Kultur oder Rasse und die zweigeteilte Welt. L. Theodor Donat

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Kultur oder Rasse und die zweigeteilte Welt - L. Theodor Donat

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weitere hauptsächliche Folgerung des Blicks der Tradition auf „Vater-Gott“ und auf die ganze unsichtbare Welt ist die Notwendigkeit der Harmonie. Sie bestimmt notwendigerweise, jeden Tag, die Beziehungen zwischen den Menschen, das Verhältnis zur Natur und vor allem den Kontakt zur unsichtbaren Welt. Die Harmonie unter den Menschen drückt sich u.a. in den Festen der Gemeinschaft und in den Zeremonien zum Gedenken an einen Toten aus.

      Gar nicht so abwegig, wenn es in der Ahnenreihe des Menschen, der Evolutionstheorie gemäss, Fische gab! Mütter, die ihre Kinder duschen, bitten diese immer zuvor um Entschuldigung.

      Und der Vorsteher fährt fort: „Das soll aber kein Anlass zu Streitereien sein, die unserer Feier entgegenstünden.“

      Es geht ja darum, den Verstorbenen in die Welt der für die Familie bedeutsamen Ahnen und Fürsprecher vor „Vater-Gott“ einzuführen. Wie jede Beziehung zu Unsichtbarem erfordert das in erster Linie Harmonie.

      Dann leert er eine mit Wasser gefüllte Kalebasse auf dem Boden aus. Dieses Ausgiessen von Wasser, ein Trankopfer, bedeutet Einheit, gemeinsames Leben der Anwesenden mit dem Verstorbenen, der jetzt zum Ahnen wird und gemeinsames Leben mit allen Ahnen der Familie.

      Übrigens wird bei den „Funérailles“ der Tod eines Menschen noch einmal gespielt. Der betreffende Mensch wird durch ein in ein Tuch eingewickeltes Holzstück dargestellt. Eine Frau wird versuchen, dem „Kranken“ Wasser zu geben. Wenn er nicht trinkt, schreit die Frau auf, die Onkel werden benachrichtigt und die draussen wartenden Frauen nehmen das Geschrei auf, wie es beim Tode eines Menschen geschieht. Da es sich um ein Fest handelt und somit Lachen angesagt ist, sind die „Funérailles“ eine Aufarbeitung des Verlusts eines geliebten Menschen.

      Ein Mittel, um einem Menschen zu helfen, ein dramatisches Ereignis zu verarbeiten, besteht ja darin, ihn das Geschehen bei verschiedenen Gelegenheiten erzählen zu lassen.

      Die „Funérailles“ werden nur für verstorbene Erwachsene abgehalten, die ihr Leben „gegessen“ hatten, wie es in der Sprache meiner Gastkultur heisst. Das heisst, es geht um Menschen, die ihr Leben geniessen konnten, die Kinder und Kindeskinder aufwachsen sahen, viele Feste gefeiert und an vielen Märkten teilgenommen hatten, getanzt und gejagt und mit anderen viele Hirsebier-Krüge geleert hatten usw.

      In die Natur darf nicht willkürlich eingegriffen werden. Wenn man mit erlegten Tieren von der Jagd zurückkommt, werden am Eingang des Dorfes Zeremonien vollzogen, die so etwas wie eine Bitte um Vergebung enthalten, das Leben der Tiere ausgelöscht zu haben. Im Übrigen ist man sich der Gegenwart des Unsichtbaren immer bewusst. In der Nacht drückt sich das aus, indem ausserhalb des Hauses weder laut gesprochen, noch laut gelacht wird, damit böse Geister keinen Einfluss nehmen können.

      Harmonie ist lebensnotwendig. Disharmonie, ein Vergehen gegen die Werte der Tradition, kann die Existenz einer Familie, eines Quartiers oder einer grösseren Gemeinschaft bedrohen.

      Ich machte einmal einen Spaziergang im Süden des Landes. Wir kamen in einer sonst unbewohnten Gegend an mehreren halb zerfallenen, komplett vom Buschgras überwucherten Häusern vorbei. Ich fragte meinen Begleiter, was da vorgefallen war. Er antwortete mir, dass in dem Quartier vor drei Jahren „Zizanie“ (Zwietracht) geherrscht hatte!

      Disharmonie kann unsichtbare Gründe haben, sei es, dass etwas im Verborgenen geschehen ist, sei es, weil man die Rechte der Ahnen nicht wahrgenommen hat. Der herbeigerufene Seher wird den Grund der Disharmonie feststellen, die sich durch kleinere oder grössere Anomalien, eine Art Vorwarnungen, geäussert hatte. Er selbst wird nichts in der Sache unternehmen. Andere Personen werden die empfohlenen Massnahmen vollziehen. Jedes Rundhaus hat einen Hauspriester, meistens der älteste Mann der Familie. Er wird nicht offiziell eingesetzt, er bringt Dank- und Sühneopfer für die Familie dar. In wichtigeren Belangen wird der Repräsentant des Gründungsahnen eines Dorfes intervenieren. Als gewaltloser Mensch hat er eine Fürbitte-Funktion. Er wird auch, einvernehmlich mit seinen Kollegen der betreffenden Dörfer, die Zeit der Initiationsriten festzusetzen, die wiederum von verschiedenen Personen vollzogen werden.

      Somit müssen mehrere Akteure zusammenwirken, um Unglück oder Tod abzuwenden. Keiner der Handelnden – Seher, Hauspriester und Repräsentant des Gründungsahnen – kann ersetzt oder bezahlt werden, da eine Bedrohung des Einzelnen eine Bedrohung der Gemeinschaft ist und umgekehrt. So wird das Gleichgewicht der wirtschaftlichen Bedingungen bewahrt. Nochmals, egalitär kann eine Kultur nur sein, wenn es in ihr wirksame Institutionen gibt, die verhindern, dass der Einzelne reich oder mächtig wird. Wir haben in meiner Gastkultur vielleicht eines der wenigen Beispiele einer Nicht-Konzentration geistlicher Macht und den Verzicht auf Bereicherung in Ausübung eines geistlichen Amtes.

      Im Bereich der Gesundheit gibt es Männer oder Frauen, die heilende Kräfte für bestimmte Krankheiten haben. Dem Heiler sollen keine materiellen Vorteile erwachsen, er wird gegebenenfalls für den Ausfall der Arbeit auf seinen Feldern entschädigt. Wieder ist für die Nicht-Konzentration von medizinischer Macht gesorgt, man wird nicht zur gleichen Heilerin, zum gleichen Heiler gehen bei einem Schlangenbiss oder bei der Brustentzündung einer Frau. Der Heiler, der Schlangenbisse behandelt, ist bei einem andern Heiler ein gewöhnlicher Patient, es gibt somit keinen „Chefarzt“. Jede Krankheit, selbst die psychische, hat einen religiösen Aspekt.

      ---- Gastfreundschaft

      Müdigkeit, Hunger und vor allem Durst schränken das Menschsein ein. Bevor der Fremde nicht getrunken und gegessen hat, bevor er nicht über alle seine körperlichen und geistigen Kräfte verfügt, wird man ihm keine Fragen stellen, ihn mit keinen Problemen konfrontieren.

      Es geht immer zuerst um Menschwerdung und Leben. Und wenn jemand per Zufall in ein Haus kommt und die Familie beim Essen findet, so wird er aufgefordert, daran teilzunehmen. Sein Anteil befindet sich sozusagen in der bereitgestellten Nahrung, denn kein Leben kann allein gelebt werden.

      Am

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