Geschichten des Nordens. Holger Krohn

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Geschichten des Nordens - Holger Krohn

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style="font-size:15px;">       "Pass mal auf, ich glaub, ich hab's".

      Aus dem Pökelfass geschwind

       nahm sie Fleisch von Schwein und Rind,

       und vom Eingelegten glatt

       Hering, Gurke, Lorbeerblatt,

       Zwiebel und auch Rote Rübe,

       auf das das Ganze rötlich bliebe,

       schliesslich aus dem großen Sack

       eine Menge Schiffszwieback,

       wässert, kocht und dreht die Menge

       durch des Wolfes Loch Gezwänge

       und serviert den ganzen Paps

       aufgekocht dann ihrem Labs. -

      Einmal zu besonderer Güte

       fand Frau Labs noch eine Tüte

       Böckling statt der Matjesfische,

       die sie ins Gemenge mischte,

       und verschönt's mit Spiegelei

       und 'nem Rollmops auch dabei

       und ein klarer Schluck daneben

       macht die Sache glatt und eben,

       doch damit er gut verdau's,

       sprach sie: "Lieber LABS nun KAU'S !"

      Ach, Frau Labs ist längst vergangen,

       doch die Kapitäne hangen

       seit der Zeit an dem Gerichte,

       das ich hier für euch bedichte,

       und sie denken allerwärts:

       Guter Labskaus - gutes Herz!

      Claus Störtebeker

      und Gödeke Michels

Black Jack

      Claus Störtebeker ist, bevor er ein Seeräuber geworden, ein Edelmann gewesen und war zu Halsmühlen bei Verden geboren; sein Schloß stand bei Verden in der Nähe der Halsmühle und seines Schwagers Hofstelle in Dauelsen wird noch gezeigt. Es behaupten freilich auch an der Ostsee viele Städte und Orte, daß er dort geboren sei, z.B. Wismar, nach Andern wäre er aus der Gegend von Barth in Pommern gewesen. Gödeke Michels soll erst ein Knecht des Gutes Ruschwitz auf Jasmund gewesen sein. In Mecklenburg wird ein alter Burgwall des Gutes Schulenburg bei Sülz an der Recknitz als eine Burg von Störtebeker und Michels gezeigt.

      Ebenso sollen sie zu Neustadt in Holstein eine Schanze gehabt hoben und noch 1771 existirte hier der Familienname Störtebeker. In seinen jüngern Jahren hat er lustig gelebt, hat Fehden ausgefochten, turniert und gerauft, dabei geschmaust und gezecht, und darnach in Hamburg mit andern wilden Gesellen so lange bankettirt und gewürfelt, bis er Hab und Gut verpraßt hatte. Wie ihm nun zuletzt die Hamburger Schulden halber sogar sein ritterlich Gewand und Rüstzeug genommen und ihn der Stadt verwiesen haben, da ist er unter die Vitalienbrüder gegangen und ein Seeräuber geworden, wie vor ihm noch keiner gewesen ist.

      Derzeit war aber das Haupt derselben Gödeke Michels, ein tapferer gewaltiger Mann und guter Leute Kind, über dessen Heimath sich Holstein, Mecklenburg, Pommern und Rügen streiten; Andere aber nennen eine verfallene Burg bei Walle im Verdenschen als seinen Geburtsort. Der hat den neuen Genossen mit Freuden angenommen, und nach abgelegten Proben seiner Kraft (denn er hat eine eiserne Kette wie Bindfaden zerreißen können), wie auch seiner Unerschrockenheit und Tapferkeit, hat er ihm gleich ein Schiff untergeben und hernach den Oberbefehl über die ganze Verbrüderung mit ihm getheilt. Weil nun der neue Genosse, der seinen adeligen Namen abgelegt, so ganz unmenschlich trinken konnte, daß er die vollen Becher immer in einem Zuge ohne abzusetzen hinunterstürzen konnte und dies Becherstürzen täglich unzählige Male wiederholte, so nannte man ihn Becherstürzer (plattdeutsch Störtebeker).

      Als die Raubgesellen einstmals die Nordsee recht rein geplündert hatten, fuhren sie nach Spanien, um dort zu rauben. Störtebeker und Gödeke Michels machten wie immer gleiche Theile der Beute, nur die Reliquien des heil. Vincentius, die sie aus einer Kirche genommen, behielten sie für sich und trugen sie seitdem unter ihrem Wamms auf der bloßen Brust. Und daher ist's gekommen, daß sie hieb- und schußfest gewesen sind; kein Schwert und Dolch, keine Armbrust, Büchse oder Karthaune hat sie je verwunden, geschweige denn tödten können, so ging die Sage.

      Nach ihrer Vertreibung aus der Ostsee haben sie von ihren Schlupfwinkeln auf Rügen und andern Orten lassen müssen. Darauf haben sie aber in Ostfriesland gute Freunde gewonnen und dort ihren Raub bergen und verkaufen können. Sonderlich bei Marienhaven haben sie viel verkehrt und dort an der Kirche den alten Thurm zu bauen begonnen, und daselbst giebts noch viele Erinnerungen an Störtebeker, so einen Kanal mit dem Namen Störtebekertief und Ringe an der Kirchhofsmauer, an denen er seine Schiffe befestigte. Der Häuptling Keno then Broke wurde sein Schwiegervater, denn die schöne Tochter desselben verliebte sich in den kühnen, mächtigen Mann und folgte ihm auf sein Schiff und in sein schwankend Reich.

      Wenn Störtebeker Gefangene machte, die ein Lösegeld versprachen, so ließ er sie leben. Waren sie aber arme Teufel und alt und schwächlich dazu, so wurden sie gleich ohne Weiteres über Bord geworfen. Erschienen sie ihm jedoch tüchtig und brauchbar, so machte er erst eine Probe mit ihnen. Wenn sie nämlich seinen ungeheuern Mundbecher voll Wein in einem Zuge leeren konnten, dann waren sie seine Leute, dann nahm er sie als Gesellen an. Die es aber nicht konnten, die wurden auch abgethan. Man sagt aber, nur ein einziger Mensch, ein Junker Sissinga aus Gröningen habe diese Probe bestanden.189 Störtebeker und Gödeke Michels haben auch zuweilen Reue über ihr Leben gefühlt, und deshalb soll jeder von ihnen dem Dom zu Verden sieben Fenster zur Abbüßung ihrer sieben Todsünden geschenkt haben; das Störtebekersche Wahrzeichen, zwei umgestürzte Becher, ist in einem dieser Fenster angebracht. Auch Brodspenden an dortige Arme haben sie gestiftet, und hierin finden Viele eine Bestätigung der Angabe, daß Beide Verdensche Landeskinder gewesen seien.

      Im Jahre 1400 nun ließen die Hansen eine Flotte nach Ostfriesland gehen, um dem Unwesen zu steuern. Die Hamburger Schiffe befehligten die Rathsherren Albert Schreye und Johann Nanne. Sie besiegten die dort liegenden Vitalienbrüder, erschlugen viele Raubgesellen und übten Standrecht an den Gefangenen. Dann eroberten sie Stadt und Burg Emden und legten hansische Besatzung hinein. Auch Keno then Broke mußte seine Burg zu Aurich abtreten, weil er's gegen frühere Zusage doch wieder mit Störtebeker gehalten hatte, und mußte dann nach Lübeck gehen, um sich beim Hansatage zu entschuldigen. Als nun aber die beiden Hamburgischen Rathsherren so eben den neuen Friedensvertrag mit Keno abgeschlossen und die Halle verlassen hatten, ist Störtebeker aus seinem Versteck hereingetreten und hat sich mit dem alten Keno über die Hamburger Herren lustig gemacht, die sich wieder von ihnen anführen ließen. Indem ist aber Herr Nanne, der seine Handschuhe vergessen hatte, unversehens in die Halle zurückgekehrt und hat die neue Verrätherei bemerkt und deshalb ist auch alsbald der Krieg wieder ausgebrochen.

      In der That hat auch noch in demselben Jahre die hansische Flotte einen neuen Sieg über die Vitalienbrüder erfochten, wobei ihrer 80 geblieben, 30 aber gefangen und in Hamburg am Grasbrook enthauptet worden sind. Der Nachrichter hat 8 Schillinge für jeden Kopf erhalten, sein Knecht aber 20 Schillinge für das Einscharren der Leiber. Die Köpfe wurden auf Pfähle gesteckt. Eben so gewiß ist es, daß 1401 wiederum die

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