SOS Beziehung in Not. Andreas Klaene

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу SOS Beziehung in Not - Andreas Klaene страница 3

Автор:
Серия:
Издательство:
SOS Beziehung in Not - Andreas Klaene

Скачать книгу

und sie regelrecht „in einen Abgrund“ gestürzt zu haben. Sie habe daraufhin weder essen noch schlafen können. „Die war völlig durch den Wind.“

      Bewusst wurden ihm die Folgen seines Verhaltens erst, als er selbst in eine Situation geriet, die ihn an seine Grenzen führte. Kopfschüttelnd sagt er: „Ich war es so gewohnt, wild von einer Beziehung in die nächste zu gehen und dabei den Schmerz des anderen gar nicht zu sehen.“

      Er fühlte sich erleichtert, als Bianca auszog, weil er sich auf ein barrierefreies Zusammensein mit Saskia freute.

      Ein halbes Jahr später. Die beiden waren längst ein Paar. Wieder ein Freitagabend. Sven hatte Saskia in dieser Woche nur zweimal gesehen. Am Abend zauberte er für seine Freundin und sich ein Essen, schaffte es, wie vereinbart, um acht Uhr fertig zu sein und wartete auf das Schellen der Türklingel. Nach einer Viertelstunde schaute er abwechselnd mal auf die Uhr, mal auf den immer spärlicher aufsteigenden Dampf seines aufgetischten Essens. Als Saskia um neun noch immer nicht vor der Tür stand, kochten seine Gedanken so hoch, dass er etwas unternehmen musste. Er wählte ihre Nummer und wusste nicht, was er sich mehr wünschte: Wenn sie ans Telefon ginge, würde sie ihm erklären, warum sie noch nicht bei ihm war. Und das, was sie sagen könnte, bereitete ihm ein mulmiges Gefühl. Wenn sie nicht abnähme, wäre dies auch kein Mut machendes Signal.

      „Wo bleibst du denn?“, fragte er, sobald er ihre Stimme hörte. Ihre Antwort: „Sven, ich komme nicht.“ – „Wie, ist etwas passiert? Kommst du später?“ – „Nein, ich komme gar nicht mehr.“

      Zwei Atemzüge lang konnte Sven nichts sagen. Dann hakte er nach: „Warum, was ist denn?“ Sven sagt, ihm sei sofort durch den Kopf geschossen, Saskia habe sich in einen anderen Mann verliebt. Und dieses Gefühl verdichtete sich in ihm, als er hörte, was Saskia ihm erzählte. „Dabei hat sie das gar nicht direkt gesagt. Aber sie gab mir das Gefühl, dass ich es nicht mehr bin und dass es einen anderen gibt.“

      Sven konnte in diesem Moment kaum noch zuhören. Er sah, wie das Bild des lockeren Party-Wilden, das er von sich gemalt hatte, verschwamm. Stattdessen kreuzten all seine Mankos deutlich sichtbar vor ihm auf. Er dachte daran, nie ein richtiges Ziel verfolgt zu haben, ihm fiel ein, wie er sich aus dem Staub machte, als sein Vater ihm antrug, in dessen Architekturbüro einzusteigen, dachte an die vielen Jobs, die er für wenig Geld gemacht hatte. Und bevor er Saskia wieder zuhörte, nannte er ihr seine Erklärung für ihren Rückzug: „Ich begreife. Es ist die Kohle, die mir fehlt. Du brauchst einen richtigen Geldgeber.“

      Was Saskia darauf antwortete, registrierte er nicht mehr. Das Gespräch ging zu Ende. Gedanken an die eigenen Fehler standen nun in seiner Wohnung wie eine Schar ungebetener Gäste.

       Sven liefert sich seiner Fantasie aus, erklärt sie zur Wirklichkeit.

       Zu bedrückend sind seine Gedanken an das, was er für seine Mankos hält. Zu bedrückend der Gedanke, dass Saskia am Ende gar nicht ihn meinte, sondern den Party-Wilden, den Sven schon mal in die Schlacht schickte, während er selbst in Deckung blieb.

       Auf die Dauer ist es langweilig und gleichzeitig befremdlich, es immer wieder mit einer Fassade zu tun zu haben. Die Beziehung stagniert, wenn keine neuen Impulse gesetzt werden, wenn keiner der Partner sich traut, hinter der Fassade hervorzulugen.

       Wer weiß, was aus Sven und Saskia geworden wäre, hätten sie sich für eine echte Begegnung miteinander entschieden und auch die Mankos miteinander geteilt.

       Als Sven sich schließlich doch auf den Weg macht, um direkt von Saskia zu erfahren, warum so plötzlich alles aus sein soll, ist er kaum fähig, ihren Erklärungen zu folgen. Vielleicht würde Sven es ja als befreiend erleben, Saskia seine Gefühle mitzuteilen und die kräftezehrende Fassade fallen zu lassen.

      Sven musste raus aus dieser Umgebung, rief ein Taxi. Er drückte auf Saskias Klingelknopf und kam sich vor wie einer, der Wiederbelebungsversuche bei einem Toten startet: „Ich ging nicht davon aus, dass sie aufmacht. Doch ich bin reingekommen. Aber die Situation, die dann entstand, war absurd für mich: Mit der Frau, die ich liebte, mit der ich noch vor ein paar Tagen geschlafen hatte, mit der jetzt am Tisch zu sitzen und zu hören, wie sie abgekühlt begründet, warum sie mich nicht mehr will, das machte mich ohnmächtig. Ja, ich stand unter Schock.“

      Saskia war zu der Erkenntnis gekommen, ihn nicht mehr lieben zu können, weil sie in einer anderen Welt als Sven lebe: „Du bist der Freak, ich das verrückte Huhn, das aber neben allen Verrücktheiten im Finanzamt arbeitet und dort auch etabliert ist.“ Sie sagte, sie feiere zwar gern, ebenso wie er, aber Sven passe dennoch nicht in ihre Kreise.

      Saskias Begründung erschien ihm so konfus, dass ihm kein Gegenargument einfiel. Demonstrativ packte er seine Sachen zusammen, die noch in ihrer Wohnung herumlagen, ging und sagte ihr auf schweigende Weise: „Okay, dann eben nicht!“

      In den nächsten Tagen hatte Sven das Gefühl, „in ein tiefes Loch zu fallen.“ Verrückt machende Bilder geisterten ihm durch den Kopf: Immer wieder starrte er auf eine Saskia, die losgelöst mit einem anderen schlief. Er kam nicht zur Ruhe. Saskias Erklärung war für ihn keine Erklärung, also suchte er nach einem Grund, der ihm plausibel erschien. Er fand seine Lösung: „Mich nicht mehr zu lieben, das war es nicht – was im Nachhinein ganz beruhigend ist, denn das Schlimmste für mich ist natürlich, nicht mehr um meiner selbst willen geliebt zu werden.“ Svens Erklärung lautet: „Sie hat dieses Partyleben mit mir, immer auf der Überholspur, zwar schon genossen, aber mein Tempo war ihr zu hoch. Im Grunde fühlte sie für sich nicht mehr die wirkliche Kontrolle auf dieser Spur. Sie hat, das ist meine Meinung, Angst bekommen und musste sich schützen.“

       Sven rationalisiert das Geschehene, so dass es für ihn erklärbar und somit aushaltbar wird. Als Erste-Hilfe-Maßnahme ist der Abwehrmechanismus der Rationalisierung zunächst geeignet, um aus dem tiefen Loch herauszukommen und wieder Frieden zu finden.

       Auf längere Sicht ist es sinnvoll, die Traurigkeit darüber, dass eine Beziehung zu Ende gegangen ist, nach und nach zuzulassen und sich der eigenen Anteile daran bewusst zu werden. Wenn ich erkannt und anerkannt habe, selbst zum Scheitern der Beziehung beigetragen zu haben, muss ich mich nicht mehr als Opfer fühlen.

       Das eröffnet die Möglichkeit, mich selbst in künftigen Beziehungen reflektierter zu erleben. Menschen beeinflussen einander in der Partnerschaft. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

      Wenn Sven an Saskias Liebe denkt, weiß er genau, was für ihn so besonders daran war: „Es war einfach diese ungeteilte Aufmerksamkeit eines Menschen, der sich dir schenkt.“ – Bei diesem Gedanken kommt ihm sogleich ein nächster in den Sinn. Er spricht über eine andere Frau, eine, die ihn, wie er meint, „auch viel zu früh verlassen hat.“ Damals war Sven 19 und noch „ein schüchterner Junge.“ Er spricht über seine „Sturm- und Drangzeit“, in der er sich von seiner Mutter „freikämpfte“. Genau in dieser Phase starb sie. „Aber das war zu früh“, sagt Sven, „eigentlich hätte ich sie noch gebraucht. – Außerdem hatte ich mir keine Zeit genommen, mich von ihr zu verabschieden.“ Nachdenklich stellt er fest, dies sei seine „Grundsituation“. Er meint, „in der Tatsache, dass ein Mensch auf einmal weg sein kann, darin liegt das Grundgefühl, das ich seitdem immer wieder erlebe.“ Und darum, so vermutet er, habe er jahrelang ein wildes Leben geführt, sich von einer Partnerschaft direkt in die nächste gestürzt – „eine Methode, um meinen Schmerz zu verarbeiten“.

       Traumatische Ereignisse der Vergangenheit wirken, sofern unbearbeitet, in unsere Gegenwart hinein. Sie beeinflussen die Art und Weise, wie wir Liebeskummer erleben, aber eben auch, wie wir versuchen ihn zu vermeiden, etwa wenn der Schmerz des Verlassenwerdens als existenziell bedrohlich wahrgenommen wird.

Скачать книгу