeben wurde. Eunice war enttäuscht über ihre Unterhaltung mit der Frau. Sie hatte Mrs. Groat nur in dem fotografischen Atelier in vornehmer Kleidung gesehen, und nun saß eine alte, dürftig gekleidete Frau mit wachsgelbem Gesicht vor ihr und musterte sie mit feindseligen Blicken.

      »Sie sind also die junge Dame, die meine Sekretärin werden soll?« fragte sie vorwurfsvoll. »Haben Sie schon Ihr Zimmer gesehen?«

      »Noch nicht, Mrs. Groat.«

      »Ich hoffe, daß es Ihnen hier gefallen wird«, sagte Mrs. Groat mit einer Stimme, die vermuten ließ, daß sie am liebsten das Gegenteil gesagt hätte.

      »Wann kann ich mit meiner Tätigkeit beginnen?« fragte Eunice, die sich in dieser Umgebung durchaus nicht wohl fühlte.

      »Sie können jederzeit beginnen«, erwiderte die alte Frau schnell und sah sie argwöhnisch von der Seite an. »Sie sind sehr schön«, sagte sie mürrisch, und Eunice errötete, denn das Kompliment erschien ihr fast wie eine Beleidigung. »Das wird wohl auch der Grund sein«, sagte Mrs. Groat abwesend.

      »Wofür denn?« fragte Eunice liebenswürdig.

      Sie hatte den Eindruck, daß diese Frau geistesschwach war, und hatte schon alle Lust an der neuen Stellung verloren.

      »Das hat nichts hiermit zu tun«, sagte die alte Frau und entließ sie mit einem Kopfnicken.

      Das Zimmer, in das sie jetzt geführt wurde, erschien ihr über alle Maßen schön, und sie war zuerst sprachlos über all diesen Luxus.

      »Sind Sie auch sicher, daß ich hier wohnen soll?« fragte sie ungläubig.

      »Jawohl, Miss«, sagte die Haushälterin und sah das Mädchen sonderbar an.

      »Aber das ist doch eigentlich zu prächtig und schön für mich!«

      Der Raum wäre selbst in einem Schloß aufgefallen. Die Wände waren mit Brokatseide überzogen, und die Möbel waren sehr kostbar. Ein französisches Bett, das in der reichsten Weise geschnitzt und vergoldet war, lud zur Ruhe ein. Ein großer Baldachin aus prächtiger Seide war darüber angebracht. Draußen sah sie einen

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