Töchter der Nacht. Edgar Wallace
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Auch Jim erhoffte das sehnlichst, aber er machte nur eine konventionelle Bemerkung.
»Die Seereise wird meiner Frau sicher sehr guttun. Sie hat sich noch nicht recht erholen können seit dem Tode ihrer Schwester.«
Zum erstenmal erwähnte Frank Cameron die Krankheit seiner Frau. Jim hatte sich allerdings schon öfter mit Margot darüber unterhalten.
»Sie ist doch plötzlich drüben in den Vereinigten Staaten gestorben?«
Frank nickte.
»Ja. Wir waren damals in Paris. Eines Morgens erhielten wir ein dringendes Telegramm, und Cecile fuhr am nächsten Tag nach New York zurück. Sie bestand darauf, allein zu reisen, und sie kam gerade noch zur rechten Zeit. Von der Aufregung hat sie sich noch nicht erholt. Es wirft direkt einen Schatten auf ihr Leben. Übrigens möchte ich Sie bitten, niemals mit Cecile über ihre Schwester zu sprechen.«
Jim schüttelte den Kopf.
»Das hätte ich selbstverständlich unterlassen.«
Frank nickte.
Margot hatte ihr Reitkleid ausgezogen und saß mit ihrer Schwägerin im Wohnzimmer. Mrs. Cameron erhob sich und kam mit ausgestreckten Händen auf ihn zu. Sie war eine stattliche, schöne Frau von dreißig Jahren, mit feinen Gesichtszügen und dunklen Augen. Frank hatte sofort bemerkt, daß sie irgendeinen stillen Kummer haben mußte.
»Gott sei Dank, mit dem Packen bin ich fertig«, sagte sie und atmete erleichtert auf.
»Wann werden Sie denn Moorford verlassen?« fragte Jim. »Schon morgen?«
»Nein, am Sonnabendmorgen«, entgegnete Cecile und reichte ihm eine Tasse Tee. »Wir fahren im Auto nach Southampton; das Gepäck geht schon am Abend vorher ab. Ich möchte bis zum letzten Augenblick hierbleiben, und eine Autofahrt ist in der Morgenfrühe am schönsten.«
»Ich habe große Summen für morgen zu Ihrer Verfügung bereitgestellt«, erklärte Jim lachend. »Ich weiß nicht, was unser Generaldirektor sagen wird, wenn er erfährt, daß die Bank vier gute Kunden verloren hat.«
»Gleich vier?« fragte Mrs. Cameron. »Wer verläßt denn außer uns dreien noch die Stadt?«
»Mrs. Markham von Tor Towers benützt den gleichen Dampfer wie Sie. Übrigens ist sie auch Amerikanerin.«
»Markham? Kennst du sie?« wandte sie sich an ihren Mann.
Frank schüttelte den Kopf.
»Sie ist nicht aus New York«, erklärte Jim. »Ich glaube, sie ist in Virginia zu Hause und kommt regelmäßig hierher. Es ist sogar gewiß, daß sie wieder in diese Gegend kommt, denn sie hat ihre Juwelen bei uns deponiert – ich wünschte, sie hätte es nicht getan. Ich hasse die Verantwortung, Diamanten im Wert von hunderttausend Pfund in unserer Stahlkammer aufzubewahren. Sobald die Dame unterwegs ist, schicke ich die Schmucksachen nach London, damit man sie dort aufbewahrt.«
»Mrs. Markham«, sagte Frank nachdenklich. »Es ist doch merkwürdig, daß wir sie nie getroffen haben. Ist sie jung oder alt?«
»Jung«, erwiderte Jim. »Ich selbst habe sie nie gesehen, höchstens aus einiger Entfernung. Sie überläßt die Verwaltung ihrer Vermögensangelegenheiten ganz ihrem Butler, einem etwas selbstbewußten Herrn. Er nennt sich Winter und ist ein typischer Vertreter dieser etwas anmaßenden Bedientenklasse. Sanderson hat alle geschäftlichen Dinge erledigt, soweit sie Mrs. Markham betreffen, daher weiß ich wenig über sie. Nur habe ich gehört, daß sie eine sehr liebenswürdige Dame und ungeheuer reich sein soll. Sie ist Witwe und bringt fast ihre ganze Zeit damit zu, Landschaftsbilder von dieser Gegend zu malen. Aber ich glaube ja nicht, daß Sie drei noch andere Gesellschaft brauchen. Wahrscheinlich werden Sie sowieso viele Bekannte treffen. Haben Sie eine Reihe von Zimmern belegt?«
Frank nickte.
»Ja, wir haben die Flucht B der Staatskabinen, die besten Passagierräume auf dem Schiff. Eine gute Freundin von Cecile fährt auch mit, Mrs. Dupreid. Jane fährt doch mit uns?« wandte er sich an seine Frau.
»Ja, ich habe heute morgen noch einen Brief von ihr bekommen. Sie haben vollkommen recht, Mr. Bartholomew, man braucht nicht viele Bekannte an Bord des Schiffes. Seereisen deprimieren mich immer so schrecklich. Ich glaube, daß meine Freundin gerade keine große Errungenschaft ist, wenn sie uns auf der Reise begleitet.« Sie lächelte ein wenig. »Jane wird leicht seekrank und hält sich gewöhnlich in ihrer Kabine auf, bis das Schiff Sandy Hook erreicht.«
Das Gespräch drehte sich jetzt um Schiffe und Passagiere und wurde hauptsächlich von Frank Cameron und Jim geführt.
Margot war außerordentlich ruhig und nachdenklich, so daß es Cecile schließlich auffiel.
»Aber Margot, du beteiligst dich ja gar nicht an der Unterhaltung – was ist denn los?«
Margot schrak aus ihren Träumen auf.
»Ach, es ist doch schlimm, daß du auch alles gleich merkst«, entgegnete sie lachend. »Es ist fast wie mit den Schiffsmaschinen. Wenn die auf der Fahrt plötzlich anhalten, wacht man auch auf. Wenn ich offen sein soll, bin ich ein wenig traurig gestimmt, daß ich diese Gegend hier verlassen soll.«
Frank sah von seiner Schwester zu Jim hinüber und lächelte.
»O ja, das verstehe ich schon«, sagte er dann.
»Ich glaube, ich werde vor der Zeit alt«, meinte Margot. »Seit einiger Zeit mag ich nicht mehr sooft meinen Aufenthaltsort wechseln.«
»So geht es mir auch«, erklärte Frank. »Aber einer von uns beiden muß nach den Staaten hinüberfahren, Margot. Wir müssen die Angelegenheit mit dem Landsitz von Tante Martha regeln.«
Er sah, daß Jims Augen aufleuchteten und grinste.
»Das klingt, als ob wir nur kurze Zeit drüben bleiben und bald wiederkehren würden. Aber wenn ich einmal nach den Staaten hinüberfahre, dann muß ich auch die Minen besuchen, für die ich mich interessiere. Und den Winter muß ich in Kalifornien zubringen.«
Jim seufzte.
»Nun, Sie werden mich, wenn Sie zurückkommen, wieder hier finden mit allem, was zur Stadt gehört. Und wenn Sie dann zurückkehren, habe ich inzwischen Tafeln an all den verschiedenen Gebäuden angebracht zur Erinnerung an Ihren Aufenthalt hier. Ich werde eine recht traurige und einsame Zeit erleben.«
»Vielleicht kommt ein Zirkus und bringt Ihnen ein wenig Zerstreuung«, neckte ihn Margot.
»Mir bleibt nur zweierlei übrig«, sagte Jim feierlich. »Entweder eröffne ich eine Farm für Schafe oder ich werde ein Räuber, plündere die Depots unserer Bank und knalle alle Leute nieder, die mir in den Weg treten. Zur Zeit lohnt es sich schließlich auch noch, einen solchen Einbruch zu versuchen«, sagte er und nickte nachdenklich. »Die schöne Mrs. Markham hat ja ihre Diamanten bei uns deponiert.«
»Warum sagen Sie immer ›die schöne Mrs. Markham‹? fragte Margot ein wenig gereizt.
»Weil mir nichts Besseres einfällt.«
»Nun, ich würde Ihnen aber den Rat geben, nicht eher mit Ihrer